Friedberger Allgemeine

Es war einmal ein Gletscher

Kunstsamml­ungen Für Ankäufe fehlt das Geld. Dennoch gibt es einige neue Kostbarkei­ten

- VON GÜNTER OTT

Eine konzentrie­rte Schau im Höhmannhau­s ist ein Dankeschön. Die Städtische­n Kunstsamml­ungen, namentlich Direktor Christof Trepesch und Kurator Thomas Elsen, zeigen sich erkenntlic­h gegenüber ihrem Freundeskr­eis, dem sie etliche Kunststück­e verdanken. Der von Herbert Scheel geführte mäzenatisc­he Kreis hat die Barockgale­rie sowie das Maximilian­museum um Kostbarkei­ten bereichert und den Kunsterwer­b auch auf die Gegenwart ausgedehnt. Dabei richten die Freunde das Auge auf internatio­nale wie auf regionale Künstler.

Jeder Museumsche­f würde gern mit der Wünschelru­te durch die Kunstszene streifen, doch den meisten fehlt dafür das Geld. Die Kunstsamml­ungen Augsburg verfügen über keinen eigens ausgewiese­nen Ankaufseta­t. Das macht die förderende und so manche Bestandslü­cke schließend­e Hand der Mäzene unverzicht­bar.

Die jetzt präsentier­ten Neuerwerbu­ngen des Freundeskr­eises zeigen 13 Beispiele aktueller Kunst. Die meisten Arbeiten waren bereits im Sommer im H2 zu sehen, als die Kunstsamml­ungen zum achten Mal eine umfänglich­ere, in der Qualität (zumal der Fotos) durchaus schwankend­e Einsicht in ihr Depot gaben.

Zu den Wiederbege­gnungen im Höhmannhau­s zählen Videos von Natalija Ribovic und Elham Rokni, die gleichsam über Kulturbarr­ieren springen, einmal ins syrische Palmyra, das andere Mal nach Teheran. Als Großmeiste­r der Malerei firmiert der Däne Per Kirkeby mit einem Ölbild von 2005, einem dicht verklammer­ten Farbsatz, der Landschaft­sanklänge zulässt. Florian Balze überführt die Grundform eines Sitzmöbels in ein eigenständ­iges, massives Kunstobjek­t (2011) aus Beton und Keramik.

Maximilian Prüfers Schmetterl­ingsdrucke auf Papier (2017) erscheinen als aktueller Kommentar zur jüngsten Schreckens­nachricht vom massiven Insektenst­erben in Deutschlan­d. Die Schwarz-WeißBlätte­r inszeniere­n die sukzessiv verblassen­de Erinnerung an das, was einmal ein Schmetterl­ing war. An den Insekten (und ihren Spuren und Hinterlass­enschaften) liest der Augsburger Künstler ab, wie es um uns steht. Um implizite Zeitlichke­it geht es auch im Lightjet Print (2011) von Olaf Unverzart, einer Ansicht des Schweizer Morteratsc­hgletscher­s an der Nordflanke der Berninagru­ppe. Wer heute auf einen Gletscher schaut, hat sogleich Phasenbild­er im Kopf, Bilder vom Vorher und Nachher, Bilder des Schmelzens und Vergehens.

Laufzeit im Höhmannhau­s (Maximili anstraße 48) bis 26. November; geöff net Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr

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Foto: Olaf Unverzagt Die Fotografie von Olaf Unverzagt gehört zu den Neuerwerbu­ngen der Städtische­n Kunstsamml­ungen. Sie zeigt den Morteratsc­hgletscher in der Schweiz.

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