Die Kresslesmühle startet wieder durch
Die Gastronomie im Traditionshaus floriert und das Kulturprogramm ist wieder breiter aufgestellt. Nun steht die Sanierung des denkmalgeschützten Baus bevor. Womit die Stadt in diesem Fall rechnen kann
Der Platz vor der Kresslesmühle ist sichtbar belebt. Die Tische des Lokals Dreizehn, das vegane Gerichte und Kuchen anbietet, sind oft belegt, die Gastronomie ist so beliebt, dass die Kunden selbst bei schönem Wetter einen Platz drinnen wählen, wenn draußen alle besetzt sind. „Wir haben dann mittags zwischen 40 bis 60 Essen. Das hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt Christina Ostermayr. Das Personal wurde inzwischen von elf Personen auf 22 aufgestockt. Im September beginnt eine Auszubildende, eine Geflüchtete aus Eritrea.
Gemeinsam mit Stefanie Rajkay betreibt Christina Ostermayr das Lokal. Sie sind ein eingespieltes Team: Zuvor haben die beiden Frauen das Café 13 im Bleigässchen bewirtschaftet. Doch es wurde ihnen zu klein. Sie wollten ein größeres Lokal mit Außenfläche und bewarben sich für die Kresslesmühle. Ihr Plan ging auf und damit auch der von Margret Spohn, der Leiterin des Büros für Migration, Interkultur und Vielfalt der Stadt Augsburg.
In ihrer Funktion ist sie auch Leiterin der Kresslesmühle und weiß: „Solch ein Haus braucht eine funktionierende Gastronomie, damit es besucht wird und belebt ist.“Das war nicht von Anfang an der Fall. Als Spohn die Kresslesmühle Anfang August 2015 übernahm, fiel die Wahl zunächst auf die Kulturküche, die dort ab Dezember 2015 Multikulti-Gerichte anbot. Doch das Lokal wurde nicht angenommen, die Stadt war mit der Entwicklung unzufrieden, der damalige Geschäftsführer zog Mitte 2016 die Reißleine.
Seither ist in der Mühle viel passiert. Michael Hegele vom Büro für Migration, der unter anderem für Veranstaltungen in der Mühle verantwortlich ist, hält das neue Programm in den Händen. Das Design kommt frisch und modern daher. Und der Inhalt? „Die Kresslesmühle ist ein interkulturelles Kulturhaus. Nur im Gegensatz zur Zeit vor 20 Jahren bieten heute viele Einrichtungen in Augsburg interkulturelle Programme an“, sagt Hegele. Seine Aufgabe war es, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Veranstaltungen in der Mühle Sinn machen und wie wieder neues Publikum in das Kulturhaus gelockt werden kann. Vielfalt ist ihm wichtig, sagt er. „Zuletzt bestand das Programm in der Mühle hauptsächlich aus Kabarett.“Das hat sich geändert. Viele Konzerte sind dazugekommen, die von jüngeren Besuchern frequentiert werden. Es gibt Theater, Kleinkunst auf der Open Stage, einen bayerisch-interkulturellen Musik-Slam, den Zugvogelslam und im Oktober wird das afghanische Drachenfest gefeiert.
Daneben sind auch politische Formate im Programm: etwa am 6. September eine Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl zum Thema Integration oder am 18. September ein Gespräch zwischen Münchens AltOB Christian Ude und Augsburgs OB Kurt Gribl zum Thema „Mehr Mut! Wie die Politik wieder begeistern könnte“. Und natürlich gibt es auch Kabarett. Hegele: „Ab kommendem Jahr werden die KabarettVeranstaltungen nicht mehr nur auf das Frühjahr und den Herbst beschränkt sein, sondern sich über das ganze Jahr hinweg verteilen.“2016 sei an jedem zweiten Abend eine Veranstaltung in der Kresslesmühle gewesen. „In diesem Jahr werden wir diesen Schnitt auch wieder schaffen“, sagt Margret Spohn.
Daneben gibt es weitere Veränderungen im Haus. In den vergangenen Wochen waren Handwerker in der Kresslesmühle. Sie haben Wände, Böden, Leitungen und Sanitäreinrichtungen inspiziert. Umgebaut wird noch nicht. Derzeit werden die Kosten der geplanten Sanierung zusammengetragen. Vor allem in der ersten Etage sollen die Räume, die früher unter anderem von der Kita Kolibri genutzt wurden, saniert werden. Es sollen Multifunktionsräume entstehen, die tagsüber zur Beratung zu Verfügung stehen. Daneben soll die Kresslesmühle barrierefrei ausgebaut werden. Für den Einbau eines Aufzuges müssen die Toiletten im Erdgeschoss weichen, sie sollen künftig im ersten Stock sein.
Die Kresslesmühle kann mit einer finanziellen Unterstützung aus dem „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier“des Freistaates rechnen. „Derzeit arbeiten wir an dem Antrag für das Förderprogramm. Nachdem die Handwerker ihre Kostenschätzung abgegeben haben, werden wir den Antrag dem Stadtrat vorstellen“, sagt Spohn. Bis Ende Oktober muss der Antrag eingereicht werden. Den Bescheid, wie viel Zuschuss es geben kann, wird voraussichtlich Ende des Jahres kommen. Spohn: „Der Freistaat übernimmt bis zu 90 Prozent der förderfähigen Kosten.“Nach der Ausschreibung der Arbeiten könnte die Sanierung der Mühle frühestens im Frühjahr beginnen und den Grundstein legen für das Bildungs-, Beratungs- und Begegnungshaus.
Dort soll es Informationsangebote für Menschen geben, die neu nach Augsburg kommen, sei es als Geflüchtete, EU-Bürger oder aus einem anderen Teil Deutschlands. Ist die Mühle renoviert, sollen auch die Bildungskoordinatorinnen einziehen, um Praxis und Theorie eng zu verzahnen. „Ihre Aufgabe ist es, stadtweit zu schauen, ob es genügend Angebote für Neuzugewanderte zur Integration in Schule und Arbeitsmarkt gibt und dort, wo es das nicht gibt, diese zu initiieren“, erklärt Margret Spohn.
Nicht zuletzt freuen sich auch die Betreiber des Lokals Dreizehn auf den Umbau. „Dann haben wir mehr Strom und können uns eine professionelle Spülmaschine anschaffen. Mit unserer derzeitigen benötigen wir bis 16 Uhr, bis wir die Küche wieder auf Vordermann gebracht haben. Und dann beginnt schon fast das Abendgeschäft“, sagt Christina Ostermayr.
Vor 20 Jahren war das Angebot einzigartig