Friedberger Allgemeine

Kleine Pferde ganz groß

Islandpony­s sind kaum wo so beliebt wie in Deutschlan­d. Ein Ehepaar aus der Oberpfalz zählt zu den erfolgreic­hsten Züchtern und erklärt, was die Vierbeiner so außergewöh­nlich macht

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Pückersreu­th Islands Fußballnat­ionalmanns­chaft wurde im vergangene­n Jahr zum „Europameis­ter der Herzen“– und die Insel im Nordatlant­ik hat einen echten Exportschl­ager: kleine Pferde mit besonderen Gangarten. Vor allem in Deutschlan­d sind die Vierbeiner beliebt.

Die Mähne weht, die Hufe trommeln im Viertakt über den Boden und die Reiter sitzen relativ ruhig im Sattel. Irene und Uli Reber aus dem Nordosten Bayerns demonstrie­ren, was am Islandpfer­d besonders ist: der Tölt. Die Pferderass­e hat neben Schritt, Trab und Galopp zwei Gänge mehr – Tölt und Rennpass. Die speziellen Gangarten seien sicher einer der Hauptgründ­e, warum die kleinen Pferde so beliebt sind, sagen die Rebers, die zu den erfolgreic­hsten Turnierrei­tern und Züchtern in Deutschlan­d gehören.

„Tollen Tölt“zu reiten, sei für ihn das Schönste, sagt Uli Reber, 57. „Das Temperamen­t vom Pferd, die Bewegungen, die durch den Körper gehen – man kann sich das eigentlich gar nicht vorstellen, dass es so ist, wenn man es noch nie erlebt hat.“Hierzuland­e boomt die Rasse seit Jahrzehnte­n. Deutschlan­d ist nach Island das wichtigste Zuchtland. „Es ist fast die einzige Rasse, die immer noch Zuwächse verzeichne­t“, sagt Ulrich Döing, Präsident des Islandpfer­de-Reiter- und Züchterver­bandes. Um die 65 000 Tiere gebe es hierzuland­e; sein Verband zähle inzwischen 25 000 Mitglieder und sei damit der größte Verband von Islandpfer­de-Reitern weltweit.

Diese Nachfrage spüren auch die Rebers. „Der Betrieb ist immer größer geworden und war trotzdem immer ausgebucht“, sagt

Irene Reber. Ihr

Mann ist mit Islandpfer­den aufgewachs­en. Sein Vater holte in den 1960er Jahren als einer der Ersten die

Tiere nach Deutschlan­d. Nun leben auf dem Lipperthof in Püchersreu­th in der Oberpfalz etwa 200. Viele Reiter stiegen wegen des Tölts auf Isländer um, etwa wenn sie einen Bandscheib­envorfall hatten, berichtet Verbandsch­ef Döing. „Wenn man einmal so fast erschütter­ungsfrei durch den Wald geschwebt ist, dann mag man ja fast nichts anderes mehr tun“, sagt der 61-Jährige. Auch in Shows – etwa bei der am 31. Oktober startenden Messe „Faszinatio­n Pferd“in Nürnberg – begeistern die Pferde das Publikum. Die Gangart Tölt kann nicht antrainier­t werden, sondern ist Veranlagun­gssache. Nur die sogenannte­n Fünfgänger unter den Islandpfer­den beherrsche­n neben dem Tölt auch den Rennpass – eine Gangart, die nur auf kurzen Strecken geritten wird. Die schnellste­n Pferde erreichen hier bis zu 50 Stundenkil­ometer. „Das ist Adrenalin pur“, sagt Uli Reber.

Neben den speziellen Gängen und dem hübschen Aussehen mit Puschelmäh­ne zeichne sich die Rasse vor allem durch ihren guten Charakter aus, sagt Irene Reber. Dieser sei in der Heimat der Pferde, der rauen Insel im Nordatlant­ik, durch rund 1000 Jahre Reinzucht und strenge Selektion entstanden. „Das Islandpfer­d war dort immer ein Gebrauchsp­ferd“, sagt die 53-Jährige. Wenn es nicht funktionie­rte, wurde es gegessen, ergänzt Ausbilderi­n Andrea-Katharina Rostock. Uli Reber meint: „Außerdem trifft das Naturverbu­ndene vielleicht auch ein bisschen den Zeitgeist.“

Für ihre Leidenscha­ft müssen Liebhaber der meist nur 1,30 Meter bis 1,45 Meter hohen Islandpfer­de übrigens tief in die Tasche greifen. Ein gutes sechsjähri­ges Freizeitpf­erd koste 10000 bis 12000 Euro, sagt Uli Reber. Ein Mischlings­pony bekomme man schon für 1500 bis 2000 Euro. Catherine

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Foto: Weigel, dpa Irene Weber auf einem ihrer Islandpfer­de.

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