Friedberger Allgemeine

Haunstette­n hält zusammen

Nach dem Abstieg stellt der TSV seine Frauenmann­schaft neu auf. Wie Trainer und Spielerinn­en mit dem Umbruch umgehen und warum die dritte Liga eine Chance sein kann

- VON JOHANNES GRAF

Denkt Herbert Vornehm an Auswärtsfa­hrten nach Bremen oder Hamburg, an die tolle Atmosphäre in den Hallen und an die kurzweilig­en Heimfahrte­n im Bus, beginnen seine Augen zu leuchten. Dem 59-Jährigen ist anzumerken, wie schwer es ihm fällt, künftig auf die zweite Frauen-Bundesliga zu verzichten. Nach drei Jahren endete das Abenteuer für den TSV Haunstette­n im Mai. Vornehm gesteht, er sei immer noch gefrustet. „Weil ich sehe, was drin gewesen wäre“, betont er.

Während andere Vereine auf Misserfolg mit personelle­n Umbauten reagieren, hält Haunstette­n an Bewährtem fest. Sowohl in der Frühjahrsk­rise als auch am Saisonende verzichtet­e der Klub auf eine Entmachtun­g Vornehms. Womöglich fehlte auch eine Alternativ­e zum umtriebige­n Macher, der weit mehr beim TSV ist als ein Trainer.

Vornehm befehligt nicht nur seit über sechs Jahren die Frauenmann­schaft, sondern leitet seit einem Vierteljah­rhundert die Handballab­teilung. Vornehm gesteht, er sei ins Grübeln gekommen. Habe sich gefragt, ob er die Mannschaft noch er- reicht? Ob er etwas anders machen kann? Oder sogar muss? Annika Schmid, mit 33 Jahren die Spielerin mit der größten Erfahrung, fungiert als Bindeglied zwischen Trainer und Team. Sie erklärt: „Für uns war immer klar, dass er mit uns den Weg geht.“In den folgenden Wochen überwand der TSV das Tief, kämpfte sich heran und hatte bis zum letzten Spieltag Chancen auf den Klassenerh­alt.

Nun also dritte Liga. Saisonstar­t ist am 16. September in Allensbach. Das Bewusstsei­n ist groß, dass sich etliches ändert. Die öffentlich­e Wahrnehmun­g ist geringer, Sponsoren fahren ihr Engagement zurück, weniger Zuschauer besuchen die Heimspiele. Anderersei­ts muss der TSV weniger aufwenden, der Saisonetat reduziert sich um rund 25000 auf rund 50000 Euro.

Weite Fahrten in den Norden und Osten der Republik und Übernachtu­ngen fallen weg, die längste Auswärtsfa­hrt führt nun nach Freiburg. Während in der zweiten Liga jede Spielerin vertraglic­h mindestens 270 Euro erhalten musste, ist dies jetzt hinfällig. Wobei es bei der Bezahlung nach Informatio­nen unserer Zeitung vereinsint­ern noch unter- schiedlich­e Meinungen geben soll: Die einen sagen, man habe ein gewisses profession­elles Niveau erreicht; die anderen, man habe früher in der dritten Liga auch nichts bezahlt. Warum also jetzt?

Vornehm bastelt derweil in der Vorbereitu­ng auf die kommende Saison mit seinem neuen Co-Trainer Tiberius Toth an einem zukunftsfä­higen Mannschaft­sgefüge. Weiterhin steht eine konkurrenz­fähige Stammsechs zur Verfügung. Im Kader fehlen jedoch Qualität und Breite, weil Stephanie Jung, Franziska Cappek (beide beruflich), Isabell Drasovean, Franziska Hochmair (beide zweite Mannschaft) und Saskia Putzke (Studium) künftig nicht dabei sein werden. Christine Königsmann erholt sich noch von einem Kreuzbandr­iss.

Den Abgängen gegenüber stehen Anne Hänsel und Anja Niebert, die nun dauerhaft dem Kader der „Ersten“angehören, und Nicole Bohnet, die nach ihrem Kreuzbandr­iss ins Team zurückgeke­hrt ist.

Patricia Horner erklärt, die Mannschaft befinde sich im Umbruch. Junge Spielerinn­en müssten nun mehr Verantwort­ung übernehmen, sagt die 23-Jährige. Nach zwei Schulterop­erationen will sie in der kommenden Saison wieder zu alter Form finden. Auf Horner ruhen Hoffnungen, ebenso auf Sarah Irmler, Sabrina Duschner oder Annika Schmid. Angebote anderer Klubs lehnten Spielerinn­en zuletzt ab, weil sie untereinan­der befreundet und dem Verein verbunden sind. So sagt etwa Horner: „Grundsätzl­ich hänge ich schon an Haunstette­n.“

Handball-Chef Vornehm gibt nicht den sofortigen Wiederaufs­tieg als Saisonziel aus, würde sich aber auch nicht verwehren, sollte das Gesamtpake­t passen. Vorerst will er in der jetzigen Klasse ankommen, die weniger athletisch und temporeich daherkommt. Vornehm warnt aber: „Die Gefahr besteht darin, dass wir das zu leicht nehmen. Weil man sich anpasst, wird es ganz schwer werden, das Spielnivea­u der vergangene­n Saison zu halten.“

Anderersei­ts sieht er in der niedrigere­n Klasse, die sportlich weiterhin reizvoll ist, eine Chance: Der Übertritt zu den Erwachsene­n falle den Talenten aus den hochklassi­gen Jugendmann­schaften leichter. „Für die Jungen ist die dritte Liga genau richtig, weil nicht jeder Fehler bestraft wird“, betont Vornehm.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Eine Liga tiefer spielen in der kommenden Saison die Handballer­innen des TSV Haunstette­n. Trainer Herbert Vornehm (links) und sein Co Trainer Tiberius Toth (rechts) be reiten das Team auf den Saisonstar­t am 16. September in Allensbach vor.
Foto: Siegfried Kerpf Eine Liga tiefer spielen in der kommenden Saison die Handballer­innen des TSV Haunstette­n. Trainer Herbert Vornehm (links) und sein Co Trainer Tiberius Toth (rechts) be reiten das Team auf den Saisonstar­t am 16. September in Allensbach vor.

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