Als Augsburg mit Gewürzen handelte
Einst wurden Zimt, Kardamom und Safran aus Indien importiert und hier verkauft
Der Geruchssinn ist laut Wissenschaftlern der letzte Sinn, den der Mensch verliert, bevor er stirbt. Entsprechend wichtig sind uns Gerüche. Den Duft von Safran, Kardamom, Zimt und anderen Gewürzen empfindet der Mensch als besonders magisch. Stadtführerin Heike Abend-Sadeh weiß darum, deshalb bietet sie einen besonderen Stadtrundgang an: Entlang einer Gewürzroute geht es durch Augsburg.
Die Stadt hatte in ihrer Historie mehr mit orientalischen Kostbarkeiten zu tun, als man meinen mag. Was inzwischen New York oder Schanghai ist, das war im 16. Jahrhundert die Fuggerstadt, erzählt Abend-Sadeh. Die Gewürze, mit denen Augsburg handelte und reich wurde, kamen aus Indien. Wo mittlerweile die Buchhandlung Pustet Bücher verkauft, befand sich ein Kolonialwarenhändler, der Schätze aus der ganzen Welt anbot, und im Gebäude des Herrenausstatters Eckerle boten Gewürzläden ihre Waren feil.
Dabei hatten die Gewürze damals eine völlig andere Bedeutung als heute: Während Safran als geschmackliche Bereicherung in der Küche empfunden wird, galt es früher vor allem als Heilmittel. Die roten Fäden helfen gegen Pickel, Gallensteine, Schlaflosigkeit, Zahnschmerzen, stillen den Husten und heben die Laune. Aber: Fünf Gramm wirken toxisch, bei zehn stirbt man.
Unter den Besuchern sind viele Augsburger, so wie Sophia Haase und ihre Familie. „Das ist nicht meine erste und sicherlich nicht meine letzte Stadtführung durch Augsburg. Es gibt ja immer wieder etwas Neues zu erfahren“, sagt sie. Auch Patrizia Berndsdorff kommt von hier. Sie wurde von ihrem Mann überzeugt und ist der Auffassung, dass man eigentlich von seiner Heimatstadt viel zu wenig weiß. Darum nimmt sie am Nachmittag gleich noch an einer weiteren Tour teil.
Neben Safran stellt Abend-Sadeh auf ihrem Rundgang vom Rathausplatz über das Maximilianmuseum, dem Moritzplatz, dem Apothekergässchen und der Moritzkirche eine ganze Reihe weiterer Gewürze vor. Sie verrät, wo Ingwer angebaut wird und welche Wirkung er auf den Körper hat oder wozu man Nelken verwenden kann.
Auch wie die Hygiene allmählich vom Orient zu uns gelangte, die wir uns, aufgrund der Dogmen der Kirche, nicht mit unserer Leiblichkeit auseinanderzusetzen hatten, erzählt sie. Die Orte in Augsburg, die Abend-Sadeh wählt, erscheinen dabei nur Rahmenprogramm. Manchmal erschließt sich die Wahl der Stätte erst auf den zweiten oder dritten Blick. Die Geschichte der Gewürze und ihre Wirkung stehen im Vordergrund.
Die Spenden, die an diesem Tag durch die Führungen gesammelt werden, gehen an das neue Kinderkrebsforschungszentrum am Klinikum Augsburg sowie an die Elterninitiative krebskranker Kinder Augsburg „Lichtblicke“.