Friedberger Allgemeine

Prostituti­on: Wie ein Soldat Frauen ausgenutzt hat

Er spielt ihnen Gefühle vor, spricht vom schnell verdienten Geld im Rotlichtmi­lieu und schlägt zu, wenn es nicht in seinem Sinne läuft: Das Landgerich­t hat einen Zuhälter jetzt zu einer langen Haftstrafe verurteilt

- VON JÖRG HEINZLE *Namen geändert

Die junge Frau wird Mitte November des Jahres 2015 völlig entkräftet von einem Paketfahre­r auf der Straße entdeckt. Er bringt die Frau, die nur schlecht deutsch spricht, zur Polizei in Gersthofen. Dort erzählt Mareike N.*, 26, sie sei aus ihrer Heimat in den Niederland­en entführt, geschlagen und hier zur Prostituti­on gezwungen worden. Sie weiß nicht mal den Namen der Stadt, in der sie sich befindet. Dann erleidet sie einen Zusammenbr­uch und muss ins Klinikum gebracht werden. Der Vorfall ruft die Kripo auf den Plan. Die Ermittler nehmen von da an den Zuhälter Samy B. ins Visier, der Frauen in einem Augsburger Bordell unterbring­t.

Nach einigen Monaten erhärtet sich der Verdacht gegen den Mann, der bei der Bundeswehr als Zeitsoldat arbeitet. Die Ermittler beginnen, Telefone abzuhören. Im Juni vorigen Jahres wird Samy B., 23, dann verhaftet. Es zeigt sich, dass er mehrmals dieselbe Masche genutzt um junge Frauen in die Prostituti­on zu bringen. Er spielte ihnen große Gefühle vor, sprach von einer gemeinsame­n Zukunft und erzählte ihnen, wie leicht es sei, im Rotlichtmi­lieu viel Geld zu verdienen.

Er schaffte es sogar, eine Studentin aus bürgerlich­en Verhältnis­sen in das Bordell im Stadtteil Hochzoll zu locken. Die 19-jährige Janka W.* warf ihr Studium der Wirtschaft­swissensch­aften hin. Wochenlang bediente sie Freier von vormittags an bis spät in die Nacht, bis sie dann doch wieder den Absprung schaffte. Die Männer standen teils vor ihrem Zimmer Schlange, weil junge, deutsch sprechenen­de Frauen nur noch selten zu finden sind.

Samy B. nahm „seinen“Frauen fast alle Einkünfte ab. Wenn sie aussteigen wollten, setzte er sie unter Druck. Teils soll er auch zugeschlag­en haben. Mareike N. berichtet als Zeugin im Prozess gegen Samy B. vor dem Augsburger Landgerich­t davon, dass er sie von Holland nach Augsburg gefahren habe und ihr erst hier sagte, dass sie nun als Prostitu- arbeiten solle. Als sie sich weigerte, sei es zum Streit gekommen. Samy B. habe sie geschlagen und getreten. Sie sei geflüchtet und viele Stunden umher geirrt, ehe der Paketfahre­r sich um sie kümmerte.

Am Montag ist der Prozess gegen den Zuhälter zu Ende gegangen. Er wurde von der 10. Strafkamme­r zu sieben Jahren und vier Monaten Haft verurteilt – unter anderem wegen Menschenha­ndels, Zuhälterei und Körperverl­etzung. Das Urteil basiert auf einer Absprache zwischen Staatsanwa­ltschaft, Verteidige­r und Gericht. Samy B. räumte die Vorwürfe aus der Anklage nach anfänglich­em Zögern und Schönreden, ein. Im Gegenzug sicherte ihm das Gericht eine Haftstrafe von maximal siebeneinh­alb Jahren zu. Das Gericht geht davon aus, dass Samy B. vier Frauen für sich als Prostituie­rte arbeiten ließ und er dabei eine fünfstelli­ge Eurosumme kassierte. Als er verhaftet wurde, fanden die Ermittler noch rund 35000 Euro Bargeld. Der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Natale sagte: „Es hatte für die Frauhat, en massive psychische Folgen. Der Angeklagte hat das in Kauf genommen, um sich zu bereichern.“

Das Urteil liegt nahe der Forderung der Staatsanwa­ltschaft. Sie hatte eine Strafe von siebeneinh­alb Jahren beantragt. Staatsanwa­lt Benjamin Junghans bezeichnet­e den Angeklagte­n als „hochkrimin­ell, rücksichts­los und eigensücht­ig“. Es sei ihm gelungen, die Opfer massiv zu manipulier­en. Ins Strafmaß einbezogen wurde ein Urteil, das bereits Anfang des Jahres in Hessen gegen den Angeklagte­n verhängt wurde. Er soll mit Komplizen versucht haben, Geldautoma­ten zu sprengen.

Verteidige­r Philipp Kleiner hatte beantragt, Samy B. auch in einer Entzugsans­talt unterzubri­ngen. B. habe in extremer Weise Bodybuildi­ng betrieben und sich dafür bis zur Verhaftung regelmäßig Anabolika gespritzt. Für das Dopingmitt­el und andere Drogen habe er monatlich rund 1500 Euro ausgegeben. Die Zuhälterei sei daher eine Art Beschaffun­gskriminal­ität gewesen, so der Anwalt. Das Gericht folgte dieierte sen Argumenten aber nicht. Eine der ausgebeute­ten Frauen trat vor Gericht als Nebenkläge­rin auf. Sie hatte Schulden und war in wirtschaft­licher Not, als der Angeklagte sie dazu überredete, im Bordell zu arbeiten. Ihre Anwältin Susanne Gutjahr handelte für sie während des Prozesses einen Vergleich aus. Die Frau erhält eine Entschädig­ung von 7500 Euro.

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Foto: Jörg Heinzle Samy B. – hier im Gespräch mit Anwalt Philipp Kleiner – wurde zu sieben Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.

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