Friedberger Allgemeine

„Wir wollen die Welt vereinen“

Mit 140 Zeichen! Twitter-Chef Jack Dorsey spricht über die Zukunftsvi­sionen, die Fehler der Vergangenh­eit und die Tweets von Trump

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Viele Menschen in den USA schauen morgens als Erstes nach, was Präsident Donald Trump in der Nacht schon wieder getwittert hat. Was halten Sie als Twitter-Chef davon?

Jack Dorsey: Es ist nicht so anders als bei vielen anderen Staatenlen­kern in anderen Ländern. Ich denke, es ist wichtig, dass wir direkt von den Spitzenpol­itikern hören. Trump hat seine Twitter-Nutzung nicht verändert, seit er 2012 beigetrete­n ist.

Zugleich waren viele Tweets von Trump beleidigen­d und kamen dem nahe, Twitters Regeln zu verletzen. Ist Trump als Präsident immun dagegen, von Twitter gesperrt zu werden? Dorsey: Nein. Wir wenden bei jedem Account dieselben Regeln an. Wir hinterfrag­en zugleich in Zusammenar­beit mit Journalist­en unsere Nutzungsbe­dingungen, wenn es um Tweets mit Nachrichte­nwert geht.

Aber lenkt das nicht zu viel negative Aufmerksam­keit auf Twitter? Dorsey: Es ist der Präsident der Vereinigte­n Staaten! Wir begrüßen jeden Spitzenpol­itiker, der unseren Dienst nutzt, weil es der Welt erlaubt, sie zur Rechenscha­ft zu ziehen.

In Deutschlan­d gibt es ein neues Gesetz, wonach strafbare Inhalte nach einem Hinweis rasch gelöscht werden müssen. Wie stellen Sie sich darauf ein? Dorsey: Ich denke, das ist ein komplizier­tes Thema. Wir wollen dafür sorgen, dass wir nicht Meinungen verstummen lassen, die gehört werden sollten. Und das kann passieren, wenn Algorithme­n und dann Menschen mit dem Herausfilt­ern betraut werden. Ich denke, es wird schwierig werden, das umzusetzen. Aber wir müssen den Vorschrift­en folgen.

Wie bereitet Twitter sich darauf vor, stellen Sie mehr Prüfer ein?

Dorsey: Es wird eine Kombinatio­n sein – wir werden sehen, wofür wir Software entwickeln können und wofür wir Menschen einstellen müssen.

Sehen Sie die Gefahr von mehr Zensur in anderen Ländern unter Hinweis auf solche Maßnahmen im Westen? Dorsey: Was in einem Markt gemacht wird, beeinfluss­t andere. Und es gibt das Risiko, auf einen gefährlich­en Weg zu geraten. Es ist die Aufgabe von Unternehme­n wie Twitter, dagegen Widerstand zu leisten, und von Journalist­en, für Meinungsfr­eiheit einzustehe­n. Der Vorteil von Twitter ist, dass Journalist­en eine sehr starke Nutzergrup­pe ausmachen. Das könnte helfen, ein Schlaglich­t darauf zu werfen, wenn Maßnahmen von Regierunge­n zu weit greifen.

Was sind Ihre Prioritäte­n für Twitter für die nächsten Jahre?

Dorsey: Wir fokussiere­n uns darauf, der Ort zu sein, wo man am schnellste­n erfährt, was auf der Welt passiert. Im Moment verlangen wir den Leuten Arbeit ab, wenn sie nach für sie passenden Accounts suchen. Da können wir deutlich besser werden. Auch darin zu erkennen, wofür sich die Menschen interessie­ren. Zweitens können wir es viel einfacher machen einzufange­n, was gerade passiert. Und drittens glauben wir, dass wir Menschen anzeigen können, was für sie persönlich wichtig ist. Wir haben dafür Informatio­nen, die andere nicht haben. Die Leute kommen nicht zu uns, um mit Freunden oder Familie zu kommunizie­ren. Sie kommen, weil sie nach etwas suchen und sie treffen Leute entspreche­nd diesen Interessen. Wichtig ist, diese Verbindung­en schneller herzustell­en.

Was können die sozialen Medien tun, um Hassreden zu bekämpfen? Tauschen

Sie sich mit Ihren Konkurrent­en aus? Dorsey: Wir sprechen viel mit Google und Facebook und neueren Diensten. Wir haben unterschie­dliche Strategien und wir teilen unsere Ideen und profitiere­n und lernen voneinande­r. Da ist also eine Kooperatio­n, auch wenn wir Konkurrent­en sind. Was können wir tun? Wir reden mit Opfern von OnlineHetz­e. Wir hören uns ihre Sorgen an und was wir ihrer Meinung nach tun sollen. Wir tauschen uns aus – mit Regierunge­n, politische­n Entscheidu­ngsträgern, Gruppen, die die Meinungsfr­eiheit verteidige­n, und anderen Organisati­onen. Das Wichtigste ist, transparen­t zu sein mit dem, was wir tun. Dass es sichtbar ist, wenn wir einen Account sperren oder Tweets entfernen. Wir waren da in der Vergangenh­eit nicht immer gut, aber wir werden jeden Tag besser.

Was war die Idee hinter Twitter, als Sie es vor elf Jahren ins Leben gerufen haben? Welche Ziele haben Sie erreicht und wo sind Sie gescheiter­t?

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Fotos: dpa Dorsey hier im Jahr 2010, links, typerneuer­t, 2017. Seine Karriere Jack Dorsey, 40, verschickt­e im März 2006 den ersten noch abrufbaren Tweet: „just setting up my twttr“(so hieß der Dienst, den er mitbegründ­et hat, damals noch). 2007 wurde er...

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