Schnellzüge als Terrorziel?
Sprengsätze mit radioaktivem Material sind der Albtraum aller Sicherheitsbehörden. So wollen Forscher Terror-Attentäter rechtzeitig erkennen
Es ist eines der schlimmsten denkbaren Szenarien: Terroristen zünden in einem voll besetzten Zug eine schmutzige Bombe. Bei solchen Sprengsätzen ist dem herkömmlichen Sprengstoff radioaktives Material beigemischt, das die Umgebung und alle Lebewesen nach der Explosion verseucht. Erst vor kurzem hat ein Sprecher des Bundeskriminalamtes der Funke-Mediengruppe bestätigt, dass die Terrororganisation Al-Kaida im Internet zu Anschlägen auf den Schienenverkehr im Westen aufgerufen habe.
Auch in einem einschlägigen, dem „Islamischen Staat“nahestehenden Forum sei darüber diskutiert worden, Züge zum Entgleisen zu bringen. Eine konkrete Bedrohung gebe es aber nicht. Allerdings hat der IS früher auch schon verkündet, radioaktives Material zu besitzen. Solche Materialien sind weitverbreitet, in vielen großen Krankenhäusern, Forschungseinrichtungen oder Industrieanlagen gibt es die entsprechenden Radioisotope. „Fünf Gramm Cäsium – verteilt mit einigen Kilogramm Sprengstoff – reichen aus, um einen Schaden in Milliardenhöhe zu verursachen, ganz zu schweigen von den psychosozialen und gesundheitlichen Folgeschäden. Zwar riskieren potenzielle Bombenbauer den Strahlentod, das dürfte Terroristen jedoch nicht abschrecken“, so Prof. Dr. Wolfgang Koch vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) in einer Pressemitteilung seines Instituts.
Die Gefahr ist also abstrakt, aber durchaus real. Darum arbeiten die Forscher am FKIE an einem System, das potenzielle Attentäter, die etwa auf dem Gedränge eines Bahnsteigs eine schmutzige Bombe bei sich tragen, automatisch erkennt. Das Forschungsprojekt ist Teil eines größeren Programms zum Schutz der Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Deutschland und Frankreich, die unter anderem auch in Augsburg und Ulm halten.
Alle Stoffe, die für eine schmutzige Bombe infrage kommen, senden Gammastrahlen aus. Das machen sich die Forscher zunutze. sie kombinieren Sensoren, die diese Strahlungsart entdecken mit einem Kamerasystem aus der ComputerspielTechnik. So können einzelne Personen unterschieden und eventuelle Strahlungsquellen genau zugeordnet werden. In Zukunft soll das System sogar erkennen können, ob eine Person tatsächlich radioaktives Material mitführt – oder nur Strahlung abgibt, weil sie ein Medikament wie radioaktives Jod einnimmt.
Die eigentliche Arbeit erledigt ein Computer, das System ist somit ein Beispiel für die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Sicherheitstechnik. Weil die Identität der Reisenden dabei nicht festgestellt werden kann, ist die Technik aus Datenschutzgründen unbedenklich. Ist ein Gefährder ausgemacht, kann er aber mit weiteren Kameras und etwa einem Gesichtserkennungssystem auch biometrisch erfasst werden.
Künstliche Intelligenz soll Katastrophen verhindern