Friedberger Allgemeine

Biertrinke­r sollen Mönchen helfen

Vor einem Jahr zerstörte ein Erdbeben ihr Kloster im mittelital­ienischen Norcia. Das Ende für den Orden in dem Ort? Damit wollten sich die 16 Benediktin­er nicht abfinden

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Norcia Ende Oktober 2016 schien die Lage aussichtsl­os: Nach einem zweiten schweren Erdbeben waren die Benediktin­ermönche des italienisc­hen Städtchens Norcia endgültig gezwungen, ihr zerstörtes Kloster zu verlassen. Es befand sich im selben Gebäudekom­plex, zu dem auch die eingestürz­te Benediktsb­asilika gehörte. Doch sie gaben nicht auf. In den Hügeln nahe Norcia, der Geburtssta­dt des heiligen Benedikt und Gründers ihres Ordens, bauen sie an einem neuen Zuhause. Damit der Neuanfang gelingt, setzen sie auf Spenden – und Bier.

Was ja auch naheliegt: Schon seit 2012 brauen die Mönche ein viel gerühmtes Bier mit dem Namen Nursia, der lateinisch­en Ortsbezeic­hnung für Norcia. „Bier ist ein geeignetes Mittel zur Evangelisi­erung“, sagt Prior Benedetto Nivakoff. Bier verbindet, ebenso der katholisch­e Glaube – das passt zusammen. Ihre Bierproduk­tion, die früher etwa 10000 Flaschen monatlich erreichte, kam infolge des Erdbebens allerdings ins Stocken, da die alte Brauerei beschädigt wurde.

Die Brauerei aber sollte zum Motor des Wiederaufb­aus und erdbebensi­cher werden – und so weihen die Mönche sie bereits an diesem Sonntag wieder ein, kaum ein Jahr nach dem Beben. Die 16, vor allem aus den USA stammenden Benediktin­er starteten dazu eine clevere Spendenkam­pagne.

,,Jeder Kauf des Nursia-Biers trägt dazu bei, dass die Mönche einen Ort haben, an dem sie ihre jahrhunder­tealten lateinisch­en Gesänge anstimmen und die Brauerei wiederaufb­auen können“, hieß es auf einer ihrer beiden Homepages. Nivakoff suchte zuletzt zudem vermögende Spender in den USA, um den Bau des Klosters San Benedetto in Monte zu ermögliche­n. Er fand etwa die belgische Brauerei Leffe, die bei der Errichtung der neuen Kapelle half.

Die Mönche brauen zwei Biere. Das Helle sowie der Urtyp erfreuen sich nicht nur in Umbrien großer Beliebthei­t, auch in die USA wird exportiert. Als er noch amtierte, schickten die Benediktin­er Papst Benedikt XVI. eine Probe in den Vatikan. Benedikt, der eigentlich Fanta-Liebhaber ist, soll vor allem die Geste goutiert haben, hörte man.

„Nursia ist das einzige Klosterbie­r auf der Welt, das ausschließ­lich von Mönchen zubereitet wird“, sagt Braumeiste­r Augustine Wilmeth. Das Know-how holten sich die Benediktin­er von Trappisten­mönchen aus Belgien und verwirklic­hten so die Maxime des heiligen Benedikt. Demzufolge soll ein Mönch von der Arbeit der eigenen Hände leben. „Ora et labora“bestimmt den Alltag der Mönche, die um 3.30 Uhr aufstehen, achtmal am Tag gemeinsam beten und kein Fleisch essen. Überdies sind sie exzellente und findige Manager. Ihre Internetse­iten sind höchst profession­ell gestaltet. Seit zwei Jahren verkaufen sie erfolgreic­h eine CD mit von ihnen gesungenen gregoriani­schen Chören. Und sogar ein „Erdbebenbi­er“hatten sie bis vor kurzem noch im Sortiment. Das letzten Sommer gebraute, aber erst nach dem Erdbeben im Oktober abgefüllte Bier, dem die Erdstöße einen besonderen Geschmack gegeben haben sollen, nannten sie „I love Nursia“– „Ich liebe Nursia“.

 ?? Fotos: Nursia ?? „Ora et labora“: Beten und Arbeiten bestimmt den Alltag der Benediktin­ermönche von Norcia. Vor dem Erdbeben erreichte ihre Bierproduk­tion etwa 10000 Flaschen monatlich.
Fotos: Nursia „Ora et labora“: Beten und Arbeiten bestimmt den Alltag der Benediktin­ermönche von Norcia. Vor dem Erdbeben erreichte ihre Bierproduk­tion etwa 10000 Flaschen monatlich.
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