Wie Augsburg den Dauerstau verhindern will
Innerhalb einer Woche standen Autofahrer zweimal teils stundenlang im Stau. Zuletzt war der Tramunfall der Auslöser, eine Woche zuvor waren die Ursachen vielfältiger. Die Stadt will aber ohne neue Straßen auskommen
Für Autofahrer und Fahrgäste des Nahverkehrs waren es harte Tage: Seit Montag vergangener Woche gab es an mehreren Tagen zum Teil massivste Behinderungen in der ganzen Stadt. Am vergangenen Montag war die Ursache mit dem Straßenbahnunfall an der Gögginger Brücke noch klar identifizierbar. Doch das Chaos eine Woche zuvor am 6. November, bei dem es im ganzen Stadtgebiet zu kilometerlangen Staus und zum Teil einstündigen Verspätungen bei Bussen und Straßenbahnen kam, war zunächst auch im Tiefbauamt nicht erklärbar.
Inzwischen sei man weiter, so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Hauptursache sei wohl die Teilsperrung der Ackermann-Brücke gewesen. Wie berichtet, gibt es bis 23. November nur eine Spur je Richtung auf der Behelfsbrücke. Dann soll der Brückenneubau mit vier Spuren in Betrieb gehen. Der 6. November war der erste Tag, an dem die Straße verengt werden musste. „Gerade in den Spitzenstunden führt die Spurwegnahme zu einer Überlastung, Verkehrsteilnehmer suchen nach alternativen Wegen“, sagt Merkle. Es dauere einige Tage, bis sich der Verkehr gleichmäßig auf Ausweichrouten verteilt habe. Zudem gab es – entgegen erster Erkenntnisse – auch Unfälle. In der Langenmantelstraße nahe des Plärrers stießen zwei Autos mit einer Tram zusammen. Auf der B17 gab es zwei Auffahrunfälle. Weil die Bundesstraße im Stadtgebiet keinen Standstreifen hat, gab es einen Stau und Autofahrer suchten Alternativrouten. Zudem, so Merkle, hätten Autofahrer selbst zum Chaos beigetragen. Sie seien teils trotz Stau in Kreuzungen eingefahren: „Das hat die Konsequenz, dass auch Quer- versperrt werden und sich Stauungen von Kreuzung zu Kreuzung fortsetzen“, so Merkle.
Dies macht auch den Stadtwerken Kopfzerbrechen. Selbst wo Busse und Trams auf eigenen Spuren verkehren, sind diese an Kreuzungen durch dort stehenden Querverkehr verstopft, wobei in einigen Fällen auch Tramfahrer Kreuzungen blockiert haben sollen. Speziell die Ackermann-Baustelle strahle nach wie vor in die Langenmantelstraße und zum Hauptbahnhof aus, so Stadtwerke-Chef Walter Casazza.
Einen Anlass, mehr Straßen zu bauen, sieht die Stadt nicht. In der aktuellen Generalplanung aus dem Jahr 1998 sind weitere Umgehungsstraßen für die Innenstadt angedacht. Dazu zählen die Entlastungsstraße parallel zur Bahntrasse an der Rosenaustraße und die Nordtangente/MAN-Spange, die eine Umfahrung der Innenstadt im Westen bieten würde. Die Strecke würde von der Gögginger Brücke erst parallel zur Rosenaustraße auf dem Bahndamm laufen und schließlich zur MAN führen. Auch im aktuellen Entwurf des Stadtentwicklungskonzepts sind diese möglichen Trassen enthalten. Ob sie in der Endfassung bleiben und im neuen Generalverkehrsplan auftauchen, ist unklar.
Bei der Stadt scheint die Neigung, neue Straßen zu bauen, nicht sehr ausgeprägt. „Öffentliche Flächen sind besonders im Innenstadtbereich begrenzt. Hier gibt es konkurrierende Anforderungen. Diejenigen des Autoverkehrs stehen dabei gegen das Ziel, attraktive Aufenthaltsund Grünflächen bieten zu können“, so Merkle. Er verweist darauf, dass in den vergangenen Jahrzehnten die B17 kreuzungsfrei gestaltet und die Schleifenstraße gebaut wurde. So habe man den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt bekommen und das Mehr an Verkehr durch die gewachsene Bevölkerung untergebracht.
Wachse die Stadt weiter, müsse man besonders auf die Verkehrsmittel setzen, die weniger Platz als das Auto benötigen. Das seien der öffentliche Nahverkehr und das Fahrrad. Den Autoverkehr absichtlich unattraktiv zu machen, um Nutzer in Richtung Rad oder Bus und Tram zu drängen, sei keine Lösung: Der so produzierte Stau würde auch unvermeidbare Fahrten, darunter Lieferund Wirtschaftsverkehr, treffen. Rund um die Innenstadt habe man aber keinen Platz, um mehr Raum für Autos zu schaffen. Hier denke man über bessere Ampelschaltungen nach. An der Friedberstraßen ger Straße und der AckermannStraße sowie im Bereich der Schaezler-/Schießgrabenstraße wurden bereits „intelligente Ampeln“installiert. Über Messschleifen erfasst ein Rechner die Menge an Autos auf der Straße und deren kreuzenden Straßen und wählt aus den Schaltprogrammen das geeignetste aus. Eine Garantie für die „Grünen Wellen“ist das nicht – andere kreuzende Hauptstraßen, Abbiegespuren mit eigenen Ampelphasen und die Vorrangschaltung für Tram und Busse funken dazwischen. Da sich in gewachsenen Straßensystemen Kreuzungen kaum in regelmäßigen Abständen zueinander befinden, ist die Grüne Welle auf einer Hauptstraße in beide Richtungen gleichzeitig schwierig. Immerhin kann man versuchen, Ampeln so schalten, dass sie je nach Tageszeit in die Hauptverkehrsrichtung Grün geben.
Auf der Haunstetter-/Landsberger-/Königsbrunner Straße dürfte 2018 eine intelligente Ampelschaltung kommen. Für alle Hauptverkehrsstraßen würde das etwa sieben Millionen Euro kosten. Im Idealfall würden die Systeme miteinander kommunizieren – registrieren die Sensoren, dass sich im Osten eine Verkehrswelle aufbaut, können Ampeln auf anderen Straßen sich darauf einstellen. Möglicherweise wird ein intelligentes Ampelsystem auch Bestandteil eines Pakets zur Senkung der Stickoxid-Belastung. Auch das neue Parkleitsystem könne zur Verflüssigung des Verkehrs beitragen. Abgesehen davon denkt die Stadt auch darüber nach, Parkand-ride-Plätze am Stadtrand zu erweitern.