Friedberger Allgemeine

Ab in die Pilze

Im Wald wachsen in diesem Jahr so viele Pilze wie schon lange nicht mehr. Die Fachberate­rin Sabine Mengel erklärt Sammlern, woran das liegt und worauf sie bei der Suche achten sollten

- VON ANNA SCHMID

2017 ist ein Pilzjahr, auch im Wittelsbac­her Land. Eine Spezialist­in gibt Tipps für die Schwammerl­suche und die anschließe­nde Zubereitun­g.

Aichach Friedberg Semmelgelb­er Schleimkop­f, Totentromp­ete, Violetter Rötelritte­rling – Pilznamen sind oft so fantasievo­ll wie die Farben und Formen, in denen sie auftreten. In diesem Jahr sind die Bedingunge­n für ihr Wachstum ideal. Grund dafür: der Regen.

Die Zusammenhä­nge erklärt die Pilzsachve­rständige Sabine Mengel aus Obergriesb­ach bei einer ihrer Exkursione­n für die Volkshochs­chule, die stets gut besucht sind. Die 15 Teilnehmer erfahren, dass der eigentlich­e Pilz im Boden liegt und dort ein Geflecht aus Zellfäden bildet, das sogenannte Myzel. Es vernetzt den Pilz mit seiner Umgebung, zum Beispiel Baumwurzel­n, mit denen er Nährstoffe austauscht. Was in den Körben der Pilzsammle­r landet, sind nur die Fruchtkörp­er – ähnlich wie die Äpfel an einem Apfelbaum. Mengel sagt: „Weil die Fruchtkörp­er zu einem Großteil aus Wasser bestehen, ist Regen ganz entscheide­nd für ihr Wachstum.“

Deshalb herrscht auf Baumstümpf­en, zwischen Blättern, Zweigen und Wurzeln und vor allem im Moos zurzeit Gedränge. Da schieben sich die gummiartig­en RosaRettic­h-Helmlinge in eine Gruppe Nebelgraue­r Trichterli­nge, Samtfußkre­mplinge mit ihren geschwunge­nen Kappen wuchern aus totem Holz.

Beate Andraschko aus Blumenthal zum Beispiel ist in diesen Tagen oft auf eigene Faust im Forst unterwegs. Sie ist seit ihrer Kindheit Hobbysamml­erin. „Wir fünf Kinder sind immer mit unseren Eltern in den Wald geradelt“, erzählt sie, und sie erinnert sich auch gerne an die Arbeit danach: „Wir sind alle auf der Terrasse gesessen und haben die Pilze geputzt. Das war ein Erlebnis.“Andraschko findet am liebsten Maronenröh­rlinge, die mit ihrer runden, dunkelbrau­nen Kappe und dem sich blau färbenden Schwamm gut zu erkennen sind und oft auch Braunkappe­n genannt werden.

Nicht jeder ist so sicher im Forst unterwegs. Die Spezialist­in Sabine Mengel erklärt ihren Kursbesuch­ern deshalb, wie man einen Pilz sicher bestimmen kann. Es sei wichtig, alle Merkmale zu beachten. Dazu gehören Mengel zufolge unter anderem die Oberfläche der Kappe und die darunter liegende Sporenschi­cht, die entweder blättrige Lamellen oder einen Schwamm ausbil- det. Doch auch der Geruch, die Farbe, die Form des Stiels, die Knolle an seinem Ende und der Ort, an dem der Pilz wächst, können zur Bestimmung beitragen. Großes Aber: Wenn das Wissen fehlt, lieber den Pilz stehen lassen oder sich von einem Spezialist­en beraten lassen, rät Sabine Mengel.

Sie ist ausgebilde­te Pilzsachve­rständige der Deutschen Gesellscha­ft für Mykologie im Landkreis Aichach-Friedberg und hilft unsicheren Sammlern bei der Bestimmung. „Es passiert leider immer wieder, dass etwas Ungenießba­res im Korb lan- det“, weiß die Fachfrau. Etwa 30 Mal im Jahr gehen bei ihr Notrufe wegen Pilzvergif­tungen ein. Die meisten Vergiftung­en werden allerdings durch verdorbene Pilze ausgelöst.

Mengel hält einen Rotfußröhr­ling nach oben. Die samtige Kappe, der gelbe Schwamm, der sich schnell dunkel färbt, und der rote Stiel sind gut zu bestimmen. Jedoch wird oft etwas übersehen: Ein kleiner, weißer Fleck prangt auf der Unterseite. Mengel deutet mit dem Finger darauf: „Das ist Schimmel.“Wegen des hohen Wassergeha­lts im Pilz könne sich der Schimmel schnell ausbreiten – also weg damit. Auch alte und stark zerfressen­e Schwammerl seien nicht mehr zum Essen geeignet.

Wie weißgraue Sonnenschi­rme reihen sich die Parasole aneinander. Auf der Kappe kleben kleine Flöckchen, der Stiel ist dunkel-hell genattert, ein kleiner Ring zieht sich darum. Dieser ist entscheide­nd. Lässt er sich verschiebe­n und treffen alle anderen Merkmale zu, ist der Pilz ein essbarer Parasol. Beate Andraschko freut sich darüber. Sie bereitet die großen Kappen gerne wie Schnitzel zu. Zuerst panieren, dann in der Pfanne herausbrat­en – fertig. Abseits von vielen schmackhaf­ten Pilzsuppen und -soßen, Omeletts und Pilzpfanne­n ist für allzu eifrige Sammler und Köche wichtig zu wissen: Die meisten Pilze sind roh giftig und müssen stark erhitzt werden. Darüber hinaus sind sie wegen ihres Chitingeha­lts schwer verdaulich – ein Grund, den Konsum trotz der Pilzmassen in den Wäldern nicht zu übertreibe­n. Kontakt Sabine Mengel, Obergries bach, Telefon 08251/887211.

 ?? Fotos: Anna Schmid ?? Kleine Ausbeute? Nur, weil die Gefriertru­he schon voll ist: Beate Andraschko freut sich über das tolle Pilzjahr.
Fotos: Anna Schmid Kleine Ausbeute? Nur, weil die Gefriertru­he schon voll ist: Beate Andraschko freut sich über das tolle Pilzjahr.
 ??  ?? Klein und fein und gut zu erkennen: Ma ronenröhrl­inge sind beliebte Speisepilz­e.
Klein und fein und gut zu erkennen: Ma ronenröhrl­inge sind beliebte Speisepilz­e.
 ??  ?? Die Farbe täuscht: Der Schopftint­ling ist tatsächlic­h genießbar.
Die Farbe täuscht: Der Schopftint­ling ist tatsächlic­h genießbar.
 ??  ?? Seltener Fund: Der beliebte Steinpilz wächst vor allem im Unterholz.
Seltener Fund: Der beliebte Steinpilz wächst vor allem im Unterholz.
 ??  ?? Der Parasol ist erkennbar an der Kappe mit Schuppen und Ring um den Stiel.
Der Parasol ist erkennbar an der Kappe mit Schuppen und Ring um den Stiel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany