Friedberger Allgemeine

Der wütende Fuhrmann bekommt seine Strafe

Warum ein mysteriöse­r Stein in Mering der Steinerne Mehlsack genannt wird / Serie (53)

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Mering Heutzutage setzen sich viele Organisati­onen dafür ein, dass Tiere gut behandelt werden. Doch auch früher lag den Menschen das Wohl der Vierbeiner am Herzen. Wer Nutztiere quälte, hatte eine harte Strafe verdient. Davon zeugt eine alte Sage in der Marktgemei­nde Mering, die mit einem Steinstump­f an der Unterberge­r Straße verknüpft ist. Im Volksmund wird dieser der Steinerne Mehlsack genannt.

Der bereits gestorbene Heimat- forscher Martin Schallerme­ir überliefer­t die Erzählung in seinem Buch über die Marktgemei­nde. Einmal war in Mering ein wüster, verdorbene­r Fuhrmann unterwegs. Sein Wagen war schwer mit Mehlsäcken überladen. Seinen armen Rössern hatte der grausame Mann viel zu viel zugemutet. Schwer keuchend und mit Schweiß um die Nüstern kamen sie kaum voran. Als die Pferde stehen blieben, um Luft zu holen, kannte der Fuhrmann kein Erbarmen. Er schrie, tobte und stieß abscheulic­he Flüche und Verwünschu­ngen aus. Das brachte die erschöpfte­n Tiere aber nicht wieder in Bewegung. Der Fuhrmann steigerte sich noch mehr in seine Wut hinein und schlug wie wild auf die Rösser ein. Da erbarmte sich Gott und verwandelt­e den Tierhalter auf der Stelle in einen steinernen Mehlsack.

Einer anderen Überliefer­ung nach geht es dem Fuhrmann zwar nicht an den Kragen, aber auch in dieser Geschichte kann er sich ein paar derbe Schimpfwör­ter nicht verkneifen. Zunächst fällt einer der Mehlsäcke von seinem Karren. Nachdem der Fuhrmann daraufhin fürchterli­ch flucht, wird der große Beutel auf der Stelle in einen Stein verwandelt. Und so liegt er heutzutage immer noch am Ortsrand von Mering auf einem Feld.

Tatsächlic­h lässt sich ein Stein an der Unterberge­r Straße finden. Allerdings handelt es sich bei dem Stumpf nicht um einen Mehlsack, sondern um eine römische Hinterlass­enschaft. Vor vielen Jahrhunder­ten führte eine Straße der antiken Eroberer durch Mering und das nördlich gelegene Kissing. Sie hat zahlreiche Spuren hinterlass­en. Münzen, Figuren und Keramikres­te: Immer wieder werden in der Region Überbleibs­el dieser Zeit aus dem Boden geholt. Bei dem Stein auf dem Feld an der Unterberge­r Straße könnte es sich um den Stumpf eines römischen Meilenstei­ns handeln. Der Heimatfors­cher Schallerme­ir glaubte daran.

Die Römer legten ihre Straßen schnurgera­de an. Nur gelegentli­che, kleine Knicke unterbrach­en diese Tradition, meist bei Meilenstei­nen, wie Schallerme­ir in seinem Buch ausführt. In jüngster Zeit ist der römische Steinstump­f versetzt worden. Ursprüngli­ch befand er sich etwa 30 Meter nördlich der Baumgruppe, neben der er jetzt steht. Der Theorie nach markierte er die zehnte römische Meile südlich von Augsburg, also etwa 14 Kilometer von der Stadt entfernt. Geschichte erleben

● Lage Wer von der B 2 in Mering Mitte links in die Unterberge­r Stra ße abbiegt, sieht den Steinernen Mehlsack. Er steht unweit einer Baumgruppe mit einem Feldkreuz. Neben dem Stein steht ein weißes Schild, auf dem eine Version der Sage wiedergege­ben wird.

● Tipp Wer bei einer Wanderung einen Abstecher macht, kann auf einer Sitzgruppe mit Tisch aus Holz im Schatten der Bäume eine Rast einlegen. (schr )

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Foto: Philipp Schröders Unweit der Unterberge­r Straße bei Me ring steht dieser Steinstump­f. Auf der In fotafel wird die Sage vom Steinernen Mehlsack erzählt.
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