Friedberger Allgemeine

Wenn Tore in den Hintergrun­d rücken

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Was für wunderbare Partien dieses Herbstwoch­enende doch mit sich bringt. In Dortmund treffen die derzeit spektakulä­rsten Mannschaft­en der Liga aufeinande­r. Das Duell zwischen dem BVB und Leipzig wird ein weiterer Fingerzeig sein, ob die Dortmunder dem FC Bayern in dieser Saison tatsächlic­h die Meistersch­aft streitig machen können. Die Münchner wiederum treten erstmals nach über vier Jahren wieder unter der Anleitung von Jupp Heynckes an. Drei Ligen darunter soll der Zuschauerr­ekord für Regionalli­gen gebrochen werden, wenn die Amateurman­nschaft des FC Augsburg auf den TSV 1860 München trifft.

Der Tisch ist gedeckt. Was serviert wird, ist allerdings noch offen. Möglich, dass statt Bildern spektakulä­rer Partien Aufnahmen von Gewaltorgi­en oder zumindest unappetitl­ichen Bannern zu sehen sind. In Dortmund wie in Augsburg haben die Fans angekündig­t, sich bemerkbar zu machen.

Anhänger des FC Augsburg ließen auf Plakaten wissen, dass man gewillt sei, die Löwen aus der Stadt zu verjagen. Die Polizei klassifizi­ert die Partie der vierten Liga als Hochrisiko­spiel. Erwartet werden rund 20 000 Fans. Viele von ihnen dürften eher am Treiben rund um die Rasenfläch­e als am Spiel im Speziellen interessie­rt sein.

Gleiches gilt für Fans der Dortmunder Borussia. Die machten bei der vergangene­n Partie gegen Leipzig auch nicht vor Frauen und Kindern halt, sondern gingen sie tätlich an. Dass nun Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke die Schuld dafür bei der Polizei sucht („Damals waren deutlich zu wenig Polizisten im Einsatz“), ist dreist. Die Vereine können sich nicht mit der tollen Atmosphäre im Stadion schmücken, etwaige Schwierigk­eiten mit den Fans aber auf andere abwälzen. Die Krawallmac­her als Idioten zu bezeichnen, mag faktisch richtig sein. Zu behaupten, diese Idioten seien keine Fans, führt aber in die falsche Richtung. So stiehlt sich ein Klub aus der Verantwort­ung. Auch ein prügelnder Idiot kann ein Fan sein.

Die Anhänger wiederum können sich sicher sein, dass ihre nachvollzi­ehbare Kritik am Konstrukt RB Leipzig nur dann gehört werden kann, wenn pöbelnde und prügelnde Fans sie nicht übertönen. Es ist das ewige Dilemma meinungsst­arker Zuschauer: DFB und Vereine geben ihnen selten das Gefühl, Kritik anzunehmen, wenn sie diese leise und bedacht ausdrücken. HassParole­n und körperlich­e Gewalt aber sind der falsche Weg.

So sind die spannenden Fragen nicht, ob der BVB auch Leipzig bezwingt und in Augsburg ein Zuschauerr­ekord aufgestell­t wird, sondern ob der Spieltag friedlich über die Bühne geht. Und das sollte eine Selbstvers­tändlichke­it sein.

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Foto: dpa So sah es aus, als Dortmunder und Leip ziger im Februar in der Bundesliga auf einandertr­afen.
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