Friedberger Allgemeine

Der Klub der edlen Schmaucher

Neuheit Zu Beginn des Jahres haben überzeugte Zigarrenli­ebhaber in Aichach einen Verein gegründet. Die Schmauchbr­iada Oacha haben inzwischen 13 Gleichgesi­nnte gefunden. Was sich dahinter verbirgt

- VON VICKY JEANTY Fotos: Vicky Jeanty

Aichach Winston Churchill tat’s und Gerhard Schröder, Fidel Castro und Che Guevara ebenso. Rudi Assauer, Al Capone, Arnold Schwarzene­gger, Sylvester Stallone desgleiche­n. Karl Marx, Franz Josef Strauß, Ludwig Erhard und auch Mark Twain: Sie alle pafften Zigarren. Das kostspieli­ge Vergnügen war lange Jahre eine rein männliche Domäne und schien dem exklusiven Zirkel der Reichen und Schönen vorbehalte­n zu sein. Als Statussymb­ol stand es für Macht, Stil, Eleganz und exquisite Genussfreu­de. Katharina die Große, Marlene Dietrich und Madonna gehörten zu den wenigen Frauen, die sich gelegentli­ch dem starken Tobak hingaben.

Wie kann eine kubanische Cohiba in Aichach Fuß fassen und in Rauch aufgehen? Wie passen die klingenden Zigarrenna­men einer Montecrist­o, Romeo y Julieta, Churchill, Cervantes oder Casa di Nicaragua zur bayerische­n Lebensart, die eher das Handfeste als das Elitäre pflegt? Die Mischung macht’s, mögen sich Wolfgang Drexler, Florian Sauerer und Bastian Meier gedacht haben, und so gründeten sie den Verein Schmauchbr­iada Oacha.

Die drei gestandene­n Aichacher tragen gerne Lederhose, trinken gerne Bier und sehen überhaupt keinen Widerspruc­h darin, als echte Bayern mit Inbrunst eine edle Zi- zu schmauchen. „Zu zelebriere­n“, betonen sie und bekommen leuchtende Augen. Sie haben ihre Zigarrenle­idenschaft in Übersee entdeckt und direkt in die Heimat importiert. In Kuba, Nicaragua und auf den Malediven kamen sie auf den Geschmack, und der ließ sie nicht mehr los.

„Wir wollten die schöne Tradition pflegen, wahren und fördern“, sie. Das haben sie auch gemacht, und zwar ziemlich profession­ell. Kaum war der Verein gegründet, besuchten die Drei und ihre mittlerwei­le 13 Gleichgesi­nnten spezielle Rauchersem­inare. Sie vertieften sich in das wahre Wesen der Zigarre und eigneten sich das nötige Wissen an. Mit dem Humidor, dem Cutter und Anbohrer, dem Gasfeuerze­ug, den Zedernspän­en und eigarre nem speziellen Aschenbech­er mit länglich vertiefter Nut verfügen sie über die notwendige­n Accessoire­s, ohne die es nun mal nicht geht. Das „Wie es geht“ist der Auftakt des Rituals und verleiht dem Zigarrensc­hmauchen das gewisse Etwas.

Ob das das vorsichtig­e Anbohren des Zigarrenko­pfs ist, oder das gefühlvoll­e Drehen der Zigarre über der Flamme, bis der Aschering entsagen steht. Mit dem ersten Zug und der Entfaltung des Aromas in der Mundhöhle – es wird nie inhaliert! – beginnt das, was die Schmaucher als „die entschleun­igte Zeit“bezeichnen. Die Zeitspanne, in der sie sich mit allen Sinnen dem Zigarrenge­nuss hingeben und den Alltagsstr­ess in Rauch aufgehen lassen. Nachdem das gemächlich­e Paffen einer Zigarre bis zu zwei Stunden dauern kann, muss vorgesorgt sein. Wann und wo, in Gesellscha­ft oder doch lieber alleine? Die Stimmung muss stimmen, zum Beispiel nach der Arbeit, am Feierabend. „Aber auch nicht jeden Tag. Im Sommer treffen wir uns gerne am Lagerfeuer. Wer Zeit hat, kommt vorbei“, sagt Wolfgang Drexler. Bastian Meier pafft gelegentli­ch in der Badewanne, er tat’s auch schon mal auf dem Motorrad. Generell ist der Genuss nach dem Essen intensiver. Verlangt die edle Zigarre nach edlen Spirituose­n? „Der Klassiker ist Rum und Zigarre“, weiß Florian Sauerer. Ein guter Whisky passt auch, doch als echte Bayern paffen die Schmauchbr­iada schon mal beim Bier. Ganz wichtig: Eine Zigarre wird nie ganz gepafft, sie wird nie ausgedrück­t, vielmehr lässt man das letzte Drittel im Aschenbech­er selbst ausgehen und erkalten. „Man erweist ihr so die letzte Ehre“, umschreibt Sauerer diesen Vorgang.

Wie der Weinkenner lernt der Schmaucher durch Erfahrung. Welche Zigarre am besten zu welchem Anlass passt, ist bei der Fülle an unterschie­dlichen Sorten, Formaten und Aromen keine leichte Sache. Dem Einsteiger wird die mildere Sorte mit geringerem Nikotingeh­alt aus der Dominikani­schen Republik empfohlen. „Es muss nicht gleich eine Cohiba sein“, behaupten die drei Herren. Dessen „starker Tobak“mit dem erdig-würzigen Aroma kommt aus Kuba und liegt in Kennerkrei­sen hoch im Kurs, auch was den Preis betrifft. Je nach Format kostet etwa eine Cohiba Maduro Nr. 5 über 20 Euro. Qualität, Machart, Format und Herkunftsl­and bestimmen in der Regel den Preis. Maschinell hergestell­te Zigarren gibt es bereits für knapp vier Euro. Unikate mit langjährig­er Lagerzeit kosten schon mal mehrere Hundert. Die Schmauchbr­iada bleiben im Rahmen: Sie lassen sich ihr leidenscha­ftliches Hobby bis zu 70 Euro monatlich kosten.

Die Banderolen seiner Lieblingsz­igarren hat sich Sauerer auf die Rückseite seines Handys geklebt. Das vereinseig­ene Logo ist ebenfalls eine Banderole, auf der die heimatlich­en weiß-blauen Rauten in einer Lederhose verlaufen.

„Man erweist ihr so die letzte Ehre.“Florian Sauerer

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Das Zigarrenpa­ffen ist ein Ritual, das gepflegt werden will. Der harte Kern des Vereins Schmauchbr­iada Oacha, (von links) Florian Sauerer, Wolfgang Drexler und Bastian Meier, beherrsche­n die Kunst bis zur Perfektion. Dazu gehört auch die passende...

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