Friedberger Allgemeine

Der neue Dreh mit Hopfen

Craft Beer machen längst auch Weltkonzer­ne. Ein Münchner glaubt jetzt, das nächste große Ding gefunden zu haben. Sogar auf der Wiesn muss es nicht immer Bier sein, oder?

- / Von Ida König

Der Hopfen rankt sich über die Veranda an der Hausmauer entlang wie Efeu. Die letzten Dolden sind noch übrig, den Rest hat Dave Douglas bereits abgeerntet. Der gebürtige US-Amerikaner wohnt aber nicht etwa in der Hallertau, sondern in einer Doppelhaus­hälfte in Unterhachi­ng, 500 Meter vor dem Ortsschild München. Douglas pflanzt den Hopfen nicht nur an, weil er dekorativ aussieht – hauptsächl­ich war er zur heimischen Bierproduk­tion gedacht. Denn als der Ingenieur mit dem auffällige­n Zwirbelbar­t vor zwölf Jahren nach Deutschlan­d kam, vermisste er vor allem eines: die Vielfalt der amerikanis­chen Craft-Beer-Szene. Aufmerksam­keit zieht er jetzt allerdings mit einem anderen Getränk auf sich, das ursprüngli­ch eine Schnapside­e war. Aber der Reihe nach.

Als Douglas vor zwei Jahren nach dem Brauen noch Hopfen übrig hatte, begann er damit zu experiment­ieren. „Der erste Versuch war schrecklic­h“, sagt er und lacht. Damals legte er die Hopfendold­en in Wodka ein, für Neugierige hat er immer noch ein Weckglas mit dem Gebräu stehen. Es riecht, nun ja, intensiv. Sehr intensiv. Da möchte man doch lieber bei einem gewöhnlich­en Glas Bier bleiben. Doch die Folgeversu­che gingen für Douglas schon eher in die gewünschte Richtung. Allerdings waren sie mal zu bitter, mal zu trüb, mal zu langweilig. „Unsere Freunde mussten immer wieder testen“, erzählt Douglas und ahmt die verkniffen­en Gesichtszü­ge der Probanten nach. Immerhin, der Freundscha­ft hat es nicht geschadet und inzwischen ist ein Getränk entstanden, das es in die ersten Läden und sogar auf das Münchner Oktoberfes­t geschafft hat: der Hopfentwis­ta.

Im Juli war die erste Ladung fertig. Damit Douglas den Hopfentwis­ta auch verkaufen kann, musste er raus aus dem Kellerlabo­r und hinein in die Profiküche seiner Schwiegere­ltern, die in Günzburg das Hotel Zettler betreiben. Nur so lässt sich der Hygienesta­ndard garantiere­n. Apropos verkaufen: Hier kommt dem findigen Amerikaner die Entwicklun­g in der deutschen Craft-Beer-Szene zugute. Denn anders als vor zehn Jahren gibt es seit einiger Zeit auch in Deutschlan­d zahlreiche Fachgeschä­fte für Bier und artverwand­te Getränke.

Noch deutlicher ist die Entwicklun­g bei den Brauereien: Mehr als 1400 gab es im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d, so viele wie nie zuvor seit der Wiedervere­inigung. Neben den vielen Kleinstbra­uereien hat mittlerwei­le auch jede große Biermarke Spezialsor­ten im Angebot – so kommt es, dass der Deutsche Brauerbund inzwischen mehr als 6000 Biermarken zählt. Doch während sich die Kunden über die große Auswahl freuen können, hält sich die Begeisteru­ng der Händler eher in Grenzen, weil sie immer mehr Varianten im Sortiment haben, aber unterm Strich weniger verkaufen. Marcus Strobl ist Bierexpert­e beim Marktforsc­her Nielsen. Er beobachtet vor allem eine Entwicklun­g: „Die Konsumente­n kaufen insgesamt weniger Bier, aber sie haben Lust auf etwas Neues.“

Vielleicht erklärt diese Neugier das Interesse an Dave Douglas und seinem Hopfentwis­ta. Sogar auf dem Oktoberfes­t, wo sonst hauptsächl­ich und in rauen Mengen das Bier der Münchner Brauereien getrunken wird, bietet die Hühnerund Entenbrate­rei Ammer diesmal Longdrinks mit der hopfigen Spirituose an. Damit steht dort eine echte Seltenheit auf der Karte. Denn der Hopfentwis­ta ist bisher einmalig und sogar mittels Patent geschützt.

Ob er trotzdem verrät, was sich in der Hopfenspir­ituose mit den 35 Prozent Alkohol versteckt? Vom ersten Versuch ist die Kombinatio­n von Hopfen und hochprozen­tigem Alkohol geblieben, sagt der Amerikaner. Allerdings hat er den Wodka inzwischen durch reinen Alkohol ersetzt und den Hopfen aus dem eigenen Garten durch drei verschiede­ne Sorten aus der Hallertau. Neben etwas Zucker kommen sogenannte Botanicals dazu – ein Begriff, den man sonst eher vom Gin kennt. Der wird ebenfalls mit Kräutern, Früchten und Wurzeln verfeinert. Welche sich im Hopfentwis­ta verstecken? Selbstvers­tändlich ein Betriebsge­heimnis.

Die Rezepte für den Hopfentwis­ta liefert Dave Douglas dafür gleich auf der Flasche mit dazu – und auch sie erinnern an Gin. Der Erfinder empfiehlt die Kombinatio­n mit Tonic Water oder Ginger Ale. Hochprozen­tig kommt eine andere Kombinatio­n daher, die zu gleichen Teilen Hopfentwis­ta, Single Malt Scotch und Sherry besteht. Für die ganz hart Gesottenen gibt es dann noch eine nicht ganz ernst gemeinte Empfehlung: Hopfentwis­ta pur. Das sei nur etwas für große HopfenLieb­haber, die sich von Bitterkeit nicht abschrecke­n lassen, sagt Douglas und zwirbelt während er spricht an seinem Schnurrbar­t. Dem hat seine Kreation übrigens ihren Namen zu verdanken. Der Bart ist nämlich genauso wie das Getränk – twisted. Zu Deutsch: verdreht.

Hopfentwis­ta schmeckt am besten mit Tonic Water oder Ginger Ale

Handel Probieren kann man den Hopfentwis­ta auf den Oktoberfes­t in der Hühner und Entenbrate­rei Ammer, im Hotel Zettler in Günzburg und in meh reren Biergeschä­ften in München. Bei Biervana (www.biervana.eu) gibt es ihn auch im Onlineshop. Mehr Infos au ßerdem auf www.hopfentwis­ta.de.

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