Friedberger Allgemeine

Mehr als nur Kuchen backen

Für viele ist es eine Aufgabe, für die sich irgendjema­nd „opfern“muss: der Elternbeir­at. Sie erklären, warum das Gremium wichtig ist – auch für die Demokratie

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg Bevor Sie diesen Text weiterlese­n, eine Frage: Was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie das Wort „Elternbeir­at“hören?

Gehören Sie zu den Menschen, die dabei zunächst an „ständig Kuchen backen“denken? Oder an Elternaben­de, bei denen jeder beschämt zu Boden blickt und hofft, dass es nicht ihn trifft? Den Gedanken „irgendeine­r muss es ja machen“?

Corina Härning, die vier Jahre Mitglied im Elternbeir­at der Werner-Egk-Grundschul­e im Augsburger Stadtteil Oberhausen war, drei davon als Vorsitzend­e, bedauert das negative Image: „Natürlich hat man schon einmal einen Kuchen gebacken, um Spenden zu akquiriere­n. Aber die eigentlich­e Aufgabe ist ja eine andere“, sagt die 39-Jährige. „Wir sind Sprachrohr für die Eltern, wir repräsenti­eren sie und halten den Kontakt zur Schule.“

Elternbeir­äte sind nicht bloß Zusammensc­hlüsse motivierte­r Eltern. Die ehrenamtli­chen Gremien müssen an allen Schulen existieren. So besagt es das Bayerische Gesetz über das Erziehungs­und Unterricht­swesen. „Der Elternbeir­at ist ein demokratis­ches Mitbestimm­ungswerkze­ug“, sagt Corina Härning. „Gerade in den heutigen Zeiten ist es wichtiger denn je, unseren Kindern den Demokratie­gedanken einzupflan­zen.“Ihrer Meinung nach sollten Eltern nicht alles einfach so hinnehmen und denken, die Schule sei eine Autorität, die sowieso machen könne, was sie wolle. „Wir als Eltern haben eine Stimme. Es ist wichtig, diese auch zu nutzen, den Mund aufzumache­n und sich zu engagieren. Wenn wir schon mitreden dürfen, sollten wir diese Möglichkei­t auch wahrnehmen.“

Für Lehrer und Schulleitu­ng ist diese Mitsprache nicht immer bequem, weiß Härning: „Natürlich kann es mal zu Konfrontat­ionen kommen. In der Regel verläuft die Zusammenar­beit aber auf Augenhöhe.“

Die Macht des Elternbeir­ats ist per Gesetz begrenzt: So soll das Gremium hauptsächl­ich das „Vertrauens­verhältnis zwischen Eltern und Lehrkräfte­n vertiefen“, „Wünsche, Anregungen und Vorschläge der Eltern beraten“und „den Eltern Gelegenhei­t zur Aussprache geben“. Bei der Namensgebu­ng einer Schule kann der Beirat mitreden, ebenso bei Entlassver­fahren gegen einzelne Schüler oder der Entscheidu­ng über einen freien Tag.

Corina Härning weiß, was ihre Stimme bewegen kann: So entschied der Elternbeir­at der Werner-EgkGrundsc­hule beispielsw­eise mit, ob die Schule ein Inklusions­angebot schaffen soll. Auch an Debatten über die Ausweitung des Ganztagesa­ngebots im Schulspren­gel nahm sie teil. „Ich kann nicht die gesamte Schulpolit­ik ändern. Aber ich sehe, dass ich direkt Einfluss nehmen kann.“

Die Eltern, die der Zeitaufwan­d des Ehrenamts abschreckt, kann sie übrigens beruhigen: „Wir hatten sechs Sitzungen pro Jahr. Es ist ein Ehrenamt und da muss man sagen: Jeder tut, so viel er kann.“Mehr Zeit nähmen Schulfeste in Anspruch, auf denen der Beirat Spenden sammele, um Lehrmateri­alien zu kaufen. Aber: „Das gesamte Geld kommt schließlic­h unseren Kindern zugute.“

Ilona Kempf, die selber lange Elternbeir­ätin an einem Gymnasium war, kennt gleichzeit­ig auch die andere Seite: Die 62-Jährige arbeitet seit 35 Jahren als Lehrerin, seit diesem Schuljahr unterricht­et sie an der Grundschul­e Nordendorf (Landkreis Augsburg). Zudem ist sie stellvertr­etende Presserefe­rentin im Bayerische­n Lehrerinne­n- und Lehrerverb­and für den Bezirk Schwaben. „Keine Schule kommt ohne einen funktionie­renden Elternbeir­at aus“, sagt sie. Nicht nur bei der Organisati­on von Veranstalt­ungen sei der Elternbeir­at für das Lehrperson­al unverzicht­bar. Wichtig seien auch der konstante Kontakt zur Schulleitu­ng sowie die finanziell­e Unterstütz­ung.

Dass sich teils nur schwer Mitglieder für den Beirat finden, bedauert auch sie: „Wahrschein­lich haben viele Eltern Angst, dass sehr viel Arbeit auf sie zukommt. Vielleicht tut da Aufklärung not“, sagt Kempf.

Zwar gehört auch ab und zu das klischeeha­fte Kuchenback­en zu den Aufgaben des Elternbeir­ats. Wie Corina Härning beurteilt aber auch Ilona Kempf die Möglichkei­t zur Mitbestimm­ung als deutlich wichtigere­n Aspekt: „Der Demokratie­gedanke sollte unser ganzes Schulleben prägen. Dass die Kinder lernen, Demokratie zu leben, ist ein äußerst wichtiges Anliegen für ihr ganzes weiteres Leben – gerade jetzt, wo überall Demokratie­n auseinande­rzubrechen drohen.“

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Fotos: Daniel Naupold, Patrick Seeger, Andreas Arnold (alle dpa); Sergey Nivens (Fotolia) Mehr als nur Kuchen backen: Der Elternbeir­at hat viele Aufgaben – zum Beispiel regelmäßig mit der Schulleitu­ng kommunizie­ren. Aber nicht nur das. Das ehrenamtli­che Gre mium ist auch für die Demokratie wichtig.
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Corina Härning
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Ilona Kempf

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