Nicht jeder will in der ersten Reihe stehen
Tradition Faschingsprinzen sind dünn gesät. Manch ein Verein muss sich inzwischen anders behelfen. Während die Hollaria in letzter Minute einen Thronfolger vorweisen kann, gibt es woanders zwei Prinzessinnen
Region Das Faschingstreiben beginnt wie jedes Jahr am 11.11. um 11.11 Uhr und der Narrenhof versammelt sich um sein schönes und tanzendes Prinzenpaar – so stellen es sich die Faschingsvereine jedenfalls vor.
Die unlustige Wirklichkeit aber sieht oft anders aus: Das Auffinden eines Prinzen fällt von Jahr zu Jahr schwerer, da können die schönsten Prinzessinnen locken, die Herren haben keine Lust auf Krönung und Popanz und nicht aufs Tanzen.
So zumindest erklärt sich das Tatjana Vinkovic vom Faschingsverein Augspurgia. „Die Männer sind grundsätzlich sehr zurückhaltend. Das ist eigentlich jedes Jahr dasselbe. Die tanzen nicht so gern.“Und darum hat es sich die Augspurgia diesmal ganz leicht gemacht – und statt Prinz und Prinzessin einfach gleich zwei Prinzessinnen zum Oberhaupt der Faschingsgemeinde gewählt. Auf die Füße steigen, so viel ist sicher, wird sich das Paar nicht: Die beiden Frauen kennen sich seit langem, denn sie sind Zwillinge und tanzen seit vielen Jahren Ballett. Bereits während ihrer Kindheit waren sie Mitglied bei der Augspurgia, irgendwann ging der Kontakt verloren, bis Vinkovic im Frühling bei einer Tanzveranstaltung die beiden gesehen hat und da war es eine plötzliche Eingebung: „Dieses Jahr wird es ohne Prinz gehen.“Auch wird keine in die Rolle des Prinzen schlüpfen, es gibt schlicht zwei Prinzessinnen in Zeiten des Gender Mainstreaming, wieso auch nicht?
Bei der Augsburger Hollaria sah es schon früh so aus, als sei die Prinzenrolle vergeben. Man hatte einen jungen Mann gefunden, der sogar vereidigt wurde. Dann aber zog der Auserkorene vor knapp zwei Monaten überraschend seine Bewerbung aus privaten Gründen zurück. Und Prinzessin Bianca Valenta musste abermals auf die Suche gehen nach dem Mann an ihrer Seite. Viel Zeit blieb da schon nicht, schließlich müssen Tanz und Hebefiguren einstudiert werden. Kurz vor knapp hat sich nun ein Bekannter der Prinzessin dazu entschieden, in dieser Saison in die Prinzenrolle zu schlüpfen. Hollaria-Präsidentin Anja Müller ist froh über die Zusage. Falls sich tatsächlich bis zum Faschingsauftakt niemand gefunden hätte, wäre zwar ein Plan B in Kraft getreten, aber der Plan A sei ihr dann doch lieber. „Unser Prinz hat sich zwar sehr spät dazu entschieden, das durchzuziehen, aber diese Entscheidung muss auch reiflich überlegt werden. Schließlich kommt auf das Prinzenpaar in einer Saison eine Menge zu“, sagt sie.
● Schmiechen Zuletzt gab es in Schmiechen kein Prinzenpaar. So mancher in dem kleinen Ort im Süden des Wittelsbacher Landes fragte sich schon, wie es mit dem Fasching weitergehen soll. Der Vorsitzenden des Komitees, Lisa Huber, ist nicht bekannt, dass es diesen Fall zuvor gab. Das Problem: Es konnte keine Garde gebildet werden, folglich gab es auch kein Prinzenpaar. Über ein Jahr hatte das Faschingskomitee nach einem Trainer für die Showtanzgruppe gesucht. Erfolglos. Doch nun haben Huber und ihre Mitstreiter doch eine Lösung gefunden. „Fünf Mädels haben sich bereit erklärt, dass Traineramt gemeinsam auszuführen.“Auf mehrere Schultern verteilt, lässt sich das Faschingstreiben leichter bewältigen. Zwölf Tänzerinnen und zwei Tänzer werden nun in der närrischen Zeit eine neue Show bei Faschingsbällen in der Region präsentieren. Zudem gibt es wieder ein Prinzenpaar: Sofia I. und Alexander I. Die 20-jährige Sofia Huber kommt aus Egling und macht eine Ausbildung zur Kinderpflegerin. Der ebenfalls 20-jährige Alexander Beißer wohnt in Schmiechen und ist Mechatroniker. „Wir freuen uns sehr darüber. Das Prinzenpaar gehört einfach dazu“, sagt Huber. (schr-)
● Neukirchen Dass die Suche auch durchaus entspannter sein kann und Hoffnung im Nachwuchs liegt, zeigt die Showtanzgruppe des Freizeitklubs Neukirchen. Dort regieren nämlich zwei Elfjährige: Prinzessin Olivia I. (Goßler) und ihr gleichaltriger Prinz Michael III. (Schmidberger). Die Gruppe im Thierhaupter Ortsteil besteht aus jungen Faschingsbegeisterten im Alter von zwei bis 18 Jahren. Melanie Schmidberger betreut das junge Team und ist begeistert vom Einsatz: „Wir sind diese Saison nicht nur im Augsburger Land aktiv, sondern fahren im Februar zu drei Umzügen nach Köln.“Das Programm lautet „Auf hoher See“. „An Deck“treiben sich Matrosen, Piraten und Seeräuber herum.(kou-)