„Ich würde mir nie ein Vereinstrikot kaufen“
Die Bundesliga-Saison hat begonnen. Exzesse von Ultras, Fan-Proteste gegen den DFB und „Affentheater“um Spielerwechsel trüben den Spaß am Fußball. Was der Bezirksvorsitzende Johann Wagner im Interview dazu sagt
Nach den Exzessen beim DFB-Pokalspiel zwischen Rostock und Hertha BSC Berlin überschattete eine Debatte über Gewalt im Fußballstadion den Start der Bundesliga-Saison. Dazu kamen die Fan-Proteste. Von den schwindelerregenden Transfersummen ganz zu schweigen.
Welche Gefühle den neuen BFVBezirksvorsitzenden Johann Wagner, der seit März kommisarisch im Amt ist, mit Blick auf die aktuell so zahlreichen Negativschlagzeilen rund um den Fußball beschleichen, wollten wir von dem 59-jährigen Zusamaltheimer (Landkreis Dillingen) wissen. Außerdem verrät der Funktionär, was er sich im Bezirk Schwaben wünscht.
Herr Wagner, können Sie die Forderung nach einer früheren Schließung des Wechselfensters in der Bundesliga nachvollziehen?
Johann Wagner: Ja, ich kann da auch den Augsburger Trainer Manuel Baum verstehen. Die Saison läuft schon zwei Wochen und es kann immer noch der Verein gewechselt werden. Das ist nicht gut. Bis spätestens zum ersten Spieltag sollten alle Wechsel abgeschlossen sein.
Kann das der Deutsche Fußball-Bund nicht für sich so festlegen?
Wagner: Das könnte der DFB, aber da spielen auch die Uefa und die Fifa mit rein. Da muss man wohl auch das international Weitergehende beachten. Aber die genauen Hintergründe, warum das Wechselfenster nicht früher schließt, kenne ich nicht.
Wie sieht eigentlich die Regel für Spielerwechsel bei uns in der Region für die Amateure aus?
Wagner: Spieler, die sich bis 30. Juni bei ihrem alten Verein abgemeldet haben, können bis 31. August wechseln. Ausnahme ist der „Vertragsspieler“. Die können bis 31. August wechseln, selbst wenn sie in der laufenden Saison schon für einen anderen Verein gespielt haben. Ein zweites Wechselfenster öffnet dann in der Winterpause. Wie beurteilen Sie Ultra-Ausschreitungen wie jetzt in Rostock?
Wagner: Wenn man die Vorfälle in Rostock sieht, muss man sagen, das ist eine Gefahr für den Fußball. Da muss sofort gehandelt werden. Zum Beispiel kommt die Forderung nach einer Abschaffung der Stehplätze ins Spiel – dann haben alle Besucher Platzkarten und man kann die Leute identifizieren. Wenn es Probleme gibt, kann man die nicht mit Gewalt austragen. Es sind aber nicht alle Ultras böse oder gewalttätig. Die Randalierer müssten von den
Vereinen aussortiert werden, das passiert halt nicht.
Nur diese Maßnahme und nur die Vereine in die Pflicht zu nehmen, würde jedoch nicht ausreichen. Bei diesem Thema müssen alle Beteiligten wesentlich aktiver zusammenarbeiten. Dem Normalverdiener geht inzwischen ja auch jegliches Verständnis für die astronomischen Summen abhanden… Wagner: Generell sind daran nicht nur die Spielerberater, Spieler oder Vereine schuld, sondern die Leute, die das Geld geben. Dass sich die Topvereine und ihr Produkt vermarkten, ist legitim, sie sind inzwischen Wirtschaftunternehmen. Mit 222 Millionen Euro für Neymar wird Paris 300 Millionen an Merchandising-Einnahmen generieren. Wer das Geld zur Verfügung stellt, ist mitverantwortlich für die Misere.
Also nicht nur der reiche InvestorScheich, sondern auch der Fan, der ein Messi-Trikot für 100 Euro kauft? Wagner: Ja, auch. Wer das tut, unterstützt den Kommerz. Ich habe mir noch nie ein Vereinstrikot gekauft – und das bleibt auch so.
Oder die Abonnenten von BezahlSendern?
Wagner: Das Fernsehen fordert aus wirtschaftlichen Gründen die Zerstückelung des Spielplans. Hier ist die Deutsche Fußball-Liga maßgeblicher Verhandlungspartner, nicht der DFB. Man muss aber auch sehen: Aus dem bestehenden Vertrag mit den Sendern profitieren auch die Amateurvereine finanziell.
Was wünschen Sie sich mittelfristig für den Fußball im Bezirk?
Wagner: Ich wünsche mir, dass den Verbandsfunktionären von den Vereinen wieder mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Mir scheint, das ist momentan nicht so richtig der Fall. Wir werden auf die Vereine zugehen.
Und zum Schluss die Meisterfrage! Wagner: