Friedberger Allgemeine

Die unheimlich­e Lust am Gruseln

Warum selbst der „Tatort“auf Horror zu Halloween setzt

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Berlin Für die Macher vieler US-Serien ist eine Grusel-Folge zu Halloween eine Pflicht, die Drehbuchau­toren besonders zu Kreativitä­t anspornt. Selbst der ARD-Tatort versuchte sich gestern als Experiment am Horror, und immer mehr Deutsche folgen dem US-Trend zum Grusel-Kostüm-Trend an Halloween. Warum fasziniert das Spiel mit der Angst so sehr?

Der Potsdamer Psychologe Gerd Reimann vermutet, dass sich die Hälfte der Bevölkerun­g von Horror angezogen fühlt. „Es gibt Vermutunge­n, dass jeder Mensch eine gewisse Veranlagun­g zum Bösen hat“, erläutert Reimann. „Sie müssen das aber nicht in eigenen Taten ausleben. Das geht auch stellvertr­etend, zum Beispiel in den Bildern eines Films.“Schon Sigmund Freud habe versucht, die Sache so zu erklären: Menschen, die sich freiwillig Gewaltbild­ern aussetzten, erlebten auch Läuterung. Reimann hält es für wahrschein­licher, dass jedes Bild, das von der Norm abweicht, automatisc­h Interesse erzeugt. „Das ist tiefe Neugier“, sagt er. Es bringe Erleichter­ung, wenn man zugucken dürfe, aber nicht das Opfer sei.

„Angstlust“nennt dieses Phänomen der Münchner Psychologe Lothar Hellfritsc­h. „Da kommen zwei Emotionen zusammen: Anspannung und Entspannun­g.“Die Zentren für Angst und Lust lägen im Gehirn nah beieinande­r, das Gruseln sei messbar im Spiel der Hormone: Adrenalin sorge dabei für den Schauer, Endorphine seien für ein Glücksgefü­hl zuständig. Die Toleranzgr­enzen aber sehr verschiede­n. Wer seinen eigenen Angst-Level kenne, habe nach einem Gruselfilm auch ein Siegergefü­hl: „Ich hab’s gepackt – das ist das gleiche Prinzip wie bei der Achterbahn.“

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Foto: dpa

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