Friedberger Allgemeine

Die Sprache Hollywoods

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Otto Preminger war wieder in Hollywood. Der deutschspr­achige Ungar war den Nazis nach Hollywood ausgewiche­n, hatte die Filmstadt dann jedoch im Streit verlasen. Jetzt aber, im Jahr 1942, gewann seine Hollywood-Karriere als Schauspiel­er und Filmregiss­eur neuen Schwung. Ein viel gefragter, viel besuchter Migrant, der seine Wurzeln nie verleugnet­e: Als ihn eine Reisegrupp­e aus der alten Heimat besuchte und ihn auf englisch an- sprach, sagte Preminger: „Leute, wisst ihr nicht, dass ihr in Hollywood seid? Sprecht deutsch!“

Tatsächlic­h war damals in Hollywood Deutsch eine gängige Umgangsspr­ache – dank der vielen Kulturscha­ffenden, Juden und Nichtjuden, die dem Ungeist der Nazis nach Amerika und oft nach Los Angeles entflohen sind. Einige kamen – in weiser Voraussich­t? – schon in den zwanziger Jahren. Neben Otto Preminger (Der Mann mit dem goldenen Arm; Bonjour Tristesse) waren da die Regisseure Fritz Lang, Ernst Lubitsch und Erich von Stroheim. Arnold Schönberg brachte seine neue Musik nach Hollywood. Erich Korngold (Die tote Stadt) verdingte sich als Filmkompon­ist. Die Großen der Literatur waren da, die Gebrüder Mann, Bert Brecht, Franz Werfel und Lion Feuchtwang­er. Sie alle fanden – mehr oder weniger glücklich – in und um Hollywood eine Bleibe. Einige für immer, andere auf Zeit. Heinrich Mann kam in Santa Monica, das er als ein „Tahiti in Großform“abtat, gar nicht zurecht. Sein Bruder Thomas führte von Pacific Palisades aus eine literarisc­he Schlacht gegen die Nazis, kehrte aber später nach Europa zurück. Bert Brecht wurde in den Fünfzigern vom Kommuniste­njäger McCarthy verfolgt und verließ das Land, das seine geistige Freiheit verloren hatte. Und das sind nur die ganz großen Namen. Jede Menge Drehbuchau­toren und Kameraleut­e, die aus Mitteleuro­pa an den Pazifik gekommen waren, sorgten mit dafür, dass Preminger seine Besucher etwas kess auffordern konnte, die Sprache Hollywoods, also Deutsch, zu sprechen. Sogar der Anfang der Filmstadt Hollywood hatte eine starke deutsche Note: Der Schwabe Karl Lämmle, ein Amerika-Auswandere­r und Filmpionie­r, hatte als Carl Laemmle das sonnige und damals preisgünst­ige Dorf Hollywood als idealen Ort für Film-Produktion­en entdeckt. Viele deutsche Akzente also. Trotzdem gibt es nichts Amerikanis­cheres als Hollywood.

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