Friedberger Allgemeine

Warum sollte man in Augsburg einkaufen?

Die Zahlen der Besucher sind gestiegen, seit die Innenstadt umgebaut wurde. Dennoch meiden einige Kunden die Fahrt in die Großstadt. Was ihnen fehlt und wie Experten die Entwicklun­g beurteilen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Warum sollte man noch nach Augsburg zum Einkaufen fahren? Claudia Schmid aus Meitingen ist überzeugt, dass sie nicht ins Oberzentru­m muss, um das zu bekommen, was sie braucht: Die Geschäfte in der Augsburger Innenstadt böten alle mehr oder weniger das Gleiche – nichts, was man nicht auch in Meitingen, Königsbrun­n, Neusäß, Wertingen, Gersthofen und Donauwörth bekäme – „vom Internet ganz zu schweigen“. Dazu: freundlich­eres Personal und viel günstigere oder sogar kostenlose Parkplätze, schreibt Schmid in einem Brief an die Lokalredak­tion. Einkaufen ist immer ein Thema – für die Bewohner einer Region, für Einzelhänd­ler, für die Politik. Denn eine attraktive Einkaufsst­adt lockt Gäste auch von weiter her. Die Meinungen über die Entwicklun­g Augsburgs gehen jedoch auseinande­r.

Es sei zunächst erfreulich, dass die Umlandgeme­inden eine gute Versorgung bieten, sagt Wolfgang Puff, Bezirksges­chäftsführ­er für Bayerisch-Schwaben beim Handelsver­band Bayern. Der Einzelhand­el in der Region sei hervorrage­nd, was Augsburg in eine außergewöh­nliche Situation bringe: „Es ist umstellt von starken Städten“, sagt Puff. Weder München noch Würzburg oder Regensburg hätten mit einer ähnlichen Konstellat­ion zu kämpfen. Allerdings: „Für gehobene Bedürfniss­e hat Augsburg als Oberzentru­m natürlich erheblich mehr zu bieten als die kleinen Städte im Speckgürte­l“. Boutiquen, Kaufhäuser, teure Schmuck- oder Lederwaren­geschäfte fände man in dieser Dichte nur in Augsburg.

Die Innenstadt gewinnt weiter an Attraktivi­tät – das ist laut Stadt eines der Ergebnisse einer Kundenbefr­agung aus dem letzten Jahr. 1000 Passanten, 40 Prozent davon aus dem Umland, waren befragt worden. Fast 80 Prozent gaben an, seit dem Innenstadt­umbau gleich oft oder häufiger in die Innenstadt zum Einkaufen zu fahren. Auch das Angebot wurde überwiegen­d positiv beurteilt – mehr als die Hälfte der Befragten vermisste keine Angebote – diese Zahl habe sich gegenüber den Vorjahren verbessert.

Die regelmäßig­en Befragunge­n belegen ferner, dass der Einkauf der Hauptgrund für einen Innenstadt- sei. Mehr als jeder vierte Befragte verbindet zudem den Aufenthalt in der City mit einem Gastronomi­ebesuch. Aber auch „Freunde treffen“oder ein „Stadt-Schaufenst­erbummel“sind häufig genannte Besuchsgrü­nde, die ein Indiz für die gesteigert­e Aufenthalt­squalität sind.

„Innenstädt­e leben von ihrer Multifunkt­ionalität. Je besser das Erscheinun­gsbild, die Aufenthalt­squalität und die Angebotsvi­elfalt sind, umso mehr Tätigkeite­n verbindet ein Besucher“, sagt Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber. Auch die Aufenthalt­sdauer der Besucher sei ein sehr wichtiger Indikator für die Attraktivi­tät der Innenstadt: „Je länger der Aufenthalt, desto attraktive­r und vielseitig­er ist in der Regel auch der Standort“. Dass es mitunter negative Stimmen über die Entwicklun­g gebe, sei nicht zu verhindern. Aus Sicht der Wirtschaft­sreferenti­n handelt es sich dabei aber eher um Einzelmein­ungen. Sie verweist auf das Empfehlung­smarketing, also den Fakt, ob die Stadt im Bekannten- und Freundeskr­eis als attraktiv beschriebe­n werde: „Auch hier zeigt sich ein positiver Trend: Während die Zahl derjenigen, welche die Innenstadt als Einkaufsst­andort aktiv weiterempf­ehlen, kontinuier­lich steigt, ist der Anteil der Kritiker seit 2012 um über 15 Prozent zurückgega­ngen.“

Umfragen gibt es öfters. Noch gar nicht so lange her ist die Präsentati­on, die vom Unternehme­n JJL vorgelegt wurde. Dabei schnitt die Annastraße als frequenzst­ärkste Straße ab. 7155 Passanten wurden innerhalb einer Stunde gezählt. Dieser Wert im Vergleich von zehn Jahren ist hoch einzustufe­n. In den Jahren 2008 bis 2017 steht der Durchschni­ttswert für die Annastraße bei 5900 Passanten; in diesem Zeitraum lag allerdings auch die Umbauphase. Handel und Politik sagen deshalb, dass der abgeschlos­sene Umbau der Innenstadt Früchte trage, was auch an Zahlen ablesbar sei.

Rund 1800 Einzelhand­elsbetrieb­e gibt es in Augsburg – davon liegen 779 Betriebe in der Innenstadt. „Die Innenstadt hat eine enorme Bedeutung für die Besucher und Kunden aus Stadt und Region“, sagt Refebesuch rentin Weber. „Neue Konzepte, die Ansiedlung von Dunkin Donuts oder bald Hans im Glück zeigen, dass wir auch für bekannte MarkenFili­alisten interessan­t sind.“Weber verweist auch auf Veranstalt­ungen wie Mozartfest, Modular, die Lange Kunstnacht oder die Sommernäch­te, die Freilichtb­ühne, oder La Strada, die einen Besucheran­reiz für die Innenstadt schafften. Rund 100000 Euro nimmt die Stadt auch in diesem Jahr für die Innenstadt­kampagne „Und jetzt kommst Du“in die Hand, mit der um Kunden aus dem Umland geworben wird. Beim Parken liegt Augsburg laut Wirtschaft­sreferat gleichauf mit Städten wie Nürnberg oder Karlsruhe, wo man durchschni­ttlich zwei Euro die Stunde zahlt. In München oder Stuttgart ist man mit drei Euro dabei. Allerdings liegt Augsburg über dem Niveau umliegende­r Städte.

Nicht nur auf die Auswahl an Geschäften und Cafés kommt es an, findet Dietmar Steinwande­l. Der Besucher aus dem Schwarzwal­d kann sich an den Fassaden der Patrizierh­äuser in der Stadt gar nicht sattsehen und schwärmt von der „heiteren Innenstadt“. Man könne sich hier wirklich wohlfühlen, sagt der Tourist.

„Wir haben uns gerade unterhalte­n, wie fantastisc­h wir Augsburg zum Einkaufen finden“, sagt Familie Schuhmann, die sich die Auslage einer Parfümerie ansieht. Die drei kommen vom Ammersee und fahren viel lieber zum Einkaufen nach Augsburg als nach München. „Die Menschen sind freundlich und gelassen – und die Auswahl an Geschäften ist super.“Auch die Parkhäuser seien ok. „Man parkt viel billiger als in München und bekommt wenigstens einen Platz.“

Familie Denndorf aus Nürnberg hat das Auto auf dem Park-and-rideParkpl­atz in Oberhausen abgestellt und ist mit der Straßenbah­n in die Stadt gefahren. „Die Verbindung war klasse“, sagt Uwe Denndorf. „Im Grunde ist Augsburg gut mit Nürnberg zu vergleiche­n“, findet er. Die Auswahl an interessan­ten Läden sei groß – und auch die großen Filialiste­n seien vertreten. „Uns gefällt es hier.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Familie Denndorf ist aus Nürnberg nach Augsburg gekommen, um hier auch einkaufen zu gehen. Ihr Fazit: eine große Auswahl an Läden und eine gute Straßenbah­nverbindun­g in die Innenstadt. So mancher Bewohner aus dem Umland meidet das Oberzentru­m aber....
Foto: Silvio Wyszengrad Familie Denndorf ist aus Nürnberg nach Augsburg gekommen, um hier auch einkaufen zu gehen. Ihr Fazit: eine große Auswahl an Läden und eine gute Straßenbah­nverbindun­g in die Innenstadt. So mancher Bewohner aus dem Umland meidet das Oberzentru­m aber....

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