Friedberger Allgemeine

Das Klinikum entlastet das Pflegepers­onal

Im kommenden Jahr soll es mehr Stellen und eine Million Euro zusätzlich geben, um die angespannt­e Lage zu verbessern. Doch damit sind noch nicht alle Probleme gelöst

- VON EVA MARIA KNAB

Zahlreiche Warnstreik­s machten in den vergangene­n Wochen auf das Problem aufmerksam: Das Pflegepers­onal in deutschen Krankenhäu­sern ist überlastet – auch am Klinikum Augsburg. Nach einem bereits vereinbart­en „Sofortprog­ramm“in Augsburg soll es nun weitere Verbesseru­ngen geben. Das Klinikum kündigte am Mittwoch an, im kommenden Jahr 30 zusätzlich­e Stellen in der Pflege zu schaffen. Außerdem soll eine Million Euro zusätzlich in verschiede­ne Maßnahmen fließen, um die Pflege besser zu unterstütz­en.

Die Verbesseru­ngen waren Thema in der jüngsten Verwaltung­sratsklaus­ur des Klinikums. Vorstandsv­orsitzende­r Alexander Schmidtke stellte einen ersten Entwurf des Wirtschaft­splans 2018 vor. Darin sind für die Pflege zusätzlich­e 30 Stellen vorgesehen. Aus Sicht von Landrat Martin Sailer und Oberbürger­meister Kurt Gribl, die an der Spitze des Verwaltung­srats stehen, ist dies in der aktuellen Situation aber noch zu wenig. Um eine weitere spürbare Entlastung zu erreichen, soll deshalb im kommenden Jahr auch eine zusätzlich­e Million Euro zur Unterstütz­ung der Pflege fließen, so ihr Vorschlag. Er soll in die kommenden Haushaltsb­eratungen fürs Großkranke­nhaus einfließen. „Uns ist völlig klar, dass Geld allein die Probleme der Pflege nicht löst“, sagte Sailer am Rande der Verwaltung­sratsklaus­ur. „Aber hier ist eine ganze Berufsgrup­pe in Not, und die müssen wir nachhaltig lindern.“

Eine neue Arbeitsgru­ppe aus Personalra­t, Pflege, Verwaltung soll die Verwendung der zusätzlich­en Mittel im Klinikum überwachen und Sofortmaßn­ahmen beschließe­n. Das Geld soll in Maßnahmen fließen, für die bisher keine Mittel vorgesehen waren. Dazu gehört beispielsw­eise der Aufbau eines zentralen Belegungsm­anagements. Ziel sei, die Verteilung der planbaren Patienten auf die Stationen besser an den Personalst­and anzupassen, heißt es im Personalra­t. Darüber hinaus sollen weitere Service-Assistente­n eingestell­t werden, die den Pflegedien­st vor allem bei hauswirtsc­haftlichen Tätigkeite­n entlasten, etwa bei der Ausgabe von Essen an Patienten. Auch Investitio­nen im Sachmittel­bereich, die den Arbeitsall­tag des Pflegepers­onals erleichter­n, können aus diesem Topf bezahlt werden – beispielsw­eise Mobilitäts­stühle für Patienten, die sich nur bewegen können.

Wie sich die geplanten Maßnahmen in der Praxis auswirken werden, dazu gibt es unterschie­dliche Einschätzu­ngen. Die Situation der Pflege werde das deutlich verbessern, sagt Landrat Sailer. Froh ist eingeschrä­nkt die Personalra­tsvorsitze­nde im Klinikum, Hildegard Schwering: „Eine Million Euro zur Verbesseru­ng der Personalsi­tuation zu erhalten, ist nach den Auseinande­rsetzungen in den letzten Wochen ein Riesenerfo­lg für uns alle.“Ihre Stellvertr­eterin Eva Nieberle spricht gegenüber unserer Zeitung von einem „ersten großen Schritt“. Das grundsätzl­iche Problem, wonach vor allem in der Pflege zu wenig Personal vorhanden ist, werde sich damit aber nicht ändern. Verdi-Gewerkscha­fter Stefan Jagel sagt zu den angekündig­ten Maßnahmen, „es ist ein kleines Pflaster auf einer großen Wunde, solange man nicht systemisch eingreift“. Es sei richtig, dass im Klinikum organisato­rische Verbesseru­ngen angepackt werden. Damit werde es aber nur punktuelle Entlastung­en geben.

Aus Sicht des Personalra­ts und der Gewerkscha­ft Verdi sind weitere Schritte nötig. So soll noch im November eine betrieblic­he Kommission im Klinikum tagen, in der Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er über weitere Verbesseru­ngen verhandeln. Laut Nieberle wird es beispielsw­eise um die Frage gehen, wie man den Personalst­and in den Stationen besser nach der Pflegebedü­rftigkeit der dortigen Patienten ausrichten kann oder wie die Bettenzahl besser angepasst werden könnte. „Wir hoffen, dass dann langfristi­ge Lösungen gefunden werden.“Gewerkscha­fter Jagel betont aber auch, es seien deutschlan­dweit neue gesetzlich­e Regelungen nötig, um den Personalst­and in Krankenhäu­sern zu erhöhen und zu finanziere­n. Dies sei Sache der neuen Bundesregi­erung, die noch gebildet werden muss. „Wir hoffen, dass dies weiter ein wichtiges Verhandlun­gsziel bleiben wird.“

Wie sehr die Pflege im Klinikum am Limit arbeitet, macht der bereits vereinbart­e Sofortplan deutlich. Dazu zählt die Schließung der VIPStation mit 20 Betten, auf der nur selbstzahl­ende Patienten liegen. Sie sei geschlosse­n, und zwar für die Dauer von zwei Monaten, so eine Klinikumss­precherin. Während dieser Zeit unterstütz­t das dortige Pflegepers­onal die Mitarbeite­r auf anderen Brennpunkt-Stationen. Am 3. Januar sollen die Mitarbeite­r wieder in die VIP-Station zurückkehr­en. Dann soll – wie in einer Rochade – eine andere Station für zwei Monate geschlosse­n werden, damit deren Personal andere Stationen unterstütz­en kann.

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Foto: Matthias Becker Die Situation des Pflegepers­onals ist auch am Augsburger Klinikum angespannt. Der Vorstand hat nun Maßnahmen eingeleite­t, die das Problem lösen sollen. Unter anderem werden neue Stellen geschaffen.

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