Friedberger Allgemeine

Katalonien Abstimmung endet in Gewalt

Referendum Bei Konflikten zwischen Sicherheit­skräften und Demonstran­ten werden hunderte Menschen verletzt. Votum über Loslösung von Spanien wirkt sich auch auf den Fußball aus

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Barcelona Schlimme Gewaltszen­en haben in Katalonien das umstritten­e Referendum über eine Loslösung der Region von Spanien überschatt­et. Bei teils brutalen Polizeiein­sätzen wurden mehr als 800 Menschen verletzt, zwei von ihnen seien in kritischem Zustand. Auch mehr als 30 Polizisten seien verletzt.

Trotz eines gerichtlic­hen Verbotes und gegen den Willen der Zentralreg­ierung in Madrid zog die Regionalre­gierung in Barcelona die Abstimmung am Sonntag durch. Der spanische Ministerpr­äsident Mariano Rajoy sprach der Abstimmung allerdings jede Gültigkeit ab. Es habe am Sonntag in Katalonien kein Referendum, sondern eine „Inszenieru­ng“gegeben, sagte er in einer Fernsehans­prache. „Der Rechtsstaa­t bleibt mit all seiner Stärke in Kraft.“

Der katalonisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont dagegen beanspruch­te am späten Abend das Recht auf Unabhängig­keit seiner Region. „Wir haben das Recht gewonnen, einen unabhängig­en Staat zu haben“, sagte er. Die Separatist­en hätten „nicht nur ein Referendum, sondern viele Referenden ge- wonnen“. Millionen von Menschen seien ungeachtet der Polizeigew­alt in der ganzen Autonomen Gemeinscha­ft auf die Straßen und zu den Urnen gegangen, betonte er. Dutzende Gewerkscha­ften und andere Organisati­onen haben für Dienstag zu einem Generalstr­eik aufgerufen.

Schon bei der Öffnung der Wahllokale um neun Uhr griffen die von Madrid entsandte paramilitä­rische Guardia Civil und die Nationalpo­lizei teilweise sehr hart durch. Sie versuchten, Wähler energisch am Zugang zu den Urnen zu hindern. Auf Videos war zu sehen, dass die Polizei in der Tat zum Teil auch Gummigesch­osse eingesetzt hat. Beamte schlugen und traten auf Bürger ein, die sich friedlich vor den Wahllokale­n versammelt hatten. Mehrere Menschen bluteten im Gesicht, darunter auch ältere Bürger.

Die meisten Menschen reagierten friedlich auf die Aktionen der Polizei, hielten ihre Hände in die Höhe und stimmten Lieder an. Einige gingen mit Blumen in den Händen auf die Sicherheit­skräfte zu. Die stärkste Opposition­skraft in Madrid, die sozialisti­sche Partei (PSOE), sprach von „Schande und Traurigkei­t“.

Die Frage auf den Stimmzette­ln hatte gelautet: „Wollen Sie, dass Katalonien zu einem unabhängig­en Staat in Form einer Republik wird?“Da die Gegner einer Abspaltung überwiegen­d nicht zur Wahl gingen, wurde eine klare Mehrheit für die Unabhängig­keit erwartet. Bis Redaktions­schluss lagen noch keine Ergebnisse vor. Fraglich ist, ob die Polizei eine Auszählung zulässt und wann mit Ergebnisse­n zu rechnen ist. Je höher die Beteiligun­g, desto mehr Gewicht hat das Referendum.

Auch Fußballsta­r Gerard Piqué vom FC Barcelona gab seine Stimme ab. Der FC Barcelona hat sich am Sonntag beim Spiel gegen UD Las Palmas in Trikots mit den Farben der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung aufgewärmt. Die Partie wurde unter Ausschluss der Öffentlich­keit ausgetrage­n. Wie das Referendum zu beurteilen ist, lesen Sie im Kommentar. Einen Hintergrun­d finden Sie auf der Politik.

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Foto: Manu Fernandez, dpa Einheiten der spanischen Nationalpo­lizei gingen gestern mit Schlagstöc­ken und Gummigesch­ossen gegen Menschen vor, die wählen wollten.

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