Friedberger Allgemeine

Von Frauen, Smartphone­s und Tolstoi

- VON SILVANO TUIACH feuilleton@augsburger allgemeine.de

Der amerikanis­che Schriftste­ller Cormac McCarthy hat einmal gesagt: „Kunst entsteht aus Kunst.“Also: Literatur entsteht auch durch Literatur; und auch Artikel in den Medien sind selten aus einem Original-Genie-Gestus entsprunge­n. Will sagen, dass diese Kolumne ihren Ausgang bei einer Glosse in der Wochenzeit­schrift Die Zeit nahm. Dort las ich über die sogenannte­n Smartphone-Zombies, kurz Smombies. Das sind primär junge Menschen, die immerfort auf ihr Smartphone starrend durch die Welt ziehen.

Jeden Tag sieht man junge Frauen, die, sobald sie die Schule, das Büro, das Fitness-Studio verlassen, ihr Smartphone zücken, um Nachrichte­n zu verschicke­n. Ich fuhr unlängst mit dem Rad an einer Bushaltest­elle vorbei und sah, wie ein etwa 17-jähriges Mädchen ein Buch las! Da wurde nichts gewischt, sie blätterte noch richtig um. Ich war so begeistert, stieg vom Rad ab und schenkte ihr zehn Euro. Ich hoffe, sie hat mich nicht für einen Pädophilen gehalten. Vielleicht das einzige Mädchen, das sich die Zeit an einer Bushaltest­elle mit einem Buch „vertreibt“.

Die Zeit berichtete von einem Bürgerstei­g in Washington, der geteilt ist. Eine Call-Phone-Lane und ein Streifen für die, die nicht mit ihrem Handy beschäftig­t sind. Sie berichtete aus Brasilien, dass dort alte Omas, die früher von Jugendlich­en über die Straße geführt worden sind, nun ihrerseits junge Menschen mit Smartphone über die Straße geleiten. Und in Augsburg haben die Stadtwerke eine Weltneuhei­t eingeführt: eine Fußgänger-Bodenampel nur für Handybenut­zer.

Es ist aber schon auffällig, dass in den letzten zehn Jahren kein einziger Artikel zu lesen war, der der Frage nachging, warum junge Frauen (die jungen Kerle schließen langsam auf) den ganzen Tag über Nachrichte­n versenden. Ich kenne den Grund, werde ihn aber noch für mich behalten (darüber zu schreiben ist gefährlich).

Der russische Schriftste­ller Tolstoi hat einmal gesagt: „Wenn ich mit einem Fuß im Grabe stehe, werde ich die Wahrheit über die Frauen sagen. Ich werde sie sagen, in meinen Sarg springen, den Deckel über mich ziehen und rufen: Jetzt macht, was ihr wollt!“Keine schlechte Devise.

An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach

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