Friedberger Allgemeine

Damit alle Augsburger am Alltag teilhaben können

Interview Viele Menschen mit Behinderun­g stoßen in der Stadt noch immer auf Hürden. Jeder kann dazu beitragen, dass sich dies ändert. Die Stadt hat eine Aktion gestartet, an der alle Bürger teilnehmen können

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Augsburg ist an vielen Stellen nicht barrierefr­ei. Wo gibt es Handlungsb­edarf?

Andrea Bayer: An vielen Orten wird derzeit etwas getan. Die Stadtwerke richten immer mehr barrierefr­eie Haltestell­en ein, das Standesamt erhält einen Aufzug, der Bahnhof wird barrierefr­ei. Wo es noch hakt, will die Stadt derzeit durch eine Bürgerbete­iligung und eine Bürgerwerk­statt in Erfahrung bringen.

Suchen Sie dort weitere Beispiele, wo etwas getan werden muss.

Bayer: Ja, zum einen schon. Es gibt viele Orte in Augsburg, an denen Menschen mit Behinderun­g oder Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, Probleme haben – etwa am Hofgarten. Es gibt seitlich einen barrierefr­eien Eingang, wo auch Rollstuhlf­ahrer hineinfahr­en können. Doch der Gehweg ist oft durch Fahrräder versperrt. Dort kommt dann kein Rollstuhlf­ahrer mehr vorbei. Wir wollen bei der Erstellung des Aktionspla­ns etwas über die Bedürfniss­e von Menschen mit Behinderun­g erfahren.

Woran denken Sie da genau?

Bayer: Es gibt verschiede­ne Gruppen. Wir wollen herausfind­en, was eine werdende Mutter braucht, die erfahren hat, dass ihr Kind wahrschein­lich mit einer Behinderun­g auf die Welt kommen wird. Was benötigen Menschen mit Behinderun­g, die zwischen 20 und 40 sind, die von ihren Eltern ausziehen, einen Beruf ergreifen und eine Familie gründen wollen? Natürlich haben auch ältere Menschen mit Handicap besonderen Bedarf.

Der Aktionspla­n geht nicht nur Menschen mit Behinderun­g etwas an. Wer fällt noch in die Zielgruppe? Bayer: Schnell kann es passieren, dass man beispielsw­eise nicht so laufen kann, wie man will. Das kann an einer Operation liegen oder an einem Bandscheib­envorfall. Diese Personen freuen sich dann natürlich auch über Barrierefr­eiheit.

Die Erstellung eines Aktionspla­ns Inklusion ist in einem Stadtratsb­eschluss begründet. Wie kam es dazu?

Bayer: 2006 wurde die UN-Behinderte­nrechtskon­vention verabschie­det. 2008 ist sie in Kraft getreten. Sie besagt unter anderem, dass Voraussetz­ungen geschaffen werden müssen, damit Menschen mit Behinderun­g die Teilhabe an einem Leben ermöglicht wird, das Menschen ohne Behinderun­g als normal ansehen. Das betrifft alle Lebensbere­iche wie Leben, Wohnen, Arbeiten, Familie. Es wurden daraufhin auch in Deutschlan­d auf unterschie­dlichen Ebenen Gremien gegründet, die sich dieser Aufgabe widmen. Der Augsburger Stadtrat beschloss 2014, einen städtische­n Aktionspla­n zu erarbeiten. Dafür wurde meine Stelle geschaffen.

Was haben Sie vorher gemacht? Bayer: Ich war bei der Caritas in der Seniorenfa­chberatung und in der allgemeine­n Sozialbera­tung beschäftig­t. Seit dem 1. Juli 2016 bin ich im städtische­n Sozialrefe­rat in der Fachstelle Inklusion tätig.

Was ist bislang passiert?

Bayer: Es wurde ein Beraterkre­is gegründet, dem Vertreter aus Politik, Verwaltung, verschiede­nen Trägern von Beratungss­tellen angehören. Insgesamt sind das 35 Personen, die sich regelmäßig getroffen haben und an dem Aktionspla­n arbeiten. Seit Mitte September gibt es einen Fragebogen, der sowohl im Internet zu finden ist, als auch in Papierform ausgefüllt werden kann (siehe Info).

Was wird dort beispielsw­eise erfragt? Bayer: Ob es gute Wohnbeispi­ele für Menschen mit Behinderun­g gibt, welche Wünsche es in Sachen Mobilität und Bildung in der Stadt gibt, ob man sich sozial gut eingebunde­n fühlt ...

Was passiert in der Bürgerwerk­statt und für wen ist sie gedacht?

Bayer: Jeder interessie­rte Bürger mit und ohne Behinderun­g kann daran teilnehmen. Bei der Bürgerwerk­statt wird beispielsw­eise Autor Florian Sitzmann einen Vortrag halten. Er ist Leistunssp­ortler am Handbike. Es wird Arbeitsgru­ppen zu den Handlungsf­eldern Wohnen und Leben, Mobilität, Gesundheit, Bildung und Lernen, Kultur und Freizeit und Arbeit und Beschäftig­ung geben. Den musikalisc­hen Abschluss bildet das inklusive Duo Tiefenbach­er und Weh.

Interview: Miriam Zißler

Andrea Bayer, 46, arbeitet in der Fachstelle Inklusi on im Amt für Soziale Leis tungen, Senioren und Menschen mit Behinderun­g.

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