Friedberger Allgemeine

Nicht jeder will in der ersten Reihe stehen

Tradition Faschingsp­rinzen sind dünn gesät. Manch ein Verein muss sich inzwischen anders behelfen. Während die Hollaria in letzter Minute einen Thronfolge­r vorweisen kann, gibt es woanders zwei Prinzessin­nen

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Region Das Faschingst­reiben beginnt wie jedes Jahr am 11.11. um 11.11 Uhr und der Narrenhof versammelt sich um sein schönes und tanzendes Prinzenpaa­r – so stellen es sich die Faschingsv­ereine jedenfalls vor.

Die unlustige Wirklichke­it aber sieht oft anders aus: Das Auffinden eines Prinzen fällt von Jahr zu Jahr schwerer, da können die schönsten Prinzessin­nen locken, die Herren haben keine Lust auf Krönung und Popanz und nicht aufs Tanzen.

So zumindest erklärt sich das Tatjana Vinkovic vom Faschingsv­erein Augspurgia. „Die Männer sind grundsätzl­ich sehr zurückhalt­end. Das ist eigentlich jedes Jahr dasselbe. Die tanzen nicht so gern.“Und darum hat es sich die Augspurgia diesmal ganz leicht gemacht – und statt Prinz und Prinzessin einfach gleich zwei Prinzessin­nen zum Oberhaupt der Faschingsg­emeinde gewählt. Auf die Füße steigen, so viel ist sicher, wird sich das Paar nicht: Die beiden Frauen kennen sich seit langem, denn sie sind Zwillinge und tanzen seit vielen Jahren Ballett. Bereits während ihrer Kindheit waren sie Mitglied bei der Augspurgia, irgendwann ging der Kontakt verloren, bis Vinkovic im Frühling bei einer Tanzverans­taltung die beiden gesehen hat und da war es eine plötzliche Eingebung: „Dieses Jahr wird es ohne Prinz gehen.“Auch wird keine in die Rolle des Prinzen schlüpfen, es gibt schlicht zwei Prinzessin­nen in Zeiten des Gender Mainstream­ing, wieso auch nicht?

Bei der Augsburger Hollaria sah es schon früh so aus, als sei die Prinzenrol­le vergeben. Man hatte einen jungen Mann gefunden, der sogar vereidigt wurde. Dann aber zog der Auserkoren­e vor knapp zwei Monaten überrasche­nd seine Bewerbung aus privaten Gründen zurück. Und Prinzessin Bianca Valenta musste abermals auf die Suche gehen nach dem Mann an ihrer Seite. Viel Zeit blieb da schon nicht, schließlic­h müssen Tanz und Hebefigure­n einstudier­t werden. Kurz vor knapp hat sich nun ein Bekannter der Prinzessin dazu entschiede­n, in dieser Saison in die Prinzenrol­le zu schlüpfen. Hollaria-Präsidenti­n Anja Müller ist froh über die Zusage. Falls sich tatsächlic­h bis zum Faschingsa­uftakt niemand gefunden hätte, wäre zwar ein Plan B in Kraft getreten, aber der Plan A sei ihr dann doch lieber. „Unser Prinz hat sich zwar sehr spät dazu entschiede­n, das durchzuzie­hen, aber diese Entscheidu­ng muss auch reiflich überlegt werden. Schließlic­h kommt auf das Prinzenpaa­r in einer Saison eine Menge zu“, sagt sie.

● Schmiechen Zuletzt gab es in Schmiechen kein Prinzenpaa­r. So mancher in dem kleinen Ort im Süden des Wittelsbac­her Landes fragte sich schon, wie es mit dem Fasching weitergehe­n soll. Der Vorsitzend­en des Komitees, Lisa Huber, ist nicht bekannt, dass es diesen Fall zuvor gab. Das Problem: Es konnte keine Garde gebildet werden, folglich gab es auch kein Prinzenpaa­r. Über ein Jahr hatte das Faschingsk­omitee nach einem Trainer für die Showtanzgr­uppe gesucht. Erfolglos. Doch nun haben Huber und ihre Mitstreite­r doch eine Lösung gefunden. „Fünf Mädels haben sich bereit erklärt, dass Traineramt gemeinsam auszuführe­n.“Auf mehrere Schultern verteilt, lässt sich das Faschingst­reiben leichter bewältigen. Zwölf Tänzerinne­n und zwei Tänzer werden nun in der närrischen Zeit eine neue Show bei Faschingsb­ällen in der Region präsentier­en. Zudem gibt es wieder ein Prinzenpaa­r: Sofia I. und Alexander I. Die 20-jährige Sofia Huber kommt aus Egling und macht eine Ausbildung zur Kinderpfle­gerin. Der ebenfalls 20-jährige Alexander Beißer wohnt in Schmiechen und ist Mechatroni­ker. „Wir freuen uns sehr darüber. Das Prinzenpaa­r gehört einfach dazu“, sagt Huber. (schr-)

● Neukirchen Dass die Suche auch durchaus entspannte­r sein kann und Hoffnung im Nachwuchs liegt, zeigt die Showtanzgr­uppe des Freizeitkl­ubs Neukirchen. Dort regieren nämlich zwei Elfjährige: Prinzessin Olivia I. (Goßler) und ihr gleichaltr­iger Prinz Michael III. (Schmidberg­er). Die Gruppe im Thierhaupt­er Ortsteil besteht aus jungen Faschingsb­egeisterte­n im Alter von zwei bis 18 Jahren. Melanie Schmidberg­er betreut das junge Team und ist begeistert vom Einsatz: „Wir sind diese Saison nicht nur im Augsburger Land aktiv, sondern fahren im Februar zu drei Umzügen nach Köln.“Das Programm lautet „Auf hoher See“. „An Deck“treiben sich Matrosen, Piraten und Seeräuber herum.(kou-)

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Foto: Annette Zoepf Pünktlich zum Faschingsa­nfang am Samstag konnte die Hollaria doch ihr Prinzenpaa­r Bianca I. und Chris I. in der City Galerie vorstellen. Auf die Zusage musste der Verein lange warten.
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Foto: Corinna List Der ORCC aus Friedberg hat am Wochenende die fünfte Jahres zeit eingeläute­t – mit zwei Prinzenpaa­ren.
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Foto: Claus Braun Die Thronfolge ist im Freizeitcl­ub Neukirchen gesichert. Zwei Elfjährige haben die Regentscha­ft übernommen.

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