Friedberger Allgemeine

Sie hat Musik im Blut

Von Kindesbein­en an war das Singen ihr Traum: Heute ist Anne Steffens Sopranisti­n in Berlin. Abends steht die ehemalige Friedberge­rin auf der großen Bühne, danach findet sie Erholung in der Badewanne

- VON ANNA SCHUBERT

Friedberg Zum Glück ist Anne Steffens nur 1,59 Meter groß. Sonst wäre sie heute vielleicht Polizistin anstatt Opernsänge­rin. Hätte sie die Mindestgrö­ße für die Polizeiaus­bildung, würde sie heute womöglich Streife fahren und dabei zu Liedern ihrer Lieblings-Musicals mitsummen. Heute singt die ehemalige Friedberge­rin selbst auf den großen Bühnen. Wer in einer Familie wie der ihren aufwächst, der hat fast keine andere Wahl, als selbst mit der Musik zu beginnen. Ihre Mutter Christiane ist Flötistin, ihr Vater Karl-Heinz spielte in ihrer Kindheit als Klarinetti­st bei den Berliner Philharmon­ikern, ist mittlerwei­le Chefdirige­nt der Deutschen Staatsphil­harmonie Rheinland-Pfalz, Leiter der Oper in Oslo und künstleris­cher Leiter des Friedberge­r Musiksomme­rs.

„Ich weiß nicht, was ich mit dem Kind machen soll, die schaut die ganze Zeit nur aus dem Fenster und singt“, soll ihre damalige Grundschul­lehrerin ihren Eltern am Elternspre­chtag anvertraut haben. Schon als Kind sagte Anne allen, sie wolle Sängerin und Schauspiel­erin werden. „Ich erinnere mich, als ich sieben oder acht war, da haben wir eine Verwandte besucht und dort das Musical „Cats“geschaut. Ich war so furchtbar fasziniert.“Später bekam sie eine CD zum Musical geschenkt. Die darauffolg­enden Nächte verbrachte das Mädchen wach, den drei Liedern auf der Platte in ihrem Discman in Dauerschle­ife lauschend. „Das war so der Punkt, da habe ich gesagt: Das will ich auch.“

Nur dem Wunsch ihrer Eltern, klassische­r Musik nachzugehe­n, wollte sich Anne nicht sofort beugen: „Später habe ich dann in einer Rockband gesungen, davon war mein Vater nicht so begeistert“, lacht die heute 30-Jährige. Parallel zu den Proben tauschte sie zweimal in der Woche ihre Straßen- gegen Gymnastiks­chuhe, turnte beim TSV Friedberg im Turngruppe­nmeistersc­hafts-Team, lernte dort, die Bühne zu lieben. Zu den Wettkampfk­ategorien zählte neben Schwimmen, Turnen, Tanzen und Laufen auch Annes Leidenscha­ft, das Singen. Um das Team auf seinen A-cappellaAu­ftritt vorzuberei­ten, half auch Annes Vater als Gesangsleh­rer einen Sommer lang aus.

Mit 19 führte das Studium Anne weg nach Nürnberg, den Master in Operngesan­g absolviert­e sie in Berlin. Heute ist Anne Steffens freiberufl­ich am Mecklenbur­gischen Staatsthea­ter. Eine ihrer momentanen Rollen ist die Malerin Ane Kranz, in einem Bühnenstüc­k basierend auf dem Roman „Vor dem Fest“von Sasa Stanisic. In Schwerin laufen die Proben für die Premiere am 22. September. Unter anderem bedeutet das auch Schweiß vergießen: „Singen ist wie eine Sportart, die man trainieren muss. Man muss nicht nur die Stimme schulen, sondern auch körperlich fit bleiben.“

Nach ihren Auftritten, wenn Anne Steffens zurück in ihre Wohnung in Berlin kommt, ist sie dann eine durchschni­ttliche 30-Jährige. Am Abend versucht sie, sich zwischen Schaumblas­en vom Rummel zu erholen, verbringt ihn am liebsten in der Badewanne, Serien schauend, mit dem Laptop auf dem Wäschekorb. Oder sie geht aus, trifft Freunde. In ihrem Urlaub fliegt sie in die Türkei, die Familie ihres Verlobten besuchen und am Strand erholen. Und immer dann, wenn Zeit dafür ist, kommt sie auch nach Friedberg zurück, in der Hoffnung, irgendwann doch wieder in der alten Heimat sesshaft zu werden: „Wenn Friedberg eines Tages ein Opernhaus hat, dann werde ich ganz sicher wieder hier wohnen.“Und bis dem so ist, können ihre Friedberge­r Freunde und Fans Anne auf anderen Bühnen sehen. Zum Beispiel im Dezember bei ihrem Debüt als Rosina in „Der Barbier von Sevilla“im Cuvilliés-Theater München.

 ?? Foto: Sabine Haymann ?? Anne Steffens in der Operette „Die Blume von Hawaii“. Demnächst ist sie in weiteren Rollen am Mecklenbur­gischen Staatsthea­ter in Schwerin und im Cuvilliés Theater in München zu sehen.
Foto: Sabine Haymann Anne Steffens in der Operette „Die Blume von Hawaii“. Demnächst ist sie in weiteren Rollen am Mecklenbur­gischen Staatsthea­ter in Schwerin und im Cuvilliés Theater in München zu sehen.

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