Mit der Hündin zu Fuß über die Alpen
Extremsportler Konrad Straßmeir aus Inchenhofen liebt ungewöhnliche Wanderungen. Zuletzt lief der 37-Jährige mit seiner Hündin Kleo von München nach Venedig. Wie ein Autounfall sein Leben veränderte
Inchenhofen Es regnet und schneit. Konrad Straßmeir und seine Hünding Kleo triefen vor Nässe. Nicht mehr weit und sie haben es geschafft. Nur noch ein paar Minuten und die sichere und warme Hütte, die hoch oben in den Dolomiten liegt, ist erreicht. Der 37-jährige Inchenhofener und seine tierische Begleiterin sind da gerade mitten auf dem Weg nach Venedig.
Das ungleiche Duo brach am 5. September zu einer besonderen Wanderung auf. Vom Marienplatz in München machten sie sich auf den Weg zum Markusplatz in Venedig – zu Fuß. Angekommen sind sie am 23. September. Für den Extremsportler ist es nicht die erste außergewöhnliche Wanderung. Unter anderem fuhr er auch schon mit dem Rad nach Barcelona.
Angefangen hat alles 2003. Damals war Straßmeir als Zeitsoldat in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Er war Läufer und lief Topzeiten – war nah dran am Spitzensport. Doch dann kam alles anders. Mit dem Fahrrad fuhr er vom Stützpunkt Mittenwald nach Hause nach Inchenhofen. Straßmeir erinnert sich genau, es war der 1. Mai dieses Jahres. Und dann passierte es. Kurz vor Aichach wurde er von einem Auto angefahren. Straßmeir musste notoperiert werden und lag eine Woche im Koma. Danach war es vorerst vorbei mit dem Laufen. Seinen Knien ging es nicht gut. Das machte ihm schwer zu schaffen. „Ich habe gar nicht daran gedacht, wie viel Glück ich hatte, dass ich noch lebe. Ich war zu sehr damit beschäftigt, dass ich zu dieser Zeit nicht mehr laufen konnte.“Durch den Unfall war der gelernte Physiotherapeut gezwungen, Ausgleichssport zu betreiben. Deshalb begann er mit dem Radfahren und nahm an Triathlons teil. Doch Straßmeir merkte schnell, dass er im Schwimmen zu schlecht war. Daraufhin konzentrierte sich der Inchenhofener aufs Radfahren.
Dies führte schließlich dazu, dass er 2009 zum Extremsport kam. „Ich bin damals mit einem Kumpel 4000 Kilometer ans Nord Kap gefahren.“Die Fahrt hat den heute 37-Jährigen stark geprägt und ihn zum Extremsportler gemacht, wie er berichtet: „Das Abenteuer und die Freiheit haben mich gereizt. Daraus hat sich die Liebe zum Extremen entwickelt.“Die Freude, etwas zu schaffen, durchzuhalten und nicht aufzugeben, sei unglaublich. „Das ist fast wie eine Sucht.“Aber Extremsport heißt für ihn nicht, Gefahren zu ignorieren und das eigene Leben leichtfertig zu riskieren. ist für Straßmeir, Grenzen im Kopf zu durchbrechen und nicht aufzugeben. Dinge zu schaffen, die schwer vorstellbar sind. Und Dinge zu tun, die andere nicht tun. Bei all seinen Touren geht er aber immer mit gesundem Respekt an die Gefahren heran und schätzt die Risiken ab. Nun nahm Straßmeir mit Hündin Kleo die 554 Kilometer lange Wanderung nach Venedig in Angriff. „Die größte Motivation war, auf dem Markusplatz in Venedig zu stehen und zu wissen, es zu Fuß geschafft zu haben“, erinnert sich Straßmeir. Vor ihm und Hündin Kleo lagen über 22 000 Höhenmeter. Zu Anfang hatte er noch viel Gepäck dabei, etwa 24 Kilo – Proviant sowie ein Zelt, eine Isomatte und einen Schlafsack. „Ich wollte so viel wie möglich im Freien schlafen, um mir ein bisschen Geld zu sparen.“Aber bereits nach der zweiten Etappe gab er das Zelt ab. Denn mit vier Kilo war das Zelt schlichtweg zu schwer für die anstrengende Alpenüberquerung. Zunächst kam das Duo gut voran, bis zum Karwendelhaus in Österreich. Dort schlug das Wetter plötzlich um, es begann zu schneien. Deshalb entschied Straßmeir, dort ins Tal abzusteigen. „Es wäre zu gefährlich gewesen, die Tour bei so schlechtem Wetter zu gehen.“
Nicht der einzige heikle Moment während der Tour. In Brixen auf etwa 2000 Metern Höhe schneite es erneut. „Der Schnee hat richtig viel Energie gekostet und ich hatte nur eine kurze Hose an, das war hart.“Nicht jedoch für Hündin Kleo: „Sie hat keine Spur von Müdigkeit geExtremsport zeigt. Im Schnee war sie voll in ihrem Element.“Probleme habe es mit der Hündin auf der Tour ohnehin nicht gegeben.
Nachdem die beiden die Dolomiten hinter sich ließen, kamen sie schnell voran. Die letzten Kilometer verwandelten sich in einen Strandspaziergang, ehe das Duo mit dem Boot nach Venedig übersetzte. Am Markusplatz angekommen, übermannten den Inchenhofener die Gefühle. „Da kamen mir schon leicht die Tränen“, erzählt er. Die Strecke geschafft zu haben, das löste bei ihm ein Glücksgefühl aus: „Diesen Moment kann man nicht beschreiben – man muss das erleben.“