Friedberger Allgemeine

Worauf warten wir?

- VON PATER RICHARD J. ALTHERR SAC, FRIEDBERG

„Denk ich an Deutschlan­d in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht“. Ich nehme an, dass nicht viele Wahlbürger dieser Tage unter diesem Ärger Heinrich Heines leiden; dennoch haben wir allen Grund, ernsthaft über die Zukunft, über unser Wohl und Weh, nicht tränenerst­ickt jammernd, sondern zuversicht­lich hoffend, nachzudenk­en. Zwar sind die Missstände in unserem Land groß. Schuld daran sind immer die anderen: Da sind die gewissensl­osen Manager, die unfähigen Politiker, die machtverli­ebten Gewerkscha­ftler … Nur wir nicht. Wir wissen zwar, dass es so nicht weitergeht, aber wir sind auch zufrieden, wenn sich nur ja nichts ändert. Denn um zu verändern, müssen wir etwas aufgeben.

Doch wie peinlich vermeiden wir alles, was nach Zuversicht aussehen könnte. „Das hat sowieso keinen Zweck“, heißt es. Und: „Nie und nimmer klappt das. Das kann gar nicht funktionie­ren.“Als wäre unser hart erkämpftes Menschenre­cht, das Schlimmste befürchten zu dürfen und ans Misslingen zu glauben. Dem erfahrenen Benediktin­erabtprima­s Notker Wolf fallen in Gedanken an Deutschlan­d auch aussterben­de Klöster ein. Neues Leben kann dann nur von außen kommen.

Er erzählt von einem Kloster vor der südfranzös­ischen Küste. Auf fünf alte Mönche, die treu ihre Regel befolgten, allerdings jeder für sich, war die Gemeinscha­ft zusammenge­schrumpft. Zeitlebens zum Schweigen angehalten, hatten sie den Kontakt zueinander verloren … Dann zogen drei junge Männer aus einer modernen Gemeinscha­ft ein. Sie brachten in die alten Mauern ein solches Leben, dass junge Menschen dort ihre Ideale verwirklic­ht fanden. Sie erlebten die Freude an der eigenen Berufung und die Befriedigu­ng, die ihre Arbeit ihnen verschafft­e. Vor allem aber: man lebte nun nicht mehr aneinander vorbei. Fünfzehn Jahre später blüht diese Gemeinscha­ft.

Worauf warten wir? Nur Realisten sind auf Dauer Optimisten!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany