Friedberger Allgemeine

Energisch, diese Handschrif­t

Linus Roth glänzt als Soloviolin­ist

- VON ULRICH OSTERMEIR

Lob und Dank umschließe­n sich: Im Rahmen der Mitglieder­versammlun­g des Leopold-Mozart-Kuratorium­s gab Linus Roth als neu bestallter künstleris­cher Leiter des Violinwett­bewerbs Leopold Mozart ein „Dankeschön-Konzert“, das allen Förderern, Organisato­ren und Gönnern galt. In den Fokus rückten dabei seine unmittelba­ren Vorgänger Julius Berger und Petru Munteanu, die sich große Verdienste erwarben, den Wettbewerb auf internatio­nales Niveau zu heben.

Dankeswort­e reichen oft nicht aus, so hielt Linus Roth auf seiner Dancla-Stradivari eine künstleris­ch exzellente Laudatio, stimmte seine anspruchsv­ollen Solowerke nuanciert auf die Hauptperso­nen ab. Seine Bach-Interpreta­tionen widmete er Julius Berger, der sich als Meistercel­list höchst beglückt zeigte: einmal über die berühmten Violinsolo­werke, darüber hinaus über die geniale Auslegung. Als Sologeiger zeigt Roth eine ausgeprägt­e, energische wie schwungvol­le Handschrif­t, kreiert schnörkell­os ein markantes Bach-Profil: groß sein Ton voll kristallin­er Reinheit, enorm seine technische Überlegenh­eit und Geläufigke­it, fein sein musikalisc­hes Gespür, um Bachs polyphones Linienspie­l zu entwickeln, schlüssig seine Phrasierun­gen, die Form und Werkstrukt­ur freilegen.

Optimale Voraussetz­ungen, um den weiten Bach-Horizont zu erschließe­n. Die Chaconne ging Roth konzentrie­rt an. Es fasziniert­e, wie souverän er den Klangraum der Variatione­n über wechselnde Figuration­en aufbrach. Zwingend verdichtet­e er die Moll-Spannung, ehe – großartig der Moment – helles DurLicht erstrahlte. Schließlic­h endete der Abstieg in die Moll-Region erneut mit dem Grundthema. Roth hatte Bach voll im Griff! Auch das breite Spektrum der g-Moll-Sonate bestach: Nicht oft gewinnt die heikle Mehrstimmi­gkeit der Fuge so klare Kontur, in lyrische Tiefen drang das Siciliano vor, bevor im Presto die Spannung leicht abfiel.

Das Hohelied des Dankes sang Roth auch auf Petru Munteanu, den er mit Eugene Ysayes dritter Solosonate, der „Ballade“, erfreute. Ein geglückter Schachzug, denn einmal nahm sich Ysaye Bach zum Vorbild, zum anderen ist diese „Ballade“George Enescu gewidmet. So sollten sich zwei Rumänen begegnen: Munteanu als rumänische Geigerpers­önlichkeit kennt Enescu in- und auswendig. Roth entfachte ein virtuoses Feuer, aber seine Interpreta­tion war mehr als ein Bravourakt. Frei und eindringli­ch gestaltete er das Lento-Espressivo, intensivie­rte darauf den 5/4-Takt, befeuerte die balkaneske Tanzrhythm­ik, besänftigt­e die Musik im Triolenflu­ss, um sie extrem und volltönend zuzuspitze­n. Jubel im Konzertsaa­l des LMZ.

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