Der Durst der großen Kamele
Wenn Menschen ebenso viel Energie, Zeit und Geld in die Verbesserung der Welt wie in das Vermeiden von Steuern stecken würden, wäre unser Planet ein anderer. Weniger Menschen würden hungern. Weniger Schadstoffe würden uns krank machen und die Gletscher schmelzen lassen. Bürger hätten mehr Zeit, sich um die Schwachen zu kümmern.
Das bleibt leider eine Utopie. Denn viel Geld weckt den Hunger nach noch mehr Geld, auch wenn kein Mensch zehn Mal am Tag essen kann. Geld ist Macht. Und Macht macht süchtig. Die Folgen sind bekannt. Die Grünen-Politikerin Renate Künast beschreibt das treffend so: „In den Steueroasen saufen die großen Kamele den kleinen das Wasser weg.“Die großen Kamele, das sind die Apples unserer Tage, also Konzerne, die so begehrte Produkte herstellen und gut verdienen, dass sie sich es leisten könnten, ihren Teil zur Stabilisierung von Gemeinwesen zu leisten.
Doch die egomanischen Riesen entziehen sich, schieben Gewinne so lange weltweit hin und her, bis sie sich in ein amoralisches Nichts auflösen. Später beklagen dann radikal Steuer vermeidende Manager, dass sich ihre Heimatländer radikalisieren. Die von einem Populisten regierten USA sind dafür ein abschreckendes Beispiel. Aber Geld ist nun mal Macht. Und Macht macht süchtig. So geht das weiter.
Daran ändert sich leider kaum etwas, wenn wie jetzt wieder Steueroasen aufgedeckt und Trickser entlarvt werden. Legt sich die Aufregung, zieht die Karawane weiter. Es müssen ja nicht immer entlegene Eilande wie die Cayman- oder Britischen Jungferninseln sein. Auch in Singapur oder sozusagen um die Ecke in Irland oder in den Niederlanden lassen sich prima Steuern sparen. Ganze Heerscharen von Anwälten sind auf das meist sogar legale Geschäft spezialisiert. Sie verdienen exzellent am Drang der Menschen, dem Staat vorzuenthalten, was sie ihm schuldig sind.
Ist damit alles scharf genug geregelt?
Aus Expertensicht: Nein. „Weitere Anstrengungen werden erforderlich sein“, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Die Regierung begrüßt die neuen Veröffentlichungen – denn sie unterstützen die eigene Linie, weitere Schlupflöcher für Steuersünder zu schließen. Nötig seien etwa Regelungen für eine Mindestbesteuerung. Zunächst rief die Regierung die Medien auf, die Originaldaten für die Finanzbehörden zur Verfügung zu stellen.