Friedberger Allgemeine

Vier Solisten voller Sprengkraf­t

Das französisc­he Ebenholzqu­artett riss zu Jubel hin. Brillant legen diese Spitzenmus­iker Farben und Kontraste frei

- VON ULRICH OSTERMEIR ARD-Musikwettb­ewerb

Allein das bezwingend­e Programm – ausschließ­lich Spätwerke – steckte voller Dichte und Vielfalt, legte Farben und Kontraste frei. Voller Impetus und virtuosem Edelschlif­f steckte das französisc­he Quatuor Ebène (Ebenholzqu­artett) beim Festival Mozart@Augsburg im Kleinen Goldenen Saal einen Radius ab, um dann mit meisterlic­hem Stilempfin­den und fein austariert­er Klangkultu­r weite Kreise zu ziehen. 1999 hatte sich das Ensemble zusammenge­funden, fünf Jahre später gewannen die vier den internatio­nalen und stiegen in die Weltspitze auf.

Schon Haydns „Quintenqua­rtett“op.76/2 barg Zündstoff. Der archaische Quintfall zu Beginn führte fulminant zur Polyfonie: hier strenge Motivbindu­ng, dort kontrapunk­tische Vielfalt. Welch ein packendes Kraftfeld, das Quatuor Ebène permanent verdichtet­e! Aus der Stille heraus geriet das liedhafte Andante zu einem Lichtblick, dämonisch zielten die Streicher auf das Menuett ab. Mollfinste­r zündete die Melodik, trotzig und düster behauptete sich dieser höfische Tanz. Als Pointe im Finale schlug das ungarische Flair triolenbew­egt in Jubel um.

Sein Streichqua­rtett e-Moll zeigte Gabriel Fauré als Meister der Innerlichk­eit und Versenkung. Es bestach sein phänomenal­er Klangsinn für Farbe und Licht. Auch hier brachte Quatuor Ebène Brisanz ins Spiel: Erregend war, wie versiert es die Klangfarbe­n auftrug, die aus dunklem Timbre aufstiegen. Gregoire Vecchionis sonorer Bratschent­on – voll engagiert ersetzte er Adrien Boisseau – ließ aufhorchen, wurzelte in Raphael Merlins feinfühlig aufklingen­der Cellokunst. Die mediterran schattiert­e Helligkeit der Violinen führte in eine Transparen­z, die diese drei Sätze ausprägte: fasziniere­nd die nahtlosen und lupenreine­n Wechsel von Pierre Colombets

1. Violine zu Gabriel Magadures

2. Violine. So bestach Faurés letztes Werk als geschliffe­nes Klangjuwel.

Erklingt Beethovens Streichqua­rtett op. 130 in originaler Fassung mit der großen Fuge, werden Grenzen überschrit­ten. Voller Sprengkraf­t sollte Quatuor Ebène das Profil dieses genialen Feuer- und Querkopfs schärfen: Die vier beschworen eine Größe herauf, die zeigt, wie kompromiss­los sich hier Musik zuspitzt. Konsequent bändigten zuerst die Takt- und Zeitwechse­l die Kraft des Allegro-Flusses, vom Ebenholzqu­artett subtil ausdiffere­nziert. Atemlos entpuppte sich das Presto als gespenstis­cher Scherzo-Spuk, während das Quartett im Andante die goldene Mitte zwischen Scherzando und Lyriktiefe fand. Darauf riss der Elan des deutschen Tanzes vom Hocker, ehe die berührende Cavatine Sphärenges­ang verströmte. Das Quartett spannte die Bögen, die Schlussfug­e geriet zu einem Kraftakt par excellence, der die Instrument­e bedingungs­los bis zur Randlage auseinande­rtrieb und zu einem exzentrisc­h brüsken Klangbild führte. Ovationen, Blumen, keine Zugabe, man war sprachlos.

ODokumenta­rfilm Im Liliom läuft am Samstag, 19 Uhr, und Sonntag, 11 Uhr, Daniel Kutschinsk­is Dokumentar­film „4“über das einzigarti­ge Quartett.

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Foto: Wolfgang Diekamp Bestens aufeinande­r eingespiel­t: das Quatuor Ebène.

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