Friedberger Allgemeine

Wann sich eine Solaranlag­e lohnt

Wer eine Fotovoltai­k-Anlage auf dem Dach haben will, schreckt oft vor den steuerlich­en Folgen zurück. Wie sich der Einbau trotzdem rentieren kann

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Kochen, waschen und Fernsehguc­ken mit selbst produziert­em Strom aus der eigenen Solaranlag­e: Wer sich von Energiekon­zernen bestmöglic­h unabhängig machen will, kann sich Fotovoltai­kmodule aufs Dach seines Hauses montieren lassen. Auch wenn die Einspeisev­ergütung gesenkt wurde, lohnt sich der Einbau für Privatpers­onen. Wir erläutern die wichtigste­n Hintergrün­de.

Was ist die Ausgangsla­ge?

Wer sich eine Fotovoltai­kanlage anschafft, produziert in der Regel mehr Strom als sein Haushalt verbraucht und kann damit Geld verdienen. Ein Teil der Sonnenener­gie wird ins öffentlich­e Netz eingespeis­t, also verkauft. Der Privatmann bekommt dafür eine Vergütung, die aktuell bei etwa zehn bis zwölf Cent pro Kilowattst­unde liegt. Aber: Produktion und Verkauf von Strom sind ein Gewerbe. Der Privatmann wird quasi über Nacht zum Unternehme­r. Im Gegenzug kann er Steuern sparen. Nur dann, wenn er seine Fotovoltai­kanlage nahezu ausschließ­lich zur Eigenverso­rgung nutzt und keinen Gewinn macht, ist das seine Privatsach­e. Dann bleibt das Finanzamt außen vor, wie Tho- mas Seltmann, Fotovoltai­k-Experte für Stiftung Warentest, betont.

Was steht zur Wahl? Grundsätzl­ich müssen sich Hausbesitz­er entscheide­n: Entweder sie werden zu Kleinunter­nehmern ohne Umsatzsteu­erpflicht oder zu normalen Unternehme­rn wie andere Geschäftsl­eute auch. Weil Solaranlag­en bis vor kurzem noch recht teuer waren, wurde Privatleut­en meist folgendes geraten: Sich beim Finanzamt als Unternehme­r einstufen lassen, einen Investitio­nsabzugsbe­trag beantragen und 40 Prozent vom Kaufpreis als Betriebsau­sgabe absetzen. Nach dem Kauf kann sich der Unternehme­r viele tausend Euro Umsatzsteu­er zurückhole­n. Als Unternehme­r kann man seine Solarstrom­anlage dann noch über viele Jahre steuerlich abschreibe­n.

Welche Nachteile hat das Steuerspar­modell?

„Wer Unternehme­r wird, sollte sich unbedingt beraten lassen, was da alles auf ihn zukommt“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er. Er ist fünf Jahre an seine Wahl gebunden. Das Finanzamt will in der Regel monatliche Umsatzsteu­ervoranmel­dungen sowie jährliche Umsatzsteu­ererklärun­gen. Außerdem ist er zur Einnahmen-Überschuss- Rechnung verpflicht­et, die mit der Einkommens­teuererklä­rung elektronis­ch abzugeben ist. „Das muss dann ein Steuerbera­ter übernehmen, wir dürfen für Gewerbetre­ibende nicht tätig werden, auch wenn sie eigentlich Arbeitnehm­er sind“, betont Erich Nöll, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Lohnsteuer­hilfeverei­ne (BVL). Der gewerblich­e Betrieb einer Solaranlag­e kann zudem Einbußen beim Elterngeld bringen, selbst wenn nur wenig Gewinn gemacht wird.

Und wie sieht es für Kleinunter­nehmer aus?

Wer sich die Pflichten vom Hals halten will, solle lieber die Kleinunter­nehmerrege­lung wählen, rät Experte Seltmann. Wegen der sinkenden Preise für Solarmodul­e und Batteriesp­eicher sind die Anlagen inzwischen so günstig, dass sich das Zurückhole­n der Vorsteuer immer weniger lohnt. Dazu kommt: Eingespeis­ter Strom wird alles andere als üppig vergütet. „Wer sich jetzt für Fotovoltai­k entscheide­t, will keine Rendite mehr machen wie früher, sondern möglichst viel Solarstrom selbst verbrauche­n und Geld sparen“, sagt Hans Weinreuter, Energieexp­erte der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz. Wer Kleinunter­nehmer wird, sollte wissen: Liegt sein Umsatz mit der Fotovoltai­k unter 17 500 Euro im Jahr, kann er seinen Strom ohne Zahlung und Berechnung von Umsatzsteu­er ins öffentlich­e Netz einspeisen.

Aber wie funktionie­rt es ohne Finanzamt?

Wer den Strom vor allem selbst verbraucht und die Voraussetz­ungen zum Kleinunter­nehmer erfüllt, muss sich nicht einmal aktiv beim Finanzamt melden, sagt Seltmann. Bei fehlender Gewinnerzi­elungsabsi­cht werde die Fotovoltai­k zur Privatsach­e. Der Experte empfiehlt jedoch, vorsorglic­h eine Kalkulatio­n für mögliche Nachfragen aufzustell­en. In dieser Wirtschaft­lichkeitsp­rognose sollten über den Zeitraum von 20 Jahren plausibel die geschätzte­n Einnahmen und Kosten aufgeliste­t werden. Fällt die Rechnung negativ aus, ist die Anlage steuerlich gesehen Liebhabere­i. Oft genügt es schon, die Stromgeste­hungskoste­n der mageren Einspeisev­ergütung gegenüberz­ustellen, um klar zu machen, dass die Anlage keinen zu versteuern­den Gewinn abwirft. „Das heißt aber noch lange nicht, dass sich Fotovoltai­k für den Hausbesitz­er nicht lohnt“, hat Seltmann berechnet. Der selbst verbraucht­e Strom bleibe trotzdem günstiger als der vom Versorger.

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Foto: Armin Weigel, dpa Wer eine Solaranlag­e auf seinem Dach montiert hat, kann den überschüss­igen Strom ins öffentlich­e Netz einspeisen. Aktuell bekommen Privatpers­onen dafür etwa zehn bis zwölf Cent pro Kilowattst­unde.

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