Viel Kritik an Daimler Entscheidung
Aus für Forschungszentrum: Setzt der Autobauer technologische Führung aufs Spiel?
Ulm Nach dem Aus für das DaimlerForschungszentrum in Ulm ist die Stimmung der Belegschaft auf dem Tiefpunkt. Entsetzten und Fassungslosigkeit – mit diesen Worten beschreibt Frank Niebling, der Betriebsratsvorsitzende des DaimlerForschungszentrums, den Tenor, der gestern nach der Betriebsversammlung unter den Mitarbeitern dominiert habe. Per E-Mail wurde wie berichtet die Belegschaft am Donnerstag informiert, dass die Unternehmensleitung beschlossen habe, sämtliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am Standort Ulm nach Sindelfingen, Untertürkeim und Immendingen (bei Tuttlingen) zu verlagern. Nun erwarteten die nach Zählart des Betriebsrats 450 Beschäftigten am Freitag Argumente für diese Entscheidung. Doch sie seien bitter enttäuscht worden. Statt handfester Erklärungen wären nur Worthülsen von Effizienz und Strategie zu hören gewesen.
Niebling und sein Stellvertreter Werner Ritter sind sich deswegen sicher, dass die Informationslage in der Daimler-Führung über die Rolle des Ulmer Forschungszentrums „nicht vollständig“ist. Denn anders sei die „völlig unverständliche“Entscheidung, eine mehrfach preisgekrönte „Perle“wie das DaimlerForschungszentrum in Ulm dichtzumachen, nicht zu erklären. Beispielsweise wurde in Ulm die für den Deutschen Zukunftspreis nominierte Technik Nanoslide entwickelt. Auch im autonomen Fahren gilt Ulm als führend, was Software zur Erkennung von Verkehrsschildern und Hindernissen angeht.
Andere Betriebsräte kritisierten, dass Daimler mit dem Umzug seine technologische Führungsrolle aufs Spiel setze. Denn viele aufwendige Versuchsanlagen ließen sich nicht ohne Weiteres verlegen. Gleiches gelte für die Forschergruppen dahinter, die in ihren Bereichen oftmals Führungsrollen innehätten.
Daimler will das Forschungszentrum zu einem reinen IT-Standort umrüsten. Hunderte neue Arbeitsplätze sollen bei der nicht tarifgebundenen Tochter TSS in Ulm entstehen.