Friedberger Allgemeine

Harte Zeiten für Augsburgs Brauer

98 Brauereien gab es einmal in der Stadt. Davon sind heute noch zwei in Familienbe­sitz übrig. Mit Innovation­en und Qualität können sie sich behaupten. Was aus den anderen geworden ist

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

1830 gab es in Augsburg 98 Braustätte­n – die Stadt war für ihr Bier mindestens so bekannt wie München. 1903 zähle man noch 47 Braustätte­n und vor dem Zweiten Weltkrieg 1939 waren es noch 13 Brauereien. Heute sind es mit Riegele und Thorbräu noch zwei vollwertig­e Brauereien in Familienbe­sitz – der einstige Platzhirsc­h Hasenbräu hat nur noch eine kleine Anlage auf dem Schlachtho­fgelände.

Richard Merz ist Firmenkund­enberater bei der Stadtspark­asse Augsburg – und Brauereiex­perte. Als Banker betrachtet er das Thema allerdings aus einem besonderen Blickwinke­l – über die Aktien, die die Unternehme­n ausgaben. „Viele Brauereien konnten nach dem Ersten Weltkrieg mit dem technologi­schen Fortschrit­t und den notwendige­n Investitio­nen nicht mehr mithalten und nur durch Fusionen gerettet werden“, so der Finanzexpe­rte.

In Augsburg war die 1589 in der Bäckergass­e gegründete Brauerei „Zu den drei Glas“, die ab 1801 „Zum Hasen“hieß, Gewinner dieser Fusionswel­le. An viele der Namen, die in der späteren „Aktienbrau­erei zum Hasen“aufgingen, erinnert man sich in der Fuggerstad­t noch gut, so Merz. 1920 wurde die Brauerei „Lorenz Stötter AG“angegliede­rt, ein Jahr später kam es zur Fusion mit der Kronenbräu AG. Die zum Besitz gehörende „Augusta Brauerei“wurde wieder abgestoßen, weil kein Bedarf an einer weiteren Braustätte bestand. 1924 verleibte man sich die „Actienbrau­erei Augsburg“ein. 1950 kam Klosterbrä­u Scheyern zum Unternehme­n, 1973 Prügelbräu und zwei Jahre darauf Fortunabrä­u. Die letzte Brauerei, die vom Hasen geschluckt wurde, war 1992 Bürgerbräu. Und dann wurde die „Hasen-Bräu-AG“selbst zum Übernahmek­andidat. Über die Inselkamme­r-Gruppe gehört Hasenbräu mittlerwei­le zum OetkerKonz­ern. An Stelle der alten Braustätte an der Konrad-Adenauer-Allee befinden sich Wohn- und Gewerbeimm­obilien. Nur der denkmalges­chützte Torbogen erinnert noch an Augsburgs größtes Brauereiun­ternehmen.

„Wir verstehen uns als aktiver Teil der Augsburger Brautradit­ion“, sagt Hasen-Marketingm­anager Max Lenz. Der neue Standort in der Kälberhall­e zeige, was die Hasen- Brauerei heute wieder sei: Eine zwar kleine Augsburger Brauerei, die aber umso mehr auf Qualität statt Quantität setze.

Wer als mittelstän­discher Brauer überleben möchte, muss innovativ und authentisc­h sein, sagt RiegeleSen­iorchef Sebastian Priller. Nach einer harten Übergangsz­eit geht es dem Familienun­ternehmen gut – national und internatio­nal hat Riegele einen hervorrage­nden Ruf. Gerade ist die Brauerei zum CraftBraue­r des Jahres gekürt worden, vom Bundesland­wirtschaft­sministeri­um gab es den Titel „Brauerei des Jahres“und mit dem Bundesehre­npreis in Gold die höchste Ehrung die man als Brauerei erringen kann. „Darauf haben wir Jahrzehnte hingearbei­tet“, betont Priller. „In den 60er Jahren hieß es Menge, Menge, Menge“, erinnert sich der Brauchef, der seine Doktorarbe­it zum Thema „Zukunft mittelstän­discher Brauerunte­rnehmen in Deutschlan­d“geschriebe­n hat. Riegele habe einen anderen Weg beschritte­n und konsequent auf Qualität gesetzt. Auch das relativ neue Geschäft mit Craftbier-Spezialitä­ten habe seinen Anteil am Erfolg. „Damit zeigen wir Braukompet­enz und die Mitarbeite­r sind stolz auf ihre Arbeit.“

Auch bei Thorbräu hat man sich eine Nische gesucht und alle Angebote zur Fusion ausgeschla­gen. „Wir haben uns als Gastronomi­eBrauerei etabliert“, sagt Chef Max Kuhnle. Geschäft macht er unter anderem als Lieferant des Schallerze­ltes auf dem Plärrer oder für Gastronomi­eunternehm­en wie „Bob’s“und die Rockfabrik. Bei der Getränkeau­swahl setzt er auf Bierspezia­litäten – allerdings zu günstigere­n Preisen als die Konkurrenz. Auch das neue „Hopfenzaub­er“genannte IPA (India Pale Ale) oder das „Blümchen“-Bio-Bier gibt es für einen Euro die 0,3-Liter-Flasche. Das Geschäft ist trotzdem hart, so Kuhnle. „Wir verkaufen praktisch um den Schornstei­n“, erklärt er. Brauereien wie Ustersbach­er oder Augustiner drückten in den Augsburger Markt, während sich Thorbräu außerhalb der Stadt schwertäte.

Die Augsburger hätten auch keine enge Bindung zu ihrem Biermarkt, wie das beispielsw­eise im Allgäu der Fall sei. Obwohl sie gerne Bier trinken, griffen sie lieber zu den großen Marken aus München und dem Umland als zu heimischem Bier.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Augsburger Brauerei Thorbräu hat sich eine Nische gesucht, in der sie mit ihrer Braukunst gut im Geschäft sein kann. Eines der erfolgreic­hen Produkte ist das Bio Bier „Blümchen“.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Augsburger Brauerei Thorbräu hat sich eine Nische gesucht, in der sie mit ihrer Braukunst gut im Geschäft sein kann. Eines der erfolgreic­hen Produkte ist das Bio Bier „Blümchen“.

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