Eine Werkstatt, eine Leidenschaft
In ihrem Keller arbeiten Karen Kreppel und Hellmut Kreppel Seite an Seite. Sie malt Bilder, er bewahrt und rettet wertvolle Streichinstrumente
In diesem Sommer wollen wir den Stadtteil Kriegshaber erkunden. Sechs Dienstage lang kommen wir mit unserem mobilen Schreibtisch vor das ehemalige Straßenbahndepot an der Ulmer Straße. Parallel dazu sehen wir uns auch so in dem Stadtteil um. Wir stellen Ihnen im Lauf der Sommerferien zusätzlich interessante Menschen und Orte vor. Wir waren schon im Spectrum Club und im Jugendzentrum r33 und beim inoffiziellen Archivar von Kriegshaber, bei Bernhard Radinger. Nun sind wir bei dem Geigenbauer Hellmut Kreppel und der Künstlerin Karin Kreppel. An den Dienstagen vor dem ehemaligen Straßenbahn-Depot in Kriegshaber ist Hellmut Kreppel oft einer der ersten, der kommt. Und wenn wir dort beim Aufbauen feststellen, dass wir für die Fotostation kein Verlängerungskabel dabei haben, dann bietet Kreppel an, noch einmal schnell heim zu gehen und eines mitzubringen. Der Geigenbaumeister, der bis 2007 das Geschäft „Musik Müller“beim Zeughaus geführt hatte, hat es nicht ganz so weit wie wir, er lebt im Kobelweg.
Draußen steht ein Schild in seinem Garten: Geigen zu vermieten. Drinnen leben er und seine Frau Karin Kreppel. Unten im Keller ha- ben sie beide ihre Werkstatt eingerichtet. An einem alten Werktisch aus dem Jahr 1897 repariert der 75-jährige Hellmut Kreppel Geigen, wie er das schon sein ganzes Berufsleben lang gemacht hat. Er wechselt Stege aus, leimt Risse und ärgert sich, wenn er Instrumente bekommt, an denen die Besitzer mit den falschen Mitteln geflickschustert haben. „Pattex zerstört das Holz“, sagt Kreppel. Die Reste des Klebers wieder abzutragen, um dort mit Leim wieder alles so aneinanderzufügen, wie es gehört, das sei so aufwendig und deshalb auch teuer, dass es sich nur bei sehr wertvollen Instrumenten lohne.
Neben der Geigenbauer-Werkbank hat Karin Kreppel einen Tisch aufgebaut, auf dem sie Kunstdrucke anfertigt. Mit dem Malen habe sie vor einer Ewigkeit angefangen, als Ausgleich zur Arbeit und aller sonst anfallenden Verpflichtungen. Sie genießt es, die Ideen, die sie sich früher habe aufschreiben müssen, um sie nicht zu vergessen, bis sie umgesetzt werden können, diese neuen Ideen nun einfach gleich anzugehen. Sie greift dabei auf ein großes Spektrum möglicher Techniken zurück: Acryl-Farben, Collage-Elemente, fremde Stoffe wie Marmorstaub, die sie untermengt, Geigenlack, aber auch Tusche. Außerdem experimentiert sie gerne mit Drucken.
Ja, dieser Keller im Kobelweg ist eine eigentümliche, eigene Welt: hier die Werkbank, die Geigen in unterschiedlichen Größen, das Reparatur-Werkzeug, dort die Farben, eine Walze, Pigmente, Blöcke. Kreppel erzählt, dass er mit dem Leihgeigen-Geschäft von der Vergangenheit lebe, also davon, früher den Laden betrieben zu haben.
Und dann steht an einer Seite auch noch eine Vitrine, in der unter anderem Mineralien und alte Stempel aufbewahrt werden. Ja, beide haben eine riesige Freude an Dingen, das spürt man, sie sammeln gern: Spielzeugautos, Eisenbahnen, Puppen. Es kann sein, dass Hellmut Kreppel mit einer neuen Sammlung anfängt, bis Karin Kreppel auch daran Gefallen findet. Und plötzlich arbeiten beide daran.
So kommt es, dass nicht nur in der Werkstatt im Keller, sondern auch in allen anderen Zimmern Erstaunliches zu entdecken ist. Hier ein Setzkasten an der Wand, „der Eisenbahn-Waggon stammt aus den 1950er Jahren“, dort eine Vitrine voller Puppen, auf dem Wohnzimmerschrank eine Jugendstilvase, dort altes Spielzeug, an den Flurwänden Gemäldeporträts der Eltern. Und überall dazwischen Bilder von Karin Kreppel.