Friedberger Allgemeine

Sie schreibt Eltern aus dem Herzen

Die Autorin Heidemarie Brosche stellt ihr neues Buch vor. Die Mutter und Lehrerin hat ganz neue Ansätze, wie Charakteri­sierungen wie „aggressiv“oder „langsam“zu sehen sind

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Friedberg „Mensch, die schreibt mir aus dem Herzen“oder „Die beschreibt doch mein Kind“war schon vor der Lesung der Autorin Heidemarie Brosche in der Friedberge­r Buchhandlu­ng Lesenswert zu hören. Die Mutter dreier erwachsene­r Söhne erzählte aus ihrem neu erschienen­en Buch „Mein Kind ist genau richtig, wie es ist“. Alexandra Behr von der Buchhandlu­ng Lesenswert kündigte sie mit den Worten an: „Sie hat den Zeitgeist erkannt.“Zu langsam, zu unordentli­ch, zu sensibel, zu still, zu laut – oft ertappen sich Eltern dabei, ihre Kinder in eine dieser Schubladen zu stecken, begann Brosche, „Mit Betonung auf das Wörtchen „zu“. Dabei verbärgen sich hinter den vermeintli­chen Schwächen oft große Stärken, ermutigte die Autorin die Eltern, ihre Kinder so anzunehmen, wie sie sind. „Ich möchte mit diesem Buch zeigen, dass Bemängelun­gen schaden und den Blick auf die Stärken verstellen können, die in den vermeintli­chen Schwächen stecken“, sagte die 62-jährige Lehrerin. Ein ganz klares Weg von der Defizitori­entierung.

Heidemarie Brosche ist Autorin zahlreiche­r Kinder-, Jugend- und Sachbücher und arbeitet als Teilzeit-Lehrkraft an der Schillersc­hule in Lechhausen. „Als meine drei Söhne geboren wurden, gönnte ich mit Erziehungs­urlaub“, erzählte sie. In dieser Zeit begann sie mit dem Schreiben. „Besonders wichtig ist mir, mit Humor, Selbstiron­ie und Augenzwink­ern zu schreiben, und so auch Lesemuffel zum Lesen zu plauderte die Mutter dreier Kinder. Und verriet: „Seither versuche ich nicht nur, meine Lehrerinne­nund meine Autorinnen­tätigkeit unter einen Hut zu bekommen, sondern bemühe mich um Synergieef­fekte, so oft es möglich ist.“Das heißt in ihrem Fall, sie leitet die AG Schreibwer­kstatt und die AG Schülerzei­tung (Redaktion Mittel- schule) an ihrer Schule. In ihrem neuesten Buch ermuntert Brosche Eltern, Zuschreibu­ngen wie „zu faul“oder „zu langsam“kritisch zu betrachten und sie mutig anders zu sehen. Schreibt ein Kind in den Augen seiner Lehrerin zum Beispiel zu langsam, könne das heißen, dass es ganz bei sich ist, sehr konzentrie­rt arbeitet und keine Flüchtigke­itsfehverl­ocken“, ler macht. Oder wird ein Kind als zu dominant und aggressiv beschriebe­n, könne das bedeuten, dass es auch durchsetzu­ngs- und willenssta­rk ist. Erkennen Eltern das Positive dieser Qualitäten, helfe das dem Kind, Selbstbewu­sstsein und Ichstärke zu entwickeln und sein SoSein zu akzeptiere­n. Fallbeispi­ele bekannter Persönlich­keiten belegen ihre Thesen. Nicht umsonst heißt der Untertitel ihres Buches: „Das Ermutigung­sbuch für Eltern“. So lautet auch das erste Kapitel: „Vom einzigarti­gen Geschenk Kind zur bewerteten Ware“– ein provokante­r Titel. „Ich habe diese Bewertunge­n und dauernden Vergleiche an mir selbst erlebt“, plauderte Brosche aus ihrer Vergangenh­eit. „Und ich ertappe mich heute noch manchmal dabei“, gestand sie. Wie in einem Urlaub, den sie mit ihrem Mann ganz ruhig verleben wollte. Als sie dann aber viele andere Gäste beim Nordic Walken, Radfahren oder Schwimmen sah, habe sie Vergleiche angestellt: „Vielleicht sollten wir auch was Aktives tun …“Dieses ewige Vergleiche­n bedeute gleichzeit­ig „ich erfülle die Erwartunge­n nicht“. Die Erwartunge­n der Eltern, der Schule, der Umwelt … Eine Besucherin erzählte von anderen Müttern, die spöttisch zu ihr gesagt hätten: „Was, dein Kind läuft noch nicht?“

Dieses Buch sei ein Appell, das Kind mit all seinen Eigenschaf­ten nicht nur zu akzeptiere­n, sondern zu unterstütz­en, so die Autorin. Denn eines sei klar: Die grundlegen­den Wesenszüge des Kindes könne man nicht so leicht ändern, auch wenn man noch so sehr daran herumkriti­siert. Und dabei meint Brosche nicht das Verhalten des Kindes zu hundert Prozent zu tolerieren, sondern die Charakterz­üge des Kindes. Die Autorin trennt da strikt zwischen Verhalten und Person. Und fordert alle Eltern auf, ein „schlechtes“(wie unpünktlic­hes oder aggressive­s) Verhalten der Kinder doch mal umzudeuten.

 ?? Foto: Christine Hornischer ?? Heidemarie Brosche ist Lehrerin und Autorin zahlreiche­r Bücher. Ihr aktuelles Buch heißt „Mein Kind ist genau richtig, wie es ist – Das Ermutigung­sbuch für Eltern“.
Foto: Christine Hornischer Heidemarie Brosche ist Lehrerin und Autorin zahlreiche­r Bücher. Ihr aktuelles Buch heißt „Mein Kind ist genau richtig, wie es ist – Das Ermutigung­sbuch für Eltern“.

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