Der Garten, Blatt für Blatt
Ist die Arbeit getan, kann man sich zurücklehnen und in Büchern nach Ideen stöbern. Doch wie im Garten selbst ist auch in der Literatur darüber vieles Mist
Endlich! Gärtner können sich zurücklehnen und die Früchte ihrer Arbeit genießen. Von den Parzellen von „Meine Ernte“schleppen die Pächter säckeweise Bohnen, Kürbisse, Zucchini, Gurken und Tomaten weg. Wenn man dann die letzten Karotten weggefuttert hat, bleibt Zeit zum Verdauen – und dafür, die nächste Saison zu planen. Ohnehin schaut jeder Gärtner mehr oder weniger automatisch mehr oder weniger neidisch über anderer Leute Gartenzäune (da haben die Nachbarn doch tatsächlich einen riesigen Meerrettich!) oder ins neue Neid-Medium Facebook (hätte ich nie gedacht, aber der Hit scheinen in diesem tropischen Sommer Auberginen zu sein).
Genauso wild wie auf die ersten Kartoffeln sind viele auf Gartenbücher und -zeitschriften. Kein Wunder, dass Formate wie Land-
lust blühen. Hier kann man sich in Gärten, Häuser, Leben, Idyllen hineinträumen, die dem eigenen fern sind. Allerdings muss ich sagen, auch wenn ich selbst oft auf die Heftchen hereinfalle: In vielen ist mehr Mist als in den beachtlichen Komposthaufen meines Vaters.
Wer hat schon mal etwas Innovatives unter der Überschrift „Die schönsten Sommerblüher“gefunden? Genau. Da greift man lieber gleich zu Bildbänden, die unerreichbar schöne Gärten wie das berühmte „Sissinghurst“von Vita Sackville-West beschreiben. Schließlich lassen sich Gärtnergenauso träume nicht nur durch Zeitschriften und Bildbände beleben, sondern auch durch reizende Büchlein, gerne im Geschenkformat (Gärtner freuen sich schließlich nicht nur über Pflanzen). Im Idealfall sind die Geschichten nicht nur nett, etwa „Pinnegars Garten“von Reginald Arkell, sondern kenntnisreich, inspirierend und informativ wie die „Gartengeschichten“von Eva Demski, in denen es gleichermaßen darum geht, wie man seine Tulpenbeete und wie man sein Leben „beackert“. Über die Bepflanzung schwieriger Stellen in Vorgärten (zu dunkel, zu trocken) lernt man hier viel wie in Ratgebern. Denn dort fehlen oft wichtige Pflanzhinweise und relevante Gewächse, dafür finden sich seitenweise Anleitungen zum Umtopfen, als ob das eine Kunst wäre. Das gilt leider für Titel über Blumen ebenso wie für solche über Gemüse.
Weil ich letzte Woche den ersten und letzten Kartoffelkäfer des Jahres zerdrückt habe (er saß seltsamerweise auf meiner unfruchtbaren Tomate „Blue Junction“, immerhin auch ein Nachtschattengewächs), habe ich nicht mehr viel zu tun und stürze mich ins Lesen – und Planen. Durch einen Tipp der Landesgartenschau kam ich zu einem wirklich empfehlenswerten Werk: „Handbuch Bio-Balkongarten“– nicht nur für Balkongärtner geeignet. Es erzählt von kreativen City-Gärten und ihren Machern genauso wie vom Palmkohl, erklärt, was man machen muss, viel wichtiger aber auch, was man alles falsch machen kann. Und: HobbyGärtner geben ordentliche PraxisTipps. So wünscht man sich das, für den Garten wie fürs Leben.
Ute Krogull, 45, ist begeisterte Balkongärtnerin. Dann pachtete sie ein Grundstück von „Meine Ernte“am Friedberger See. Die Kolumne darüber finden Sie jeden zweiten Freitag an dieser Stelle im Lokalteil.
„Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume?“Günter Eich