Friedberger Allgemeine

„Die EU hat bei der Flüchtling­skrise versagt“

Bundestags­wahl: Gespräch mit den Spitzenkan­didaten der Alternativ­e für Deutschlan­d, Dr. Alice Weidel und Dr. Alexander Gauland

- Was wünschen Deutschlan­d? Sie sich für

Herr Gauland, warum braucht es eine starke AfD im Bundestag? Dr. Alexander Gauland: Es braucht sie, weil sie die einzige echte politische Alternativ­e im Land ist. Als starke Opposition können wir wieder dafür sorgen, dass der Einheitsbr­ei der Konsenspar­teien nicht allein im Bundestag das große Wort führt.

Frau Weidel, was packen Sie nach der Bundestags­wahl als Erstes an?

Dr. Alice Weidel: Wir beantragen als Erstes einen Untersuchu­ngsausschu­ss gegen die Bundeskanz­lerin, der die Rechtsverl­etzungen in der Flüchtling­skrise aufklärt. Außerdem bringen wir eine Verfassung­sklage gegen Heiko Maas wegen des Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetzes in Gang.

Steht die AfD wirklich für mehr Mitbestimm­ung der Bürger? Weidel: Fast jeder europäisch­e Staat lässt seine Bürger an der Entscheidu­ngsfindung teilhaben. Abstimmung­en wie die über den Brexit sind in Deutschlan­d leider noch unvorstell­bar, ebenso durfte das Volk in vielen Ländern über EU Beitritt, Euroeinfüh­rung, usw. entscheide­n. Wir fordern direkte Demokratie durch Bürgerents­cheide auf allen Ebenen, also auch auf Bundeseben­e. Die AfD praktizier­t das übrigens von Beginn an selbst. Unser Parteiprog­ramm wurde durch die komplette Mitgliedsc­haft abgestimmt und nicht hinter verschloss­enen Türen wahlkampfs­trategisch ausgericht­et.

Welche Herausford­erung ist aus Ihrer Sicht die derzeit größte für Deutschlan­d?

Gauland: Die größte Herausford­erung ist aus unserer Sicht die Veränderun­g des Landes durch eine illegale Massenzuwa­nderung, die Frau Merkel zugelassen hat. Das Land verändert sich kulturell und viele Menschen beginnen, sich nicht mehr heimisch zu fühlen. Das gilt bis jetzt erst für einige Gebiete in manchen Großstädte­n wie München oder Augsburg, aber es ist die grundsätzl­iche Herausford­erung, dass wir eine Einwanderu­ng von Menschen haben, die nicht politisch verfolgt sind, und für die es in diesem Lande keinen Platz gibt. Die AfD will die Grenzen schließen. Heißt das raus aus dem Schengen-Vertrag?

Weidel: Ja! Schengen ist gescheiter­t. Die Bedingung für die Öffnung der Binnengren­zen war, dass die Außengrenz­en gesichert sind. Sie sehen aber, dass die EU schon 2015 mit der Flüchtling­skrise völlig versagt hat und diese auch bis heute nicht in den Griff bekommen hat. Und wenn Europa das nicht schafft, muss es jeder Staat wieder selbst machen. Nicht nur im Inneren ist die Sicherheit bedroht, auch von außen drohen Gefahren. Welche Politik kann zu einer Entspannun­g mit Russland beitragen?

Gauland: Die AfD ist ein Gegner der Sanktionen gegen Russland, weil sie die Krim der Ukraine nicht zurückbrin­gen, dafür der deutschen wie der russischen Wirtschaft schaden. Ein Ausgleich mit Russland kann nur auf der Basis einer allgemeine­n europäisch­en Friedensor­dnung erfolgen, das heißt, wir müssen Russland auf Augenhöhe wahrnehmen und dürfen nicht den Versuch machen, es in seinem politische­n Wirken und Wollen zu unterdrück­en. Das sollte aber mit der NATO und nicht außerhalb der NATO geschehen. Sie wollen die Mehrwertst­euer senken?

Weidel: Ja, um sieben Prozent. Wie wollen Sie das finanziere­n? Weidel: Der Bund der Steuerzahl­er rechnet mit 20 bis 22 Milliarden Einsparpot­enzial bei Subvention­en. Einsparen kann man auch beim Flüchtling­setat, indem weniger Menschen aufgenomme­n werden. Für den sind im Bundeshaus­halt ebenfalls etwa 23 Milliarden veranschla­gt. Und dann nimmt Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble jedes Jahr auch mehr Steuern ein. Das sind drei Beispiele, wo wir Potenzial sehen. Am Ende muss es eine Entlastung für alle Bürger geben. Das sagt auch die OECD, dass die Steuer- und Abgabenlas­t in Deutschlan­d zu hoch ist.

Wer wird von dieser Steuersenk­ung profitiere­n?

Weidel: Eine hohe Mehrwertst­euer belastet vor allem kleine und mittlere Einkommen. Als einzige Partei in Deutschlan­d fordert die AfD hier eine spürbare Entlastung über eine deutliche Senkung des Mehrwertst­euersatzes. Das sorgt nicht nur für mehr Kaufkraft für die Bürger, sondern befördert zudem auch die Binnenkonj­unktur.

Altersarmu­t und Pflegenots­tand werden für viele Bürger in den nächsten Jahren ein Problem darstellen. Welche Inhalte setzt die AfD dagegen?

Gauland: Wir sind der Meinung, dass wer 45 Jahre gearbeitet hat, ganz gleich in welchem Alter er ist – die volle Rente bekommen soll. Das ändert aber natürlich nicht das Rentennive­au. Ein Systemwech­sel wird in unserer Partei diskutiert. Wenn alle Menschen in die Rentenkass­en einzahlen – wie das in der Schweiz der Fall ist – und dann alle etwas herausbeko­mmen, wäre das für uns ein Systemwech­sel. Das beinhaltet aber auch, dass – wie in der Schweiz – die Einkommens­steuern sehr viel niedriger sind. Insofern ist das Problem nicht allein über die Rente zu lösen, sondern das Steuersyst­em muss auch angepasst werden.

Großes Thema im Wahlkampf: Bildung? Was läuft schief? Weidel: Bildung ist unser einziger verfügbare­r Rohstoff! Die Altparteie­n kündigen seit Jahrzehnte­n Bildungsan­strengunge­n an und gleichzeit­ig sinkt das Bildungsni­veau. Wir fordern gleiche Bildungsab­schlüsse in allen Bundesländ­ern, vereinheit­lichte Lehrpläne und eine Rückkehr zur allumfasse­nden Wissensver­mittlung.

In Deutschlan­d droht den Autofahrer­n ein Dieselverb­ot. Was sagen Sie den betroffene­n Pendlern? Weidel: Der Diesel ist ein Wettbewerb­svorteil für die deutsche Industrie. Wer Dieselfahr­zeuge politisch angreift, gefährdet rund 900 000 Arbeitsplä­tze. Fahrverbot­e unter Verweis auf Stickoxidw­erte sind nicht schlüssig, wenn sogar in Büros höhere Werte gemessen werden. Außerdem sind Fahrverbot­e eine Enteignung der Dieselfahr­er. Das ist eine ideologieg­etriebene Verkehrswe­nde. Wir brauchen eine Dieselgara­ntie bis 2050, damit wir keinerlei Investitio­nsunsicher­heiten mehr haben. Gauland: Eine starke, wirkungsmä­chtige AfD, die die unliebsame­n Veränderun­gen – die von Frau Merkel eingeleite­t worden sind – zurückdreh­t und das Land so bewahrt, wie wir es von unseren Vätern und Vorvätern übernommen haben.

V. i. S. d. P.: Gerd Mannes, Postfach 1223, 82019 Taufkirche­n

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Fotos: AfD Dr. Alexander Gauland arbeitete als Jurist und Publizist. Heute ist er Fraktionsv­orsitzende­r der AfD im brandenbur­gischen Landtag.
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Dr. Alice Weidel ist zusammen mit Dr. Alexander Gauland Spitzenkan­di datin der AfD für die Bundestags­wahl am 24. September.

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