Friedberger Allgemeine

Nur wenige vermissen den Marktsonnt­ag

Wochenende Das Turamichel­e-Fest zog tausende Besucher in die Innenstadt. Viele waren sogar froh, dass die Geschäfte nicht geöffnet hatten. Für die Belebung der Innenstadt könnte dies Konsequenz­en haben

- VON ANDREA WENZEL

In den vergangene­n drei Tagen hatte der Heilige Michael jede Menge zu tun. Von Freitag bis Sonntag erschien er zwischen 10 und 18 Uhr stündlich in der kleinen Nische am Perlachtur­m und kämpfte im Rhythmus der schlagende­n Turmuhr gegen das Böse. Über mangelnden Zuspruch durfte er sich dabei nicht beschweren: Allein am Michaeli-Tag, dem Freitag, kamen 1700 Kinder aus Schulen und Kindergärt­en zum Turamichel­e-Fest auf den Rathauspla­tz und sahen sich das Schauspiel an.

Einer der Besucher war der vierjährig­e Linus Mayr, der sich am Sonntag am Stand einer Krankenkas­se zu einem kleinen Tiger schminken ließ. „Toll“, finde er es hier, erzählte er und auch seine Mutter war angetan. „Ein schönes Programm für die Kleinen und diesmal war auch nicht ganz so viel los.“Damit spielte Kathrin Mayer auf den Marktsonnt­ag rund ums Turamichel­e an, den es in diesem Jahr wegen eines Gerichtsur­teils nicht mehr gab.

„Wenn der Marktsonnt­ag heute stattgefun­den hätte, wäre das in Ordnung gewesen, aber vermissen tue ich ihn nicht“, sagt auch Tanja Dörner aus Augsburg. Für Sabine Grießhaber war der Wegfall der Sonntagsöf­fnung sogar ein entscheide­nder Grund, mit ihren beiden Jungs zum Turamichel­e zu kommen: „Da ist nicht so viel los und al- les etwas ruhiger“. Auch ihre Freunde aus Tübingen fanden es nicht schlimm, dass sie Augsburg nur mit geschlosse­nen Geschäften erleben können. „Die Stadt ist auch so schön“, meint Michael Schneider.

So und ähnlich antwortete­n auch viele andere Besucher. Nur wenige gaben an, sich den Marktsonnt­ag zurückzuwü­nschen. Zwei Familien waren über die geschlosse­nen Geschäfte allerdings verärgert. „Wir sind extra aus Ulm hierher gekommen, weil wir im Internet gelesen haben, dass heute in Augsburg die Läden geöffnet haben“, erzählt Familie Benz. Auch Petra Vogel ist mit Tochter Lena von Merching hergefahre­n, weil sie sich auf Angaben aus dem Internet verlassen hatte. „Die Enttäuschu­ng ist nun schon groß“, so Petra Lange.

Während Familie Lange ihre Informatio­nen von einer Seite hat, die Marktsonnt­agstermine aus ganz Deutschlan­d sammelt und auflistet, hatten sich die Benz’ auf der Seite der City Initiative Augsburg (CIA) informiert. Dort wurde in der Überschrif­t eines Artikels tatsächlic­h auch am Sonntagmit­tag noch für das Turamichel­e-Fest mit ShoppingSo­nntag 2017 geworben. Für Heinz Stinglwagn­er, Geschäftsf­ührer der CIA, ein ärgerliche­r Fehler. „Das war natürlich ein Versehen. Das tut uns leid. Wir entschuldi­gen uns natürlich bei den Familien.“Abgesehen von diesem Vorfall sei er jedoch mit dem Verlauf der Veranstalt­ung sehr zufrieden.

Das Konzept, das Turamichel­eFest in diesem Jahr alternativ auf drei zusammenhä­ngende Tage auszuweite­n, sei eine gute Lösung gewesen. „Zusammen mit der Dult und der Oldtimer-Rallye war das ein schönes Gesamtkonz­ept zur Belebung der Innenstadt“, ist er überzeugt. Die vielen Besucher hätten auch deutlich gemacht, dass die Veranstalt­ungen für sich genommen so stark seien, dass sie einen Marktsonnt­ag rechtferti­gen können. Das war nämlich der Knackpunkt für das Urteil des Gerichts gewesen.

Wie viel Menschen an den drei Tagen tatsächlic­h den Weg in die Innenstadt gefunden haben, kann Stinglwagn­er nicht sagen. „Eine Schätzung wäre unseriös. Wir wollen das erst anhand von Fotos zusammen mit der Polizei auswerten“, erklärt er. Es seien zwar sicher weniger, als in den letzten Jahren mit dem Marktsonnt­ag, aber immer noch eine beachtlich hohe Zahl. Besonders stark sei der Zuspruch am Samstag gewesen. „Da war die Stadt richtig voll und ich habe auch von vielen Händlern ein positives Feedback bekommen“, sagt er. Am Samstag hatten einige Geschäfte die Aktionen durchgefüh­rt, die ursprüngli­ch für den Marktsonnt­ag geplant gewesen waren.

Auch die Anbieter der Mitmach-

Citiy Initiative will Fokus auf den Samstag legen

aktionen auf dem Rathauspla­tz ziehen ein positives Fazit. „Am Samstag hatten wir sehr viele Besucher und da war der Platz richtig voll“, erzählt Sandra Lößl vom Studienkre­is Augsburg. Nur der Freitag sei, vermutlich auch witterungs­bedingt, schwächer ausgefalle­n. Ähnlich bewertet die Lage Hans Graber von der IKK-Classic: „Am Samstag haben wir fast 300 Kinder geschminkt und hatten großen Zulauf. Auch der Sonntag war prima. Wir können nicht sagen, dass uns die nicht geöffneten Geschäfte Kunden gekostet hätten.“

Für Heinz Stinglwagn­er ist das eine wichtige Rückmeldun­g, wenn es um Fakten pro Marktsonnt­ag geht. „Welche Schlüsse wir jetzt daraus ziehen, können wir direkt nach dem Fest aber noch nicht sagen, das müssen wir noch auswerten.“Ein erster Eindruck habe jedoch die Idee belebt, neben der Marktsonnt­agsdebatte die Samstage künftig stärker in den Fokus zu rücken. „Hier könnte ich mir immer mal wieder ein spezielles Rahmenprog­ramm mit Aktionen vorstellen“, so der CIAMann. An diesem Wochenende kam das bei den Besuchern der Augsburger Innenstadt jedenfalls schon mal gut an.

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Fotos: Annette Zoepf, Valterio D’Arcangelo Tausende Besucher kamen auch in diesem Jahr zum Turamichel­e Fest. Manche fanden es sogar gut, dass die traditione­lle Veranstalt­ung nicht durch einen Marktsonnt­ag flankiert wurde. Wie berichtet, hatte ein Ge richtsurte­il der Stadt untersagt, am Sonntag...
 ??  ?? Die Oldtimer Rallye lockte am Sonntag viele Besucher in die Innenstadt. Veranstal tungen wie diese sollen die Innenstadt auch am Wochenende beleben.
Die Oldtimer Rallye lockte am Sonntag viele Besucher in die Innenstadt. Veranstal tungen wie diese sollen die Innenstadt auch am Wochenende beleben.

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