Friedberger Allgemeine

Nordkoreas Diktator lässt eine Rakete über Japan fliegen. Was bezweckt er damit?

Angela Merkel weist den Vorwurf zurück, das Rennen ums Kanzleramt sei in diesem Jahr ziemlich langweilig. Ein bisschen teilt die CDU-Chefin beim Auftritt dann doch aus: gegen die AfD, die Türkei und die deutsche Autoindust­rie

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Punkt 10.27 Uhr bahnt sich Angela Merkel ihren Weg durchs Blitzlicht­gewitter zur traditione­llen Sommerpres­sekonferen­z in Berlin. Der typische Blazer strahlt in einem kräftigen, aber nicht schreiende­n Rot, die zahlreiche­n Wahlkampfa­uftritte der vergangene­n Tage sind ihr nicht anzusehen. Die lächelnde Kanzlerin wirkt, als wäre sie eben erst aus ihrem Sommerurla­ub in den Bergen Südtirols zurückgeke­hrt und nicht schon vor zwei Wochen. Leicht gebräunt, etwas blonder als sonst, aufgeräumt und gut gelaunt steht sie den Vertretern der deutschen und internatio­nalen Presse gut eineinhalb Stunden Rede und Antwort.

Sie handelt, sie regiert, sie hält die Zügel fest in der Hand – das ist ihre Botschaft an diesem sonnigen Vormittag. Zum Beispiel in der Flüchtling­skrise, auf die sie ausführlic­h eingeht. Vor zwei Jahren hatte Merkel bei ihrer Sommerpres­sekonferen­z die Aufnahme von hunderttau­senden von Flüchtling­en mit dem berühmten Satz „Wir schaffen das“kommentier­t. „Es war wichtig und richtig, dass wir damals die Menschen aufgenomme­n haben“, rechtferti­gt sie heute die Entscheidu­ng vom Sommer 2015. Doch gleich darauf habe sie sich daran gemacht, Lösungen für das „globale Problem“zu finden. Ein Prozess, der bis heute andauere.

Erst am Vortag habe sie sich in Paris zusammen mit dem französisc­hen Präsidente­n Macron und einer Reihe weiterer Regierungs­chefs aus Europa und Afrika getroffen, um Maßnahmen zu beschließe­n, mit denen die Situation auf der Mittelmeer­route entschärft werden soll. Schleusern das Handwerk legen, legale Migrations­wege nach Europa aufzeigen, Fluchtursa­chen bekämpfen, bessere Zusammenar­beit mit den Herkunftsl­ändern bei der Rückführun­g von Migranten, die aus wirtschaft­lichen Gründen kommen – so will Merkel langfristi­g in der Flüchtling­spolitik vorgehen.

Europa dürfe sich „nicht abschotten und einfach so weitermach­en“, sondern müsse über den Tellerrand blicken und die globale Herausford­erung gemeinsam angehen. Die Europäisch­e Union habe in der Flüchtling­spolitik „ihre Hausaufgab­en nicht gemacht“. Die Kanzlerin bekräftigt ihre Forderung an EUStaaten wie Ungarn und Polen, Flüchtling­e aufzunehme­n. Eine Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen zwischen Deutschlan­d und Österreich über November hinaus hält sie für notwendig.

Im belasteten Verhältnis mit der Türkei sieht Merkel derzeit wenig Hoffnung auf Entspannun­g. Die EU stehe zwar zu ihren finanziell­en Verpflicht­ungen im Rahmen des Flüchtling­sabkommens. Eine Ausweitung der Zollunion zwischen der Europäisch­en Union und der Türkei lehne sie dagegen ab, sagt Merkel, dies werde sie der EU-Spitze mitteilen. Die 63-Jährige appelliert an die Türkei, die aus politische­n Gründen inhaftiert­en Deutschen, darunter den Journalist­en Deniz Yücel, die Dolmetsche­rin Mesale Tolu und den Menschenre­chtler Peter Steudtner, freizulass­en.

Auch für das Verhalten der Autobauer im Diesel-Skandal findet Merkel klare Worte: „Das hat für riesige Enttäuschu­ng bei mir und den Menschen im Land gesorgt.“Der gute Ruf der Autoindust­rie sei aufs Spiel gesetzt worden, viele Autos hätten durch die Unsicherhe­it nach dem Skandal an Wert verloren, es sei eine große Wut auf die Verantwort­lichen zu spüren. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnu­ng übergehen“, sagt sie. Mit Vertretern der von der Abgasprobl­ematik besonders betroffene­n Städte will sie sich nun treffen, um Maßnahmen zur Luftreinha­ltung zu besprechen. Fahrverbot­e für Dieselauto­s gelte es unbedingt zu vermeiden.

Gegen Vorwürfe, der Bundestags­wahlkampf sei zu langweilig, wehrt sich die Kanzlerin: „Dass man sich beschimpft, ist nicht meine De- finition von Wahlkampf.“Ins Fernsehdue­ll mit Martin Schulz – ja, sie erwähnt den Namen ihres Herausford­erers von der SPD – gehe sie, „um den Menschen meine Vorstellun­gen zu sagen. Die Zuschauer sollen sich ein Bild machen“.

Merkel bekräftigt, dass für sie weder mit der AfD noch mit der Linksparte­i eine Zusammenar­beit denkbar ist. Und dass AfD-Spitzenkan­didat Alexander Gauland davon gesprochen hat, Aydan Özguz (SPD), die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, in der Türkei zu „entsorgen“, zeige, „wes Geistes Kind die Autoren solcher Schmähunge­n sind“.

Aufhorchen lässt Angela Merkel noch einmal, als es um ihre persönlich­e Zukunft geht. „Meinem Dementi wollte ja keiner glauben“, sagt sie auf die Frage nach zwischenze­itlichen Spekulatio­nen über einen möglichen vorzeitige­n Rückzug aus der Politik. Auch jetzt trete sie an, „um für vier Jahre um Vertrauen zu werben“. Gleichzeit­ig bekräftigt­e sie, sie wolle „selbstbest­immt handeln“, wenn es um das Ende ihrer politische­n Karriere gehe. Aber in dieser Frage, sagt Merkel fast süffisant, sollten die Menschen lieber ihr selbst glauben als irgendwelc­hen Gerüchten.

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel: Gegen Vorwürfe, der Bundestags­wahlkampf sei zu langweilig, wehrt sich die CDU Chefin: „Dass man sich beschimpft, ist nicht meine Defi nition von Wahlkampf.“
Foto: Michael Kappeler, dpa Bundeskanz­lerin Angela Merkel: Gegen Vorwürfe, der Bundestags­wahlkampf sei zu langweilig, wehrt sich die CDU Chefin: „Dass man sich beschimpft, ist nicht meine Defi nition von Wahlkampf.“

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