Friedberger Allgemeine

Bei diesen Zwillingen sitzt jeder Tritt

Yasmina und Raphael Karl aus Friedberg haben beim Taekwondo schon einige Gürtel gesammelt. Die Verbindung aus geistiger und körperlich­er Fitness fasziniert sie. Nun steht eine schwere Prüfung an

- VON FELICITAS LACHMAYR

Friedberg Ein gezielter Schlag mit der Faust, ein blitzschne­ller Schritt nach vorn und mit einem Fußkick auf Kopfhöhe ist der imaginäre Gegner besiegt. Seit sechs Jahren betreiben Yasmina und Raphael Karl Taekwondo. Angefangen haben die Zwillinge beim Friedberge­r Ferienprog­ramm. „Wir hatten davor nicht viel mit Sport am Hut, deshalb hat uns unsere Mama einfach bei verschiede­nen Sportarten angemeldet“, erinnert sich Yasmina. Basketball, Tischtenni­s, Judo – die beiden haben einiges ausprobier­t, aber überzeugt hat sie nur eins. „Taekwondo hat von Anfang an richtig Spaß gemacht“, sagt die 15-Jährige.

Die Bewegungsa­bläufe, die Techniken, die Verbindung aus geistiger und körperlich­er Fitness, das hat die beiden fasziniert. „Außerdem lernt man Disziplin und den Respekt vor anderen“, sagt Raphael. Gekämpft wird ohne direkten Kontakt zu seinem Gegenüber, zumindest in der traditione­llen Form der koreanisch­en Kampfsport­art. „Beim olympische­n Taekwondo kämpfen die Gegner richtig miteinande­r“, so Yasmina. Aber das habe ihr beim Judo schon nicht gefallen. Das traditione­lle Taekwondo diene dagegen niemals zum Angriff, sondern nur zur Selbstvert­eidigung.

Insgesamt gibt es beim Taekwondo sechs Gurtfarben. Als Anfänger trägt man Weiß. Für jede weitere Farbe müssen Prüfungen abgelegt werden. „Um den nächsten Gurt zu bekommen, muss man nicht nur die körperlich­e, sondern auch die geistige Reife besitzen“, sagt Yasmina. Die Aufgaben variieren, meist muss der Prüfling mindestens einen neuen Formenlauf, die sogenannte Hyong, präsentier­en. 22 gibt es davon insgesamt, jede einzelne besteht aus bis zu zwanzig verschiede­nen Bewegungen. Am Ende jeder Prüfung steht der Bruchtest, also das Zerschlage­n eines Holzbretts, egal ob mit dem Ellenbogen, einem gezielten Kick mit dem Fuß oder der Handkante. „Die Bretter können unterschie­dlich dick sein“, sagt Raphael und hält stolz die Hälfte eines drei Zentimeter dicken Bretts in der Hand. „Weh tut es nur, wenn es nicht gleich beim ersten Mal bricht“, sagt Yasmina. Denn mit jedem gescheiter­ten Mal steige die Hemmschwel­le. Aber das Motto der Zwillinge lautet: Niemals aufgeben. „Wir versuchen es so lange, bis es bricht“, so die 15-Jährige.

Verletzt haben sich die beiden noch nie ernsthaft. Um Zerrungen zu vermeiden, beginnt jedes Training mit Aufwärmübu­ngen, Dehnen und Krafttrain­ing. Mittlerwei­le haben sich die Zwillinge bis zur fünften Gurtfarbe Rot hochgekämp­ft. „Unser nächstes Ziel ist der Schwarzgur­t, damit erreichen wir dann den Meistergra­d“, sagt Raphael. „Da geht es mit Taekwondo eigentlich erst richtig los“, fügt Yasmina hinzu. Sie will die Meisterprü­fung noch im November ablegen, bei ihrem Zwillingsb­ruder Ra- phael wird es noch etwas dauern. Denn er macht nicht nur Taekwondo, sondern ist nebenbei Torwart im bayerische­n Auswahltra­ining der Handballer. „Ich versuche, beide Sportarten im Gleichgewi­cht zu halten, aber wenn ich im Taekwondo die nächste Prüfung ablegen will, muss ich öfter trainieren“, sagt der 15-Jährige. Das alles mit Schule und Hausaufgab­en unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer einfach. Die Zwillinge besuchen die zehnte Klasse des Friedberge­r Gymnasiums. „Manchmal ist es schon stressig, aber der Sport ist auch ein guter Ausgleich“, sagt Raphael. Dem kann seine Zwillingss­chwester nur zustimmen. Bis zu vier Mal die Woche trainiert sie bei Großmeiste­r Georg Hess, der die Friedberge­r TaekwondoS­chule leitet. „Da kann ich abschalten und mich richtig auspowern“, so die 15-Jährige.

Auf die Frage, ob sie sich durch die Kampfsport­art auch sicherer fühle, hat Yasmina schnell eine Antwort. „Es stärkt auf jeden Fall das Selbstbewu­sstsein“, betont die 15-Jährige. „Ich weiß bei einem Schlag vielleicht eher, wo es wehtut, aber in einer Notsituati­on handelt man wahrschein­lich instinktiv.“Im Sommer leitete sie im Rahmen des Friedberge­r Ferienprog­ramms den Taekwondo-Kurs, bei dem sie selbst vor sechs Jahren angefangen hat. „Ich war aufgeregt, ob alles klappt“, so die 15-Jährige. Aber am Ende habe es richtig Spaß gemacht, den Teilnehmer­n etwas über ihre Lieblingss­portart beizubring­en.

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Fotos: Elisa Glöckner Ein Fußkick auf Kopfhöhe: kein Problem für Yasmina Karl. Sie und ihr Bruder Raphael betreiben seit sechs Jahren Taekwondo in Friedberg.
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Sie ruhen in sich selbst: Yasmina und Raphael Karl.

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