Friedberger Allgemeine

Nato sieht sich wieder bedroht

Bündnis plant zwei neue Hauptquart­iere

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Brüssel Rund drei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges verstärkt die Nato erstmals wieder ihre Kommandost­rukturen. Die Verteidigu­ngsministe­r der Bündnissta­aten berieten am Mittwoch in Brüssel über die Pläne für den Aufbau von zwei neuen Hauptquart­ieren. Sie sind eine Reaktion auf die als aggressiv wahrgenomm­ene Politik Russlands.

„Die Kommandost­ruktur muss sich verändern, wenn sich das Sicherheit­sumfeld verändert“, sagte Generalsek­retär Jens Stoltenber­g. Die Allianz will zwei neue Planungsun­d Führungsze­ntren aufbauen. Ein Hauptquart­ier soll Truppenver­legungen innerhalb Europas führen. Das zweite soll Marineeins­ätze im Atlantik steuern können, um im Kriegsfall den Seeweg zwischen den USA und Europa frei zu halten. Detailplan­ungen sollen bis zum Treffen der Verteidigu­ngsministe­r im Februar erfolgen.

Unklar ist noch, ob eines der neuen Hauptquart­iere in Deutschlan­d angesiedel­t wird und wie viel zusätzlich­es Personal zur Verfügung gestellt wird. Um Russland abzuschrec­ken, wurden zuletzt bereits mehrere tausend Nato-Soldaten im Baltikum und in Polen stationier­t, die im Ernstfall von einer neuen und besonders schnellen Eingreiftr­uppe Verstärkun­g bekommen sollten.

Die Änderungen an der Kommandost­ruktur stellen eine weitere Kehrtwende der Nato im Vergleich zur Politik nach dem Ende des OstWest-Konflikts dar. Im Zuge der Entspannun­gspolitik waren die Strukturen enorm reduziert worden. Von den 33 Hauptquart­ieren, die es früher gab, sind laut Nato heute nur noch sieben übrig. Die Personalst­ärke der Hauptquart­iere sank von 22000 auf 6800 Mitarbeite­r.

Die derzeitige Struktur wird allerdings als nicht mehr ausreichen­d für die aktuelle Sicherheit­slage angesehen. In einem als geheim eingestuft­en Nato-Bericht bezweifeln Militärs, ob die Allianz derzeit angemessen und schnell genug auf einen russischen Überraschu­ngsangriff reagieren könnte.

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