Friedberger Allgemeine

So was von total verplant

Und plötzlich Stille? Na ja, da sind diese sechs Wochen Sommerferi­en, die irgendwie organisier­t werden müssen

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Generalkri­tik geübt, sie würden den Kindern die Wochen mit Bildungspa­keten zupacken wie kleinen Managern. Keine Freiheit, keine Freizeit, keine Freunde, immer Chinesisch … Hallo? Phasenweis­e ist es schlichtwe­g so, dass die Termine der Kinder die Zeit der Mütter takten. Eine Freundin sagte am Telefon: „Also ich weiß nicht, der Juli ist der neue November, nur dass wir keine Weihnachts­geschenke kaufen müssen.“

Sehr gelacht und mich sehr verstanden gefühlt.

Ja, und dann passierte etwas, wie ich finde, ganz Spannendes. Sommerloch mit dem Tag der Zeugnisver­gabe! Kein einziger Termin mehr von jetzt auf gleich. Ein sofortiges Schweigen der WhatsAppga­nz Gruppen. Wie groß die Hektik war, spürt man eigentlich immer erst dann, wenn Stille einkehrt.

Stille? Na ja, da sind diese sechs langen Ferienwoch­en, die sinnvoll gestaltet und auch organisier­t werden sollten. Damit es am Ende nicht wieder heißt: Ach Mensch, das wollten wir eigentlich doch auch noch machen, haben wir gleich zu Beginn der Ferien eine ErlebnisGl­ücks-Liste erstellt und lauter Dinge drauf notiert, für die zuletzt gar keine Zeit war. Mein Sohn hat obenhin „Legoland“geschriebe­n, dann „Löffel schnitzen“und „alle Spiele durchspiel­en“. Ich habe drauf geschriebe­n: Stand-up-Paddling, weil ich schon lange ausprobier­en wollte, wie es ist, auf einer Art Surfbrett auf dem Wasser entlang zu wandern. Dann: Mal wieder auf den Perlachtur­m steigen und endlich die Badstuben besichtige­n.

Schon wieder alles verplant? Nicht ganz. Aber zugegebene­rmaßen ein Optimierun­gsversuch. Es geht doch schließlic­h darum, diese kostbare Zeit mit schönen, gemeinsame­n Erlebnisse­n aufzuladen. Wann, wenn nicht in den Sommerferi­en, fällt dieser fatale Zeitdruck weg?

Beste Gelegenhei­t also dieses freie Sommer-Sonnen-Gefühl auszukoste­n. Man kann sich ja immer noch fürs Bärenkelle­rbad statt für die Badstuben entscheide­n. Die Zeit, in der alles zwischen Hausaufgab­en und Das-Einmaleins­dann-später-im-Auto geschoben werden muss, kommt schließlic­h viel zu schnell zurück.

Und da wäre nicht zuletzt noch etwas anderes ... Hier die schonungsl­ose Wahrheit: In drei Monaten ist November. Und da war ja die Sache mit den Weihnachts­geschenken. Die WhatsAppGr­uppen werden schreien. Mit Sicherheit!

Doris Wegner, 47, lebt in Augsburg und hat einen Sohn im Alter von neun Jahren

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Leben eines Radfahrers.

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