Bei Swing hebt die Seele ab
Kultur Die Jazzer der Allstar Big Band eröffnen den Friedberger Musiksommer und hinterlassen das Publikum in Schweiß aber mit erfrischtem Gemüt
Friedberg Ein lautes „Oh yeah“tönt aus dem Publikum, da hat die Friedberger Allstar Big Band noch nicht einmal den dritten Takt des ersten Liedes gespielt. Doch das reichte bereits aus, um dem ein oder anderen die Vermutung zu bestätigen: Das wird richtig gut. In alter Tradition eröffnete die Jazz-Big Band den 16. Friedberger Musiksommer, die Rothenberghalle war ausverkauft.
Wein reift ja bekanntlich mit den Jahren, er gewinnt an Wert und erhält eine individuelle Geschmacksnote. Ein richtig edler Tropfen in der Musik ist der New-OrleansJazz. Für den Auftakt des Musiksommers hat Arrangeur Thomas Zoller die alten Klassiker in zuvor nie gehörten Swing für die Allstar Big Band umgewandelt. „Old wine in new bottles“lautete daher das Motto des Abends. Durch diesen führte Karl–Heinz Steffens, künstlerischer Leiter des Festivals, das Publikum informierend und charmant. Kurz zuvor war der Chef der Oper in Oslo aus Norwegen eingeflogen und froh in Friedberg wieder „mit Freunden vereint“zu sein.
Wenn Steffens, als Klarinettist unter den Holzbläsern, in der Stille zu seinem Instrument greift, dann geht ein genussvolles Raunen durch die Reihen. Und die Besucher versteckten ihre Begeisterung nicht: Thomas Sixta aus Aichach kam auf Empfehlung seiner Freunde zum Konzert: „Die Musik hat ein super Tempo, die Musiker haben Spaß, das sieht man ihnen richtig an.“
Unter den rund 500 Zuschauern gab es nicht nur Jazz-Fans in den besten Jahren. Victoria Müller aus Augsburg gehörte zu den wenigen jungen Besuchern im Publikum: „Mich hat mein Papa eingeladen“, freut sich die 24-Jährige. „Wenn man da zuhört, kann man nicht ruhig sitzen bleiben, da muss man mitwippen.“
Als „phänomenal“bezeichnet Georg Bogdain aus Friedberg das Konzert: „Was hier auf die Beine gestellt wurde – besser geht es gar nicht.“Das Lob gebühre nicht nur den Musikern sondern auch den Bürgern für Friedberg, welche den Musiksommer jährlich organisieren. Als Jazz-Fan freue sich Bogdain besonders, wieder in den Genuss alter Klassiker gekommen zu sein – nur neu verpackt: „Das ist das Tolle am Jazz, dass er nie gleich ist.“
Eben diese Klassiker gab es nicht zu knapp: Die 18-köpfige Big Band kehrte musikalisch zurück in das frühe 19. Jahrhundert, nach New Orleans, an den Congo Square, dem ehemaligen Treffpunkt der Sklaven, wo der Jazz geboren wurde. Das Repertoire reichte von Komponisten wie Lil Hardin-Armstrong über Bill Holman bis zu Hits von Duke Ellington.
Bei richtig gutem Swing hebt die Seele ab, das findet auch Georg Bogdains Tochter Gabi. „Das sind alles Profis. Man merkt, dass sie Spaß an der Musik haben und das schwappt dann natürlich auf das Publikum über.“Sie sieht nur einen einzigen Kritikpunkt, der das sonst großartige Ambiente getrübt habe: „Ein bisschen schade finde ich es, dass das Konzert in einer Turnhalle stattgefunden hat.“
Und dort wurde es warm. Die vorherrschenden Temperaturen am Abend in der Rothenberghalle brachten nicht nur die Musiker, sondern auch das Publikum zum Schwitzen. Karl-Heinz Steffens nahm es mit Humor. „Heiß“sei es auf der Bühne, aber das passe ja auch zur Musik. Für Steffens lief der Auftakt genau, wie er es sich vorgestellt habe: „Ich glaube, wir können das nicht toppen, es kann nur anders werden.“»Feuilleton regional S. 26