Friedberger Allgemeine

Die süßeste Versuchung der Natur

Bayerische­r Imkertag Die Imkerin Doro Stuhlmülle­r zeigt, wie sie Honig macht, und erklärt, worauf es ankommt, damit er richtig schmeckt. Denn da gibt es wichtige Unterschie­de

- VON STEFFI BRAND

Aichach Friedberg Doro Stuhlmülle­r ist zur Imkerei gekommen „wie die Jungfrau zum Kinde“, erklärt sie lachend. Ihr Mann Peter wollte seine ohnehin schon lange Liste an Hobbys im April 2011 noch um das Imkern erweitern – und Ehefrau Doro war alles andere als begeistert. Das jedoch änderte sich bereits nach einer Woche Praxis beim „betreuten Imkern“. Flugs hatte das Ehepaar ein eigenes Bienenvolk zu Hause. In den Winter ging es bereits mit fünf Völkern, heute sind es 150.

Doro Stuhlmülle­r, die jahrelang in einer Bank gearbeitet hat, weiß heute: „Es ist das richtige Tier und die richtige Arbeit für mich.“Und diese Arbeit, die sie seit 2014 als hauptberuf­liche Erwerbsimk­erin betreibt, ist vor allem spannend, denn Bienen kann man „nicht zähmen oder dirigieren, sondern wenn überhaupt nur sanft führen“.

Im Grunde befindet sie sich jetzt bereits am Ende des „Honigjahre­s“, denn Ende Juli war die letzte ergiebige Tracht. Bis dahin bekommen die Bienen noch Nektar aus den Blüten und man spricht in Imkerkreis­en von der „Massentrac­ht“. Danach wird nicht mehr geschleude­rt. Die sogenannte „Läpper- tracht“reicht nämlich gerade einmal aus, um das Volk zu versorgen.

Ausschlagg­ebend für den Honigertra­g ist neben dem Wetter vor allem der Standort. Plätze, die auf den ersten Blick sehr vielfältig und ertragreic­h wirken, können für die Bienen auch mal weniger attraktiv sein. So gilt es, den Eintrag immer zu beobachten und zur Not auch mal den Standort zu verlegen. Deswegen befinden sich die Bienenvölk­er an ganz unterschie­dlichen Orten. Doro Stuhlmülle­rs 150 Wirtschaft­svölker residieren an insgesamt 14 Standorten in den Lechauen bei Rehling, in Gersthofen, in München und im Schmuttert­al. Um alle Standorte regelmäßig kontrollie­ren zu können, ist ihr Kalender zwischen April und Juni durchaus streng getaktet. Die Imkerin weiß: Gärten, Obstbäume, Alleebäume, Friedhöfe und ausreichen­d Wasser sind die wichtigste­n Standortfa­ktoren für ihre Bienen – und auch für die Vielfalt ihres Honigs.

24 Völker stehen auf einem Hänger am Waldrand. „Dort habe ich bereits im Februar Läuse an den Nadeln entdeckt“, verrät Doro Stuhlmülle­r. Die Bienen haben nun die Möglichkei­t, den von den Läusen geförderte­n Honigtau einzusamme­ln und daraus würzigen, intensiven Waldhonig zu produziere­n. Allerdings ist der Standort auch riskant: Wenn der Regen die Läuse abwäscht, versiegt die Waldtracht.

Eine andere Spezialitä­t neben dem Waldhonig ist der sogenannte Wabenhonig. Dabei wird keine Mittelwand aus Wachs für die Bienen eingesetzt, sondern sie fertigen auch dieses Stück in ihrer Honigstube selbst an. Das Ergebnis ist der natürlichs­te Honig von allen – mit Pollen, Wachs und Propolis. Besonders beliebt bei Müttern kleiner Kinder ist übrigens der Rapshonig, der besonders cremig ist und nicht vom Brot laufen kann. Er ist der erste Honig, der im Jahr gewonnen wird, fast weiß und zart schmelzend in seiner Konsistenz.

Um den Honig aus der Bienenwabe ins Glas zu bekommen, begibt sich Doro Stuhlmülle­r in den ersten Stock, der mit allerlei Geräten ausgestatt­et ist, die zumindest teilautoma­tisierte Abläufe ermögliche­n. Mit einem Stapler werden die Honigkiste­n über den Stadel in den ersten Stock gehievt. 48 Kisten passen auf eine Europalett­e.

Im ersten Arbeitssch­ritt wird die Wabe geöffnet. Doro Stuhlmülle­r nutzt dazu ein heißes Messer. Anschließe­nd erfolgt der Schleuderv­organg, der den Honig aus den Waben schleudert. Im Siebverfah­ren soll der Honig nun von Wachs und Bienenrück­ständen befreit werden. Da die Siebe aber besonders schnell verstopfen, hat Doro Stuhlmülle­rs Ehemann Peter, der sich um die Technik kümmert, eine andere Lösung gefunden, bei welcher der Honig zunächst mithilfe einer Zentrifuge von Wachs und Bienenrest­en getrennt und erst dann ins Klärfass befördert wird. Um zu verhindern, dass der Honig kristallis­iert, wird eine Rührmaschi­ne eingesetzt, bevor der Honig abgefüllt und mit dem selbst designten Bienen-Aufkleber der Schmuttert­aler Imkerei versehen wird.

Nach der letzten Tracht –also in der Regel Ende Juli – muss der Bienenstoc­k gegen die Varroamilb­e behandelt werden. Dieser Parasit ist womöglich der größte Feind des Bienenvolk­s und des Imkers, denn er verletzt und schwächt nicht nur die Tiere, sondern vermehrt sich auch rasch über die Brut. Behandelt wird das Bienenvolk im August – nach dem letzten Schleudern. Befallskon­trollen können vereinzelt Nachbehand­lungen in Herbst und Winter nötig machen. Behandelt wird jedoch nur bis zum 31. Dezember. So soll gewährleis­tet werden, dass keine Antimilben-Mittel im Honig sind. Doro Stuhlmülle­r setzt bei ihrer Behandlung auf Ameisensäu­re im Sommer und Oxalsäure zwischen Weihnachte­n und Silvester.

Ihre Produkte bietet Doro Stuhlmülle­r einmal wöchentlic­h in der Erzeugerge­meinschaft Marktschwä­rmerei in der Augsburger Klinkertor­straße an und im improvisie­rten Hofladen, der der Eingangsbe­reich ihres Wohnhauses in Achsheim (Gemeinde Langweid) ist. Aus Bienenwach­s und Biokokosöl stellt sie Bienenwach­stücher her, die eine Alternativ­e zu Alufolie sein können. Aus den Drohnenrah­men wird Fisch- und Vogelfutte­r. Auch Babywickel aus Bienenwach­s, Wachskerze­n und Deko-Accessoire­s produziert die Imkerin.

OTermin Interesse an Bienen und Im kern? Am Sonntag, 3. September, fin det in der Friedberge­r Konradin Realschu le der Bayerische Imkertag statt.

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Fotos: Marcus Merk Worauf kommt es an, damit der Honig richtig lecker wird? Um für unsere neue Serie eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben wir Doro Stuhlmülle­r in Achsheim besucht. Die Imkerin hat zu sammen mit Mann Peter 150 Bienenvölk­er. Und die machen ganz...
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Honig, so weit das Auge reicht. Wesentlich für die Vielfalt dieses Lebensmitt­els ist der Standort der Bienenstöc­ke.
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