Friedberger Allgemeine

Landwirte müssen ihre Nische finden

Die Bio-Branche boomt, doch auf Öko-Anbau zu setzen, ist kein Selbstläuf­er. Wie Ludwig Asam aus Kissing auf dem Markt besteht und wofür er einsteht

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing Seit Jahren setzen immer mehr Landwirte in Deutschlan­d auf Bio-Waren. Im vergangene­n Jahr ist der ökologisch­e Landbau sogar überdurchs­chnittlich stark gewachsen. Das zeigen Zahlen des Agrarminis­teriums in Berlin. Auf rund 1,3 Millionen Hektar wurden Bio-Lebensmitt­el erzeugt, ein deutlicher Zuwachs von 14,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Ludwig Asam aus Kissing hat selbst einen Bio-Betrieb, wobei der Hof der Familie zum Teil noch konvention­ell bewirtscha­ftet wird. Der 34-Jährige unterstütz­t seinen Vater im größten Bereich. Dort werden vor allem Legehennen für die Eierproduk­tion und Kaninchen für den pharmazeut­ischen Bereich gehalten. Asams Bruder und sein Schwager stellen Mischfutte­r her und bereiten dafür auch Sojabohnen auf. Der 34-Jährige betont, dass in den Familienun­ternehmen jeder dem anderen aushilft. Aber als Geschäftsf­ührer ist er für einen dritten Bereich zuständig, in dem reine Biolandwir­tschaft betrieben wird.

Auf etwa zwölf Hektar betreibt er Ackerbau, dazu kommt noch Grünland. Er hält eine Mutterkuhh­erde, einen Stier und die Nachzucht. Die Angus-Rinder sind fast das ganze Jahr über auf der Weide und werden nur mit Gras gefüttert. Das Fleisch verkauft der Landwirt an Privatpers­onen und ein paar Gaststätte­n aus der Region. Geschlacht­et wird auf dem Hof. Zudem hält Asam eine Mutter-Herde der Art Braune Bergschafe. „Das ist eine vom Aussterben bedrohte Rasse“, erklärt er. Auch deren Fleisch verkauft der Landwirt an Kunden in Kissing und im näheren Umkreis.

Seit Anfang des Jahres setzt Asam noch auf einen weiteren Zweig: BioErdbeer­en. In Kissing betreibt er während der Saison ein Feld, wo die Früchte gepflückt werden können. Asam schätzt, dass er im Umkreis von etwa 25 Kilometern der einzige Landwirt ist, bei dem die Erdbeeren zum Selberernt­en nicht gespritzt werden.

Der studierte Landwirt stieg 2010 in den Familienbe­trieb ein. Ein benachbart­er Hofbesitze­r verpachtet­e seine Felder unter der Voraussetz­ung, dass dort Biolandwir­tschaft betrieben wird. Bauer zu werden, war nicht immer Asams Plan. Nach der Schule leistete er einen Freiwillig­endienst in Indien. Die Einrichtun­g setzte sich gegen Kinderarbe­it Zu ihr gehörte ein Bauernhof. „Ich dachte, wenn ich mehr landwirtsc­haftliches Grundwisse­n hätte, könnte ich die Leute mehr unterstütz­en.“Also studierte er, zunächst mit dem Hintergeda­nken eventuell in die Entwicklun­gshilfe zu gehen, was sich aber später zerschlug.

Als er in Kissing den Betrieb aufnahm, baute er zunächst Bio-Soja auf seinem Feld an. Zeitweise zog es ihn zudem nach Frankfurt. Zwei Jahre arbeitete er dort am Forschungs­institut für biologisch­en Landbau, seit drei Jahren widmet er sich aber ganz dem Betrieb in Kisein. sing. „Ein reiner Bürojob, das ist einfach nichts für mich“, sagt Asam und lacht.

Seit 2014 sitzt er zudem für die Grünen im Gemeindera­t. „Eigentlich habe ich mich eher zum Spaß aufstellen lassen, aber dann bin ich plötzlich gewählt worden.“Zunächst musste er schon schlucken mit der ganzen Arbeit auf dem Hof, wie er sagt. Inzwischen gefällt es ihm, die Entwicklun­g der Gemeinde mitzugesta­lten, wenn auch die Grünen mit nur drei Sitzen im Gremium vertreten sind und oft keine Mehrheiten für ihre Vorschläge bilden können.

Offiziell der Partei beigetrete­n ist Asam bisher nicht. „Aber die Grünen vertreten einen Großteil meiner Überzeugun­gen.“Die Partei setzt sich beispielsw­eise gegen die Osttangent­e ein. Asam lehnt strikt ab, dass immer mehr Flächen bebaut werden. Es geht ihm darum, die Natur zu schützen. Er denkt aber auch an die Landwirtsc­haft, für die immer weniger Raum zur Verfügung stehe. „Ein Feld kann man auch wieder ökologisch aufwerten, eine versiegelt­e Fläche ist weg“, sagt er.

Auch wenn die Öko-Betriebe zunehmen, glaubt Asam, dass die konvention­elle Landwirtsc­haft weiter Bestand haben wird. Trotz vieler Lebensmitt­elskandale habe allgemein noch kein Umdenken eingesetzt. „Der Verbrauche­r vergisst leider auch wieder sehr schnell und dann zieht doch wieder mehr der Preis als die Regionalit­ät.“Asam sagt, dass es auch im Bio-Sektor in einzelnen Bereichen zur Überproduk­tion kommt. Das heißt, dass die Bauern weniger einnehmen, weil sie ihre Produkte für weniger Geld verkaufen müssen.

Schwarzmal­en möchte er aber nicht. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.“Auch wenn die Biolandwir­tschaft kein Selbstläuf­er sei, gebe es für Landwirte viele Chancen. „Man muss seine Nische finden“, sagt Asam. Mit seinem ersten Jahr als Bio-Erdbeer-Produzent ist er jedenfalls zufrieden.

 ?? Foto: Philipp Schröders ?? Die Braunen Bergschafe sind eine vom Aussterben bedrohte Rasse. Ludwig Asam hält eine Herde auf seinem Biohof in Kissing.
Foto: Philipp Schröders Die Braunen Bergschafe sind eine vom Aussterben bedrohte Rasse. Ludwig Asam hält eine Herde auf seinem Biohof in Kissing.

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