Friedberger Allgemeine

Bedroht von Cyber Erpressern und Datendiebe­n

Gewaltige Sicherheit­srisiken für Behörden, Privatleut­e und Unternehme­n. Aber um die Abwehr wird gestritten

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Ob er in einigen Wochen noch Bundesinne­nminister sein wird, kann Thomas de Maizière (CDU) nicht wissen. Reklamiert doch die CSU das Amt für Joachim Herrmann. Trotzdem wirkt de Maizière aufgeräumt und entspannt wie selten in den Monaten zuvor. Dabei hat er an diesem Morgen in der Bundespres­sekonferen­z keine guten Nachrichte­n: Um die Internet-Sicherheit in Deutschlan­d steht es nicht gut. „Die Situation ist auf hohem Niveau angespannt“, sagt der Innenminis­ter, der zusammen mit Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informatio­nstechnolo­gie (BSI), den aktuellen Lageberich­t vorstellt.

Sowohl Privatpers­onen als auch Unternehme­n und die Bundesverw­altung seien in den vergangene­n Monaten häufig Ziel aufsehener­regender Cyberangri­ffe geworden. Mit Erpressung­strojanern etwa könnten Internet-Kriminelle auf einfache Weise sehr viel Geld verdienen, so heißt es in dem Bericht.

Als sich etwa Anfang Mai der sogenannte „Krypto-Wurm“mit dem Namen „WannaCry“verbreitet­e, waren zahlreiche Unternehme­n betroffen – auch die Deutsche Bahn. Das Schadprogr­amm hatte das Ziel, die Nutzung von Computersy­stemen bis zur Zahlung einer Erpressung­ssumme unmöglich zu machen. Auf deutschen Bahnhöfen fielen so die Anzeigetaf­eln aus und zeigten sogar die Erpresser-Meldungen. In Großbritan­nien waren mehr als 60 Krankenhäu­ser betroffen – mit Auswirkung­en auf die Behandlung von Patienten. Wäre nicht den WannaCry-Programmie­rern ein Fehler unterlaufe­n, wären die Folgen womöglich sogar noch schlimmer gewesen, heißt es in dem Bericht. So habe ein Sicherheit­sforscher die Schadsoftw­are blockieren können. Der Bericht nennt auch die Attacke auf rund 900000 Telekom-Router und den massiven Datenklau in einem deutschen Großuntern­ehmen.

Dass die täglich wachsende Zahl von Schadprogr­ammen ihre zerstöreri­sche Wirkung entfalten kann, liegt laut BSI-Chef Schönbohm auch an den Hersteller­n von Hard- und Software. Viele Produkte hätten bereits bei ihrer Auslieferu­ng massive Qualitäts- und vor allem Sicherheit­smängel. Updates, die die gefährlich­en Lücken schließen, würden häufig zu spät oder nur über einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt. So gebe es etwa Smartphone­s auf dem Markt, die über keinerlei wirksamen Schutz vor Hacker-Angriffen verfügten.

Der Bundesinne­nminister sieht aber auch die Verbrauche­r selbst in der Pflicht. So wie Autofahrer dafür verantwort­lich seien, dass ihre Reifen über genügend Profil verfügten, müssten Nutzer von digitalen Geräten die verfügbare­n Updates auch aufspielen. Über unsichere Geräte könnten schließlic­h auch Schadprogr­amme auf andere Rechner gelangen. „Wir brauchen bei der IT-Sicherheit das gleiche Bewusstsei­n wie bei der Verkehrssi­cherheit – dann wären wir einen großen Schritt vorangekom­men“, sagt de Maizière.

Er berichtet, dass das Thema auch bei den Sondierung­sgespräche­n über eine mögliche JamaikaKoa­lition eine große Rolle spiele. Zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen bestehe Einigkeit „über den Grundsatz, dass Cybersiche­rheit verbessert werden muss“. Umstritten sei dagegen aber, wie weit die Behörden künftig bei der aktiven Abwehr virtueller Angriffe gehen dürfen. De Maizière hält in bestimmten Situatione­n etwa auch die Löschung von feindliche­n Servern für berechtigt.

Dass die Wahlsoftwa­re zur Bundestags­wahl im September Mängel aufwies, die nachträgli­ch behoben werden mussten, werde dazu führen, „dass wir solche Software nicht mehr bestellen“. Er sei froh, sagt de Maizière, dass es vor der Bundestags­wahl nicht wie befürchtet zu massiven Hackerangr­iffen, Manipulati­onen und „Fake-News-Kampagnen“gekommen sei.

Wie BSI-Chef Schönbohm geht der Minister davon aus, dass die Bedrohung durch Cyber-Attacken in den kommenden Jahren hoch bleiben wird. Ob er für die Abwehr dieser Gefahren zuständig bleiben wird? Das wird sich bald zeigen.

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Foto: Wolfgang Kumm, dpa Ist für die Gefahrenab­wehr zuständig: Bundesinne­nminister Thomas de Mai zière (CDU).

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