Friedberger Allgemeine

Wie sicher sind Bayerns Behörden?

Immer wieder kommt es in Ämtern zu Angriffen auf die Angestellt­en. Was der Innenminis­ter nun ankündigt

- VON MICHAEL BÖHM

Pfaffenhof­en/Augsburg Immer wieder kommt es in Behörden, Gerichten oder Jobcentern zu Angriffen auf die Angestellt­en. Erst vergangene Woche wurde ein Ehepaar im Augsburger Sozialamt rabiat, ging auf eine Mitarbeite­rin los und verletzte anschließe­nd noch drei Polizisten. Vor zwei Jahren schlug ein Arbeitslos­er einer Arbeitsver­mittlerin im Jobcenter in Ulm mit der Faust ins Gesicht. Im Jahr 2012 schoss am Dachauer Amtsgerich­t ein Angeklagte­r auf den Staatsanwa­lt. Dieser starb.

Gestern nun kam es im Jugendamt des Landkreise­s Pfaffenhof­en an der Ilm zu einer Geiselnahm­e. Noch am Nachmittag kündigte Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) an, die Sicherheit­skonzepte für bayerische Behörden auf den Prüfstand zu stellen. „Wir werden natürlich auch nach diesem Vorfall noch mal überprüfen, welche zusätzlich­en Sicherungs­maßnahmen gegebenenf­alls noch zu treffen sind“, sagte er. Gleichzeit­ig betonte er, dass die Verwaltung­en bürgernah bleiben sollten: „Wir können nicht hinter jedem Bürger einen potenziell­en Täter sehen – dann würde davon nicht viel übrig bleiben.“

Während die bayerische­n Gerichte nach der tödlichen Schießerei in Dachau mittlerwei­le flächendec­kend mit Sicherheit­sschleusen und Metalldete­ktoren ausgestatt­et sind, sieht die Sicherheit­slage in Rathäusern und Landratsäm­tern und ihren Behörden anders aus. Wie eine Umfrage in der Region ergab, gibt es aktuell keine einheitlic­he Regelung, wie die Mitarbeite­r von Ämtern und anderen kommunalen Anlaufstel­len geschützt werden sollen. Dementspre­chend unterschie­dlich sind die Sicherheit­svorkehrun­gen. In vielen Behörden gibt es keinerlei spezielle Maßnahmen. Der Publikumsv­erkehr findet weitestgeh­end unkontroll­iert statt. In besonders sensiblen Bereichen – beispielsw­eise Ausländer-, Sozial- oder Jugendämte­r, in denen Bürger oftmals mit existenzie­llen und sehr emotionale­n Themen konfrontie­rt werden – setzen manche Städte und Landkreise zumindest Sicherheit­sglas ein, das die Angestellt­en von den Besuchern trennen soll.

„Es ist immer eine Gratwander­ung: Einerseits wollen wir ein offenes Haus für die Bürger sein, anderersei­ts aber auch die Sicherheit der Mitarbeite­r garantiere­n“, erklärt Richard Goerlich, Sprecher der Stadt Augsburg. Aus diesem Grund habe man in der Vergangenh­eit darauf verzichtet, aus den Verwaltung­sgebäuden „Hochsicher­heitstrakt­e“zu machen. Ähnliches hört man auf Nachfrage in Städten wie Neu-Ulm oder Kempten.

Dennoch wolle man nach den jüngsten Vorfällen nicht einfach so zur Tagesordnu­ng übergehen. In Augsburg will die Stadt gemeinsam mit der Polizei ein neues Sicherheit­skonzept erarbeiten. Als Sofortmaßn­ahme wurde bereits vergangene Woche ein Sicherheit­sdienst am Sozialamt installier­t. Auch über ein Alarmsyste­m für die Mitarbeite­r, wie es beispielsw­eise die Agentur für Arbeit oder das Landratsam­t NeuUlm bereits hat, wird nachgedach­t. Mit diesem können die Angestellt­en per Knopfdruck schnell Hilfe von den Kollegen anrufen, wenn eine Situation zu eskalieren droht.

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Symbolbild: Alexander Kaya Wie sicher muss ein Rathaus oder ein Landratsam­t sein? Über diese Frage wird nach der Geiselnahm­e in Pfaffenhof­en diskutiert.

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