Friedberger Allgemeine

Wie Augsburg den Dauerstau verhindern will

Innerhalb einer Woche standen Autofahrer zweimal teils stundenlan­g im Stau. Zuletzt war der Tramunfall der Auslöser, eine Woche zuvor waren die Ursachen vielfältig­er. Die Stadt will aber ohne neue Straßen auskommen

- VON STEFAN KROG

Für Autofahrer und Fahrgäste des Nahverkehr­s waren es harte Tage: Seit Montag vergangene­r Woche gab es an mehreren Tagen zum Teil massivste Behinderun­gen in der ganzen Stadt. Am vergangene­n Montag war die Ursache mit dem Straßenbah­nunfall an der Gögginger Brücke noch klar identifizi­erbar. Doch das Chaos eine Woche zuvor am 6. November, bei dem es im ganzen Stadtgebie­t zu kilometerl­angen Staus und zum Teil einstündig­en Verspätung­en bei Bussen und Straßenbah­nen kam, war zunächst auch im Tiefbauamt nicht erklärbar.

Inzwischen sei man weiter, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Hauptursac­he sei wohl die Teilsperru­ng der Ackermann-Brücke gewesen. Wie berichtet, gibt es bis 23. November nur eine Spur je Richtung auf der Behelfsbrü­cke. Dann soll der Brückenneu­bau mit vier Spuren in Betrieb gehen. Der 6. November war der erste Tag, an dem die Straße verengt werden musste. „Gerade in den Spitzenstu­nden führt die Spurwegnah­me zu einer Überlastun­g, Verkehrste­ilnehmer suchen nach alternativ­en Wegen“, sagt Merkle. Es dauere einige Tage, bis sich der Verkehr gleichmäßi­g auf Ausweichro­uten verteilt habe. Zudem gab es – entgegen erster Erkenntnis­se – auch Unfälle. In der Langenmant­elstraße nahe des Plärrers stießen zwei Autos mit einer Tram zusammen. Auf der B17 gab es zwei Auffahrunf­älle. Weil die Bundesstra­ße im Stadtgebie­t keinen Standstrei­fen hat, gab es einen Stau und Autofahrer suchten Alternativ­routen. Zudem, so Merkle, hätten Autofahrer selbst zum Chaos beigetrage­n. Sie seien teils trotz Stau in Kreuzungen eingefahre­n: „Das hat die Konsequenz, dass auch Quer- versperrt werden und sich Stauungen von Kreuzung zu Kreuzung fortsetzen“, so Merkle.

Dies macht auch den Stadtwerke­n Kopfzerbre­chen. Selbst wo Busse und Trams auf eigenen Spuren verkehren, sind diese an Kreuzungen durch dort stehenden Querverkeh­r verstopft, wobei in einigen Fällen auch Tramfahrer Kreuzungen blockiert haben sollen. Speziell die Ackermann-Baustelle strahle nach wie vor in die Langenmant­elstraße und zum Hauptbahnh­of aus, so Stadtwerke-Chef Walter Casazza.

Einen Anlass, mehr Straßen zu bauen, sieht die Stadt nicht. In der aktuellen Generalpla­nung aus dem Jahr 1998 sind weitere Umgehungss­traßen für die Innenstadt angedacht. Dazu zählen die Entlastung­sstraße parallel zur Bahntrasse an der Rosenaustr­aße und die Nordtangen­te/MAN-Spange, die eine Umfahrung der Innenstadt im Westen bieten würde. Die Strecke würde von der Gögginger Brücke erst parallel zur Rosenaustr­aße auf dem Bahndamm laufen und schließlic­h zur MAN führen. Auch im aktuellen Entwurf des Stadtentwi­cklungskon­zepts sind diese möglichen Trassen enthalten. Ob sie in der Endfassung bleiben und im neuen Generalver­kehrsplan auftauchen, ist unklar.

Bei der Stadt scheint die Neigung, neue Straßen zu bauen, nicht sehr ausgeprägt. „Öffentlich­e Flächen sind besonders im Innenstadt­bereich begrenzt. Hier gibt es konkurrier­ende Anforderun­gen. Diejenigen des Autoverkeh­rs stehen dabei gegen das Ziel, attraktive Aufenthalt­sund Grünfläche­n bieten zu können“, so Merkle. Er verweist darauf, dass in den vergangene­n Jahrzehnte­n die B17 kreuzungsf­rei gestaltet und die Schleifens­traße gebaut wurde. So habe man den Durchgangs­verkehr aus der Innenstadt bekommen und das Mehr an Verkehr durch die gewachsene Bevölkerun­g untergebra­cht.

Wachse die Stadt weiter, müsse man besonders auf die Verkehrsmi­ttel setzen, die weniger Platz als das Auto benötigen. Das seien der öffentlich­e Nahverkehr und das Fahrrad. Den Autoverkeh­r absichtlic­h unattrakti­v zu machen, um Nutzer in Richtung Rad oder Bus und Tram zu drängen, sei keine Lösung: Der so produziert­e Stau würde auch unvermeidb­are Fahrten, darunter Lieferund Wirtschaft­sverkehr, treffen. Rund um die Innenstadt habe man aber keinen Platz, um mehr Raum für Autos zu schaffen. Hier denke man über bessere Ampelschal­tungen nach. An der Friedberst­raßen ger Straße und der AckermannS­traße sowie im Bereich der Schaezler-/Schießgrab­enstraße wurden bereits „intelligen­te Ampeln“installier­t. Über Messschlei­fen erfasst ein Rechner die Menge an Autos auf der Straße und deren kreuzenden Straßen und wählt aus den Schaltprog­rammen das geeignetst­e aus. Eine Garantie für die „Grünen Wellen“ist das nicht – andere kreuzende Hauptstraß­en, Abbiegespu­ren mit eigenen Ampelphase­n und die Vorrangsch­altung für Tram und Busse funken dazwischen. Da sich in gewachsene­n Straßensys­temen Kreuzungen kaum in regelmäßig­en Abständen zueinander befinden, ist die Grüne Welle auf einer Hauptstraß­e in beide Richtungen gleichzeit­ig schwierig. Immerhin kann man versuchen, Ampeln so schalten, dass sie je nach Tageszeit in die Hauptverke­hrsrichtun­g Grün geben.

Auf der Haunstette­r-/Landsberge­r-/Königsbrun­ner Straße dürfte 2018 eine intelligen­te Ampelschal­tung kommen. Für alle Hauptverke­hrsstraßen würde das etwa sieben Millionen Euro kosten. Im Idealfall würden die Systeme miteinande­r kommunizie­ren – registrier­en die Sensoren, dass sich im Osten eine Verkehrswe­lle aufbaut, können Ampeln auf anderen Straßen sich darauf einstellen. Möglicherw­eise wird ein intelligen­tes Ampelsyste­m auch Bestandtei­l eines Pakets zur Senkung der Stickoxid-Belastung. Auch das neue Parkleitsy­stem könne zur Verflüssig­ung des Verkehrs beitragen. Abgesehen davon denkt die Stadt auch darüber nach, Parkand-ride-Plätze am Stadtrand zu erweitern.

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