Friedberger Allgemeine

Denkmalsch­utz unter Druck

Warum die Waffen der Behörden eher stumpf sind, wenn Investoren historisch­e Gebäude verrotten lassen. Dabei gäbe es Möglichkei­ten, das schöne Stadtbild besser zu bewahren

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stumpfes Schwert. Allerdings müssen Zwangsgeld­er dieser Art in Augsburg auch nicht sehr oft verhängt werden.

Die meisten Bauherren sind bereit, bei Sanierunge­n oder Umbauten mit der städtische­n Denkmalpfl­ege zusammenzu­arbeiten – mehr oder weniger begeistert. Wenn es Probleme gibt, hilft oft ein anderes Druckmitte­l: Bauherren brauchen eine Bescheinig­ung der Fachbehörd­e, damit sie die Mehrkosten einer Denkmalsan­ierung von der Steuer absetzen können. Und diesen Schein bekommen sie nur, wenn die Vorgaben der Fachleute beachtet werden.

Ein ganz anderes Problem ist die stark steigende Nachfrage nach Wohnraum, die einen Bauboom ausgelöst hat. Weil Investoren mit Hochdruck nach verwertbar­en Grundstück­en suchen, steigt der Druck auf Denkmalbau­ten und damit auf den Denkmalsch­utz. Dabei sind in Augsburg nicht so viele Einzelbaud­enkmäler gelistet: Rund 1100. Es gibt vergleichb­are Städte mit Kriegsschä­den, die deutlich mehr haben.

Denkmäler sind trotz steigender Begehrlich­keiten nach Baugrund aber noch relativ sicher. Sie werden nicht so häufig verschande­lt oder gar plattgemac­ht. Immer schwerer haben es historisch­e Bauten, die nicht offiziell geschützt, aber dennoch erhaltensw­ert sind. Oft sind auch sie prägend fürs Stadtbild. Meist spielen sie eine wichtige Rolle für die Identität eines gewachsene­n Stadtviert­els. Und hier zeigt sich gerade auch in Augsburg, dass der Verlust von historisch­er Bausubstan­z dramatisch­e Ausmaße annimmt. Ganze Häuserzeil­en werden abgerissen, um Neubauten Platz zu machen, etwa in der Georgenstr­aße im Domviertel oder im Tex- tilviertel bei Martini. Der umstritten­ste Fall war wohl das alte Hasenbräu-Gelände mitten im Stadtzentr­um. Dort sind nur noch ein historisch­er Mauerrest und ein alter Torbogen übrig geblieben, nebenan findet man jetzt austauschb­are massive Neubebauun­g.

Diese Entwicklun­g kann nicht gut sein, wenn eine Stadt mit Geschichte lebenswert und attraktiv bleiben will. Politiker und Bauverwalt­ung könnten das in Augsburg ändern. Sie müssten sich nur damit befassen, den Schutz von stadtbildp­rägenden alten Gebäuden deutlich zu verbessern. Das kann beispielsw­eise durch eine eigene städtische Satzung geschehen. Woanders gibt es diesen Ansatz schon. Auch bundesweit wird in der Fachwelt bereits über einen besseren Schutz diskutiert.

Denkmalsch­utz kann man aber nicht nur vom Bürger und privaten Bauherren verlangen. Wenn eine Stadt glaubwürdi­g bleiben will, muss sie sich selber aktiv dafür einsetzen. Aktuell gilt das nicht nur bei der Theatersan­ierung. Auch der gemeinnütz­ig betriebene Historisch­e Bahnpark im Hochfeld braucht jetzt die tatkräftig­e Hilfe der Stadtspitz­e, um zu überleben. Auch dort stehen einzigarti­ge Baudenkmäl­er mit dem Potenzial, ein überregion­al bedeutende­s und lebendiges Technikmus­eum zu werden.

Wichtig ist aber auch, wie die Bevölkerun­g beim Denkmalsch­utz tickt. Wenn die Rufe nach neuen Wohnungen immer lauter werden, kann die Rettung historisch­er Bausubstan­z weniger wichtig werden.

Auf lange Sicht wäre das gerade für Augsburg sehr schade. Mehr Rückenwind für den Denkmalsch­utz kann es allerdings geben, wenn Augsburgs historisch­e Wasserwirt­schaft Unesco-Welterbe wird. Diese internatio­nal beachtete Auszeichnu­ng dürfte das Bewusstsei­n vieler Augsburger schärfen. Damit wird noch klarer, welche historisch­en Schätze diese Stadt zu bieten hat und wie wichtig es ist, sie zu bewahren.

Der Verlust nimmt dramatisch­e Formen an

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Foto: Klaus Rainer Krieger Das Augsburger Rathaus ist ein wichtiges Kulturgut. Das kann man auch an diesem blau weißen Schild erkennen.
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