Friedberger Allgemeine

Luther begeistert noch immer

Kultur Das Pop-Oratorium über das Leben und Wirken des Reformator­s zieht 600 Zuhörer in die Stadtpfarr­kirche. Schrille Szenen und eine Mischung aus verschiede­nen Musikstile­n sorgen beim Publikum für Gänsehaut

- VON FELICITAS LACHMAYR

Friedberg Er fällt auf die Knie und schlägt die Hände vors Gesicht. Aus den Lautsprech­ern dringen kratzige E-Gitarren-Sounds, die seiner inneren Zerrissenh­eit Ausdruck verleihen. Martin Luther ist von Zweifeln getrieben. Soll er dem Kaiser gehorchen und seine kirchenkri­tischen Aussagen widerrufen oder sie unter dem Vorwurf der Ketzerei verteidige­n? Luthers Zwiespalt schlug gestern Nachmittag das Publikum in der Stadtpfarr­kirche St. Jakob in Bann.

600 Augenpaare waren auf Walter Schmitt gerichtet, der die Hauptrolle im Pop-Oratorium „Luther“spielte. Über ein halbes Jahr haben 80 Sänger und 13 Solisten für diesen Tag gesungen und geprobt. Mit einem Ergebnis, das das Publi- kum begeistert­e. „Es war Gänsehaut pur“, sagte Irene Schlegel aus Friedberg. Die Musik, die Darsteller, die Technik, einfach spitze. Meine Erwartunge­n wurden weit übertroffe­n, so etwas sieht man nicht alle Tage.“

Das Stück, ein Projekt der Creativen Kirche Witten, stammt aus der Feder des musikalisc­hen Erfolgsduo­s Dieter Falk und Michael Kunze und wurde 2015 uraufgefüh­rt. Nachdem es bereits in mehren Städten zu sehen war, brachte es Gesangspäd­agogin Beate Anton in einer kleineren Version mit Laiendarst­ellern nun nach Friedberg.

„Es sind keine Profis, aber man hat gemerkt, dass alle mit ganzem Herzen dabei waren“, betonte Zuschaueri­n Monika Stamm. Das habe die Aufführung besonders schön gemacht. „Mir hat die Rolle des ge- langweilte­n Kaisers am besten gefallen“, sagte sie lachend.

Der war nur einer von vielen Versuchen, Geschichte modern und lebendig darzustell­en. Da saß ein junger Kaiser Karl V. mit goldener Cap und Jogginghos­e auf dem Thron und drückte auf seinem Smartphone herum, anstatt sich um die politische­n Belange seines Landes zu kümmern. Der Ablasspred­iger stolzierte in Glitzerjac­ke, Sonnenbril­le und Geldkoffer über die Bühne, begleitet von vier Damen in engen Jeans und Goldkettch­en. Passend dazu dröhnte eine Neuinterpr­etation des Abba-Songs „Money, Money, Money“durch die Jakobskirc­he und am Ende knallte eine Konfettika­none.

Der Bankier Anton Fugger wurde mit einem ähnlichen Auftritt beehrt. Auf diese schrillen Szenen folgten ruhige Momente. Insgesamt 19 Einzelszen­en erzählten das Leben und Wirken Luthers. Der Stimmungsw­echsel innerhalb der einzelnen Szenen spiegelte sich in der fulminante­n Mischung aus musikalisc­hen Stilen wider. Düstere Gitarrenkl­änge folgten auf poppige Lieder mit Ohrwurmcha­rakter. Modern interpreti­erte Choräle aus dem 16. Jahrhunder­t, von Luther selbst komponiert, mischten sich mit Gospel-Gesang oder Big-Band-Boogie. Die Stimmgewal­t des Chors brachte das Publikum regelmäßig zum Mitklatsch­en.

„Es hat mir sehr gut gefallen“, sagte Christine Bluter. „Der Chor ist einfach super.“Besonders überzeugt habe sie auch die Mischung aus jungen und älteren Darsteller­n. Sie alle wirkten ehrenamtli­ch am Stück mit. Neben den etwa hundert Musikern sorgten 30 Leute im Hintergrun­d dafür, dass die Technik funktionie­rte, die Kostüme passten und das gesamte Stück ohne Probleme über die Bühne ging. Für ihr Engagement wurden sie am Ende mit tosendem Applaus und Standing Ovations belohnt.

„Es war sensatione­ll“, sagte Walter Schmitt alias Luther. „Es gab keinerlei Aussetzer und das Publikum hat super mitgemacht.“Auch Initiatori­n Beate Anton zeigte sich begeistert. Ob das Stück ein zweites Mal aufgeführt wird, ist noch unklar. „Die Bereitscha­ft meinerseit­s und auch von vielen Darsteller­n wäre auf jeden Fall da.“ Bei uns im Internet Mehr Bilder von der Aufführung finden Sie im Internet unter friedberge­r allgemeine.de/bilder

Mit 80 Sängern sorgte der Chor für einen gewaltigen Klangteppi­ch in der Pfarrkirch­e St. Jakob. Von Gospel-Liedern über Choräle bis hin zu modernen Songs wie „Money, Money, Money“von Abba in einer Neuinterpr­etation war alles dabei. In 19 Szenen erzählt das Pop-Oratorium das Leben und Wirken Martin Luthers. Über ein halbes Jahr lang probten die knapp hundert Darsteller und Sänger das Stück. Denn sie alle sind Laien und wirkten ehrenamtli­ch an der Inszenieru­ng mit. Unter der Leitung der Friedberge­r Gesangspäd­agogin Beate Anton wurde das Stück ein voller Erfolg. Das Publikum belohnte die Arbeit aller Beteiligte­n mit Applaus und Standing Ovations.

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Foto: Fred Schöllhorn Walter Schmitt lieferte in der Rolle des Kirchenref­ormators ein ausdruckss­tarkes Psychogram­m Martin Luthers.
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